Thomas siegte auch in Alpe d'Huez und zettelt einen Machtkampf bei Sky an
ALPE D’HUEZ. Nicht Kapitän Chris Froome, sondern sein Edelhelfer trägt derzeit Gelb bei der Tour
In Alpe d’Huez werden bei der Tour de France immer ganz besondere Geschichten geschrieben. So auch gestern, als der Waliser Geraint Thomas den Etappensieg bei der mythischen Bergankunft davontrug. Der 32-jährige Mann in Gelb war schon am Vortag in La Rosière nicht zu schlagen.
Nun ist im bisher so dominanten Team Sky wohl Feuer am Dach, und das nicht nur aufgrund der vielen Buhrufe im Ziel für die überlegene Equipe. Dass Kapitän Chris Froome tatenlos zusieht, wie sein jahrelanger Edelhelfer zusehends das Kommando übernimmt, scheint ausgeschlossen.
Erneut ließ Thomas seinen Mannschaftskollegen auf den letzten Metern des Teilstücks einfach stehen. In einem packenden Finale auf den legendären 21 Kehren vor hunderttausenden Fans setzte sich Thomas im Sprint einer fünfköpfigen Spitzengruppe mit zwei Sekunden Vorsprung auf den Niederländer Tom Dumoulin (Sunweb) durch. Dritter wurde Romain Bardet (Frankreich/AG2R) mit drei Sekunden Rückstand vor Froome, der vier Sekunden hinter Thomas lag.
"Ehrlich gesagt, ich bin sprachlos. Ich hoffe, ich kann das Trikot noch ein paar Tage behalten", sagte Thomas gestern bescheiden im Ziel. Der frühere Bahn-Weltmeister hat nach den drei schweren Alpen-Etappen aber schon 1:39 Minuten Vorsprung in der Gesamtwertung auf Froome. Und der sagt zur künftigen Rollenverteilung: "Wir kämpfen das auf der Straße aus." Dumoulin (Sunweb) liegt 1:50 Minuten zurück. Vincenzo Nibali (Bahrain), der vier Kilometer vor dem Ziel gestürzt war, folgt 2:37 Minuten hinter Thomas auf Rang vier. Nairo Quintana ließ gestern sechs Kilometer vor dem Ende abreißen und büßte wohl alle Chancen auf den Toursieg ein.
Unbelohnter Held des Tages
Die gestrige Solofahrt von Steven Kruijswijk, der am "Berg der Holländer" auf den Spuren seiner früher dort erfolgreichen Landsleute wandeln wollte, blieb unbelohnt. Er wurde noch eingeholt. Ehe dann Thomas auf den letzten Metern unwiderstehlich davonzog.
Das 13. Teilstück heute wird trotz zweier Hügel wohl eine Angelegenheit für Sprinter. (fei)
Wie sich die Geschichte beim Team Sky wiederholt
Es war die Tour de France im Jahr 2012, als Bradley Wiggins als erster Brite der Geschichte die weltgrößte Radrundfahrt der Welt für sich entscheiden konnte. Und das nur, weil er einen loyalen Edelhelfer an seiner Seite hatte. Sein Name: Chris Froome. Der damals wenig bekannte Helfer stellte sich ganz in den Dienst seines Kapitäns. Obwohl er in den Bergen sogar einen stärkeren Eindruck als der frühere Bahn-Olympiasieger machte. Ein Jahr später durfte Froome dann selbst in die Hauptrolle schlüpfen und erstmals die Tour gewinnen.
Andere Topfahrer konnten sich bei Sky mit der Rolle des hochbezahlten Wasserträgers dagegen weniger abfinden. Mikel Landa etwa, der im Vorjahr im Gebirge für Froome Tempo machte, wechselte nach der Saison zu Movistar, um mehr Freiheiten zu bekommen. Auch Richie Porte lief zu BMC über, um Kapitän zu werden. Bislang aber mit wenig Erfolg.