Willkommen im Zirkus der Träume
"Totem", die spektakuläre Show des "Cirque du Soleil", begeistert derzeit in Paris. Ab März ist das Spektakel in Wien zu Gast.
Ein Surren zerschneidet die Luft. Da ist ein Seil, da ist ein weißer Doppelkegel, und da ist Nico Pires. Seit seinem neunten Lebensjahr fabriziert der 32-jährige Franzose Kunststücke mit dem Diabolo. Schnur und Kegel scheinen immer irgendwie mit ihm eins zu sein. Er spielt mit dem Diabolo, seine Augen fixieren es, er tanzt dazu Flamenco, und seine Handgelenke geben hunderte kleine Drehimpulse.
Dann fällt der Doppelkegel doch zu Boden, aber das macht nichts. Ist ja nur die tägliche Übungseinheit. Heute, am Abend, werden ihm während der Show "Totem" des weltberühmten Cirque du Soleil in Paris 2500 Menschen zujubeln. Dann wird er mit dem Diabolo einem Torero gleich zu Flamencomusik einen Kampf ausfechten. Er wird ihn gewinnen, weil er seine Kunst versteht. Seit drei Jahren ist er beim "Cirque", einer Art Ritterschlag für die besten Artisten dieser Welt.
Eine Show in 78 Lkw
Ab 9. März sind Nico Pires und 45 weitere Akrobaten aus 19 Ländern mit der Show "Totem" in Wien zu sehen. Nach Zürich, Paris und London übersiedelt der 78-Lkw-Tross nach Österreich.
Mehr als fünf Millionen Menschen haben die Show von Regisseur Robert Lepage weltweit schon gesehen. Das Drehbuch dieser Farbenpracht und Akrobatik erzählt die Evolution der Menschheit, vom amphibischen Ursprung bis hin zum wahr gewordenen Traum vom Fliegen. Wobei der Begriff Totem die Idee der Rangordnung der verschiedenen Gattungen in sich trägt.
Ein nachvollziehbarer Handlungsstrang ist nicht erkennbar und auch völlig nebensächlich. Es geht um die scheinbare Aufhebung der Schwerkraft, um Geschmeidigkeit, Artistik, Muskelkraft. Das dafür in Perfektion. Auf Rollschuhen, beim Turteln am Trapez in luftigen Höhen, auf dem Russischen Barren.
Apropos: Dieses lebende Turngerät besteht bei Totem aus einem weißrussischen Trio – Waleri und zwei Alexejs. Eine Besonderheit dieser Barrenart ist es, dass an beiden Enden keine Holzsteher sind, sondern Menschen. Waleri ist seit 15 Jahren "Träger". Auf seinen Schultern liegt das rund zehn Zentimeter breite, biegsame Kunststoffteil. Er und Alexej, sein Partner am anderen Ende, fixieren den Barren mit ihren Händen an den (sehr, sehr breiten) Schultern. Der zweite Alexej ist ein "Flieger". Wie mit einem Katapult schnellt er dank muskelbepackter Manneskraft weit nach oben. In der Luft schlägt er Salti und Schrauben. Bei ihm sieht es einfach aus. Das Trio versteht sein waghalsiges Geschäft, hat Medaillen bei Weltmeisterschaften und beim größten Zirkusfestival in Monte Carlo den zweiten Platz gemacht.
Erst fangen, dann umfallen
Trotzdem, ein kleiner Fehler, und alles ist aus. "Es ist blindes Vertrauen da, wie in einer Ehe. Es darf aber nie zur Routine werden, sonst beginnt man die Kontrolle zu verlieren", sagt Alexej, der Flieger. Waleri pflichtet bei: "Selbst wenn ich mich verletzen würde, würde ich Alexej zuerst fangen." Nachsatz: "Und dann umfallen."
Verletzungsbedingt umgefallen ist er schon öfters, Kreuz, Knie und Schultern sind seine berufsbedingten Problemzonen. Aber auch immer wieder aufgestanden, denn er liebt seinen Job: "Ich kann und will nichts anderes." Seinem Flieger hat er einmal gesagt: "Du musst nur sicher landen, den Rest machen wir."
Für den Rest der Totem-Show gilt: Anschauen, es lohnt sich. Während der rund zweistündigen Artistik-Lehrstunde verschwimmen die Grenzen zum Unmöglichