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Künstler, Industrieller, Kosmopolit

Von Peter Grubmüller, 18. Jänner 2020, 00:04 Uhr
Künstler, Industrieller, Kosmopolit
Der Künstler und Industrielle Egon Hofmann (1884-1972) auf einem Porträtfoto von 1948. Die Verbundenheit mit seiner Heimatstadt drückte er über die Signatur Hofmann-Linz aus. Bild: Stadtmuseum Nordico

Kaum eine Persönlichkeit hat das künstlerische Linzer Leben im 20. Jahrhundert mehr geprägt als Egon Hofmann. Ab 24. Jänner würdigt das Stadtmuseum Nordico die Verdienste dieses großen Künstlers und erfolgreichen Unternehmers mit einer ausführlichen Schau.

Es war der 30. November 1972. Der mehr als rüstige 88-jährige Egon Hofmann hatte sich in Linz abends alleine auf den Weg in ein Konzert gemacht, als er von einer Straßenbahn erfasst wurde. Noch in der gleichen Nacht erlag der Maler, Dichter, Unternehmer und Kunstmäzen im Unfallkrankenhaus am Blumauerplatz seinen Verletzungen, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.

"Es war immer Egon Hofmanns Wunsch gewesen, einen schnellen Tod, der den ganzen, sich seiner selbst voll bewussten Mann trifft, zu finden. Im Dunkel der Nacht ist dies nun erfüllt worden, fast wie bei einer ritterlichen Begegnung mit einem unüberwindlichen, undurchschaubaren Gegenüber." So schrieben die OÖNachrichten am 2. Dezember 1972 in ihrem Nachruf über diese maßgebliche Linzer Künstlerpersönlichkeit des 20. Jahrhunderts.

Hofmann wurde am 13. September 1884 als ältestes von drei Kindern des Ehepaares Agathe und Richard Hofmann im Linzer Stadtteil Kleinmünchen geboren. In seiner Kindheit mangelte es ihm an nichts, mit der Gründung des bis heute existierenden Kirchdorfer Zementwerks hatte sein Großvater Adolf eine weitgehend krisensichere ökonomische Basis gelegt.

Als einziges der drei Kinder erbte Egon das künstlerische Talent der in der Malerei ausgebildeten Mutter. Sie strengte sich an, das bis dahin karge kulturelle Leben in Linz anzufachen, sie gründete eine Malschule und stellte ihre Werke im seit 1851 bestehenden Oberösterreichischen Kunstverein aus.

Erlaubnis zum Kunststudium

Egon Hofmann hatte sich bis zur Matura am Akademischen Gymnasium in der Linzer Spittelwiese keinesfalls als Streber, aber als talentierter Sportler (Fechten, Reiten, Eislaufen) hervorgetan. Mit dem Jus-Studium an den Universitäten in Wien, München und Innsbruck entsprach er dem Wunsch des Vaters, irgendwann die Firmenleitung zu übernehmen. Tatsächlich arbeitete er einige Monate im Familienbetrieb, ehe er 1908 ausgehandelt hatte, dass ihm das Malerei-Studium an der Kunstakademie in Stuttgart gestattet wurde. Es folgten Studien in Dresden und an der Pariser Académie de la Grande Chaumière.

Es entsprach "nicht seinem Wesen, Leinwände mit stürmisch hingeschleuderten Farbsinfonien zu bedecken", wie es der ehemalige Direktor der Linzer Neuen Galerie Walter Kasten (1902-1984) charakterisierte. Als Künstler erfand sich Hofmann als vom Klettern begeisterter Hochgebirgsmaler, der sich mit seiner Staffelei an ausgesetzten Orten platzierte und dort im Geiste der farb- und kompositionsstrengen Schweizer Vorbilder Max Buri, Edouard Vallet und vor allem Ferdinand Hodler werkte. Mit harmonisch dichten Farbakkorden konzipierte Hofmann seine vertikalen Naturschilderungen stets sachlich, niemals kitschig.

Freiwillig in den Krieg

Wegen seiner Kurzsichtigkeit hätte Hofmann im Ersten Weltkrieg nicht zum Militärdienst einrücken müssen. Dennoch meldete er sich freiwillig und erlebte die Isonzofront genauso mit wie den zweiten serbischen Feldzug und die Gefechte in Albanien, wohin er zum Malen oft zurückkehrte. 1918 wieder in Linz, hielt er sich trotz der Mitbegründung der Künstlervereinigung "Der Ring" nicht lange auf, sondern beendete sein Studium in Dresden, als dort auch Oskar Kokoschka als Lehrer wirkte. 1921 heiratete er in Bayern die Dresdnerin Maria Hensel (1890-1980). 1922 hob er die Linzer Künstlervereinigung "MAERZ" aus der Taufe. Zusammen mit den beiden Kindern Inge (1924-2012) und Norbert (1928-2002) bewohnte die Familie das Palais in der Linzer Herrenstraße 18.

