Trump macht Medien für Terror gegen das liberale Amerika verantwortlich
Briefbomben-Serie gegen Kritiker des Präsidenten hält an – weitere Sendungen abgefangen.
Das "gute Benehmen" währte keine 24 Stunden. Während Eilnachrichten rot unterlegt den nächsten Fund einer Briefbombe meldeten – diesmal in der Post des Schauspielers Robert DeNiro –, versprühte der US-Präsident auf Twitter schon wieder Gift. "Einen großen Anteil an dem Ärger, den wir heute in der Gesellschaft sehen, wird verursacht durch die falsche, nicht akkurate Berichterstattung der Mainstream-Medien", stänkerte Donald Trump.
Der Präsident hatte vor seinen 4000 Anhängern, die zu einer Wahlkampfveranstaltung in Mosinee im US-Bundesstaat Wisconsin gekommen waren, schon einen Vorgeschmack auf seine Strategie gegeben. Erst kokettierte Trump damit, "immer sehr nett" zu sein, und rief angesichts einer beispiellosen Serie an versuchten Briefbomben-Anschlägen gegen die Führer des liberalen Amerika zur Geschlossenheit auf.
Doch seine Forderung, "die Gräben zu überwinden und die Menschen zusammenzubringen", konterkarierte er schon, bevor die Kundgebung vorüber war. Statt über die Empfänger der potenziell tödlichen Post zu sprechen – Barack Obama, Hillary Clinton, Joe Biden, John Brennan, Maxime Waters, Eric Holder und George Soros –, klagte er über "den Mob", der gegen die Ernennung von Richter Brett Kavanaugh an das Oberste Gericht protestiert hatte.
"Mangel an Verständnis"
CNN-Chef Jeff Zucker, dessen Sender wegen einer Rohrbombe den Time-Warner-Center in New York evakuieren musste, hielt Trump "einen totalen und völligen Mangel an Verständnis über die Schwere der fortgesetzten Angriffe auf die Medien" vor.
Bisher ist noch nicht klar, wer hinter der Serie an Briefbomben steckt. Sicherheitsexperten gehen davon aus, dass der oder die Täter die Sendungen koordiniert haben. Das FBI untersucht die allesamt nicht explodierten Sprengsätze in einem Labor in Virginia. Analysten weisen darauf hin, dass alle Empfänger liberale Kritiker des Präsidenten waren.
Trump hatte Tochter Ivanka, Ehefrau Melania, Vizepräsident Mike Pence sowie den Kongress-Führern den Vortritt gelassen, bevor er sich im East Room des Weißen Hauses selber kurz zu Wort meldete. Er sei "extrem wütend, aufgeregt, unglücklich über das, was wir sehen". Die Sicherheit der Amerikaner sei das oberste Ziel.
"Die Worte des Präsidenten klingen hohl", kritisierten die Führer der Demokraten im Kongress, Nancy Pelosi und Chuck Schumer, die Stellungnahme Trumps. Dieser habe alles getan, "Amerikaner in Worten und Taten zu spalten".
Der Historiker Jon Meacham vergleicht das politische Klima in der Trump-Ära mit der Periode, die zum amerikanischen Bürgerkrieg führte, und die späten 1960er Jahre. "Was heute passiert ist, erinnert uns daran, was auf dem Spiel steht." Um einen Ausbruch politisch motivierter Gewalt zu verhindern, bedürfe es einer Führung, "die die Dinge beruhigt statt sie weiter anzuheizen".
Doch danach sieht zwei Wochen vor den wichtigen Zwischenwahlen zum Kongress wenig aus. Der Einpeitscher der Trumpers im Talk-Radio, Rush Limbaugh, verbreitet schon die Verschwörungstheorie, die Demokraten selbst könnten hinter der Serie an versuchten Briefbombenanschlägen stecken.
Trump macht sich selbst verdächtig. Wird er die Welt verändern?