Soja: Wie eine kleine Bohne auf der ganzen Welt bekannt wurde
LINZ. JKU-Forschungsprojekt ergründet die Geschichte des Sojaanbaus in Österreich
Die Sojabohne polarisiert: Wunderpflanze oder Teufelskraut? Eine Alternative zu Fleisch und durch die Stickstoffanreicherung im Boden auch ökologisch wertvoll, sagen die einen. Dass ihr Anbau wichtige Lebensräume zerstöre – vor allem im Regenwald –, sagen die anderen. Als Tierfutter sei sie ohnehin problematisch, weil sie den globalen Fleischkonsum und damit den CO2-Ausstoß weiter ankurble.
Die weltweite Sojaproduktion hat sich von 27 Millionen Tonnen im Jahr 1960 auf 349 Millionen Tonnen im Jahr 2022 mehr als verzwölffacht. Soja ist global hinter Weizen und Mais zum drittwichtigsten Pflanzenprodukt geworden.
Auch Österreich mischt bei der Produktion mittlerweile mit: Vor 50 Jahren in der Agrarstatistik noch kaum wahrnehmbar, ist Soja inzwischen flächenmäßig zur viertstärksten Ackerfrucht aufgestiegen. Derzeit wird vor allem im Burgenland sowie in Ober- und Niederösterreich angebaut. Durch die steigenden Temperaturen angesichts des Klimawandels wird die potenzielle Anbaufläche laut Ernst Langthaler, Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Johannes Kepler Universität, mit jedem Jahr größer. "Je wärmer die Böden sind, desto eher sind sie für Soja geeignet."
Langthaler beschäftigt sich seit Jahren mit der kleinen Bohne, die die Welt erobert hat. Die Geschichte und den Siegeszug von Soja in Österreich sowie auf der ganzen Welt ergründet auch ein dreijähriges Forschungsprojekt unter der Leitung Langthalers. Im Oktober ist dazu auch eine international besetzte Konferenz an der JKU geplant.
Untrennbar mit den Anfängen des Sojaanbaus in Österreich ist laut Langthaler vor allem der Name Friedrich Haberlandt: 1873 erfuhr der damalige Professor für Pflanzenbau an einem Stand der Wiener Weltausstellung alles über die Vorteile von Soja. Die ersten – leider erfolglosen – Anbauversuche auf heimischem Boden waren die Folge.
Von Asien in die Welt
In Südostasien ist die Sojabohne seit Jahrtausenden Bestandteil der regionalen Küche. Von dort begann auch ihre Reise rund um den gesamten Erdball. Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte nämlich die ganze Welt die Vorzüge, durch Eisenbahn und Dampfschiffe war sie plötzlich Exportprodukt.
Für europäische Geschmacksnerven sei die Frucht anfangs "eher gewöhnungsbedürftig" gewesen, sagt Langthaler. Ihr Proteinreichtum schien in den Jahren der Krisen- und Hungerzeiten zwischen 1914 und 1945 aber als Lösung, um die Bevölkerung zu ernähren. Bereits damals wurden Sojamilch, Sojamehl und Sojabrot als billige Ernährungsalternativen propagiert – "mit eher mangelndem Erfolg", sagt Langthaler.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erreichte die Sojapflanze schließlich den amerikanischen Kontinent, allen voran die USA, die zum Hauptexporteur wurden. In den vergangenen dreißig Jahren aber sei Südamerika als Exporteur immer mehr in den Vordergrund getreten – auf Kosten der unberührten Landschaft, wie Langthaler sagt. Neben den Regenwäldern würden nämlich auch die Steppen immer weiter vom wachsenden Sojaanbau zurückgedrängt. Die Verwendung der Sojabohne habe sich aufgrund des gestiegenen Fleischkonsums grundlegend verändert: "Aus einem Fett- und Eiweißlieferanten für den Menschen ist Tierfutter geworden." Soja eigne sich nämlich so gut wie keine andere Pflanze für die schnelle Mast von Nutztieren – bei einem vergleichsweise günstigen Preis auf dem Weltmarkt.
Als Nahrungsmittel für Menschen hätte die Sojabohne einen laut Langthaler "eigentlich guten" ökologischen Fußabdruck: "Die erzeugten Kalorien pro Quadratmeter sind bei Soja höher als bei den meisten anderen Getreideprodukten."
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