Und wie wäre alles gekommen, hätte Hofmann 1934 nach dem überraschenden Tod seines Bruders Adolf nicht die Leitung des Zementwerks übernehmen müssen? Sein Wesen als hartnäckiger Förderer der Kunst hätte sich in dieser Intensität wohl kaum offenbart.

In Balance mit seiner pflichtbewussten Unternehmensführung unternahm er weiterhin Reisen und bestieg Berge. Der von den Nationalsozialisten verbotenen "MAERZ" hauchte er 1952 neues Leben ein. Zusammen mit dem Brauerei-Unternehmer Gustav Kapsreiter organisierte er den "Kulturring der Wirtschaft OÖ" und verführte mehr als 70 Unternehmer, sich für Kunst zu engagieren. Aus diesem Verein geht das 1957 eröffnete, nach Hofmann benannte und noch heute pulsierende Atelierhaus auf dem Linzer Römerberg hervor (mehr im Kasten unten).

Hofmann lockte relevante Kunstkritiker nach Linz, weil er Aufmerksamkeit für die nun wachsende Szene herstellen wollte. Das Preisgeld von 30.000 Schilling des ihm 1963 zuerkannten Adalbert-Stifter-Preises für bildende Kunst verteilte er auf Kultureinrichtungen. In Interviews und Vorträgen forderte er beharrlich die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst.

Um die Verbreitung von Hofmanns eigenen Aquarell-, Öl- und Holzschnitt-Arbeiten kümmerte sich neben Kasten vor allem der Linzer Galerien-Pionier Otto Bejvl (1933-1981), in dessen ehemaliger Heimstätte in der Linzer Altstadt nun die Hofkabinett-Galerie von Paul Fischnaller untergebracht ist.

Den seit Jahrzehnten eindrucksvollsten Überblick über Hofmanns Leben und Werk sowie ein wuchtiges Kapitel Linzer Kultur- und Kunstgeschichte vermittelt ab 24. Jänner das Linzer Stadtmuseum Nordico mit der Ausstellung "Egon Hofmann–Linz: Künstler, Industrieller, Kosmopolit".

Stadtmusem Nordico: 24. Jänner bis 26. April, Öffnungszeiten: Di-So 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr.

3 Fragen an … Andrea Bina

Direktorin des Linzer Stadtmuseums Nordico

Zusammen mit Michaela Nagl haben Sie die Ausstellung kuratiert. Wie hat sich der Mensch Egon Hofmann im Zuge der Recherche für Sie offenbart?

Er hat sich mit allen Mitteln gewehrt, den Familienbetrieb zu übernehmen. Sein Jus-Studium war ein Zugeständnis an den Vater – und neben seiner Faszination für die Kunst war er ungeheuer sportbegeistert: Er war ein Ski-Pionier und hat in den Ost- und Westalpen eine Reihe von Erstbesteigungen durchgeführt.

Warum ließ ihn sein Vater, der ihn als Nachfolger vorgesehen hatte, doch Kunst studieren?

Ich vermute, Egon Hofmann hat vor seinem Kunststudium einige Zeit im Unternehmen gearbeitet, um seinem Vater zu beweisen, dass er dafür ungeeignet ist. Erst danach wurde sein jüngerer Bruder Adolf, der 1934 gestorben ist, als Firmenchef aufgebaut.

Existieren heute noch derart von Kunst beseelte Industrielle, die sich bestenfalls auch selbst künstlerisch betätigen?

Natürlich sammeln viele Industrielle Kunst, aber keiner davon hat wie Hofmann, der ja zur Zeit von Kokoschka in Dresden Malerei studiert hat, eine künstlerische Ausbildung. Die Strukturen der Unternehmen haben sich auch geändert. Dafür ist heute kein Platz mehr.

Das Egon-Hofmann-Haus in Linz

1953 wurde der „Kulturring der Wirtschaft OÖ“ gegründet, einer seiner ersten Beschlüsse war die Errichtung eines Atelierhauses am Linzer Römerberg (Im Dörfl 3). Das nach den Plänen von Architekt Fritz Fanta erbaute und nach Egon Hofmann benannte Haus wurde 1957 eröffnet. Seit Oktober 2009 steht das Gebäude unter Denkmalschutz. Seit 2014 leitet die Architektin und freischaffende Künstlerin Margit Greinöcker die Institution. Im Laufe der 63 Jahre lebten und arbeiteten mehr als 100 Künstlerinnen und Künstler im Egon-Hofmann- Haus. Am 1. April und am 1. Juli 2020 wird jeweils ein Atelier frei. Wer sich bewerben möchte, hat noch bis 31. Jänner dazu Gelegenheit. Genauere Informationen unter: www.egonhofmannhaus.wordpress.com

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Autor
Peter Grubmüller
Ressortleiter Kultur
Peter Grubmüller
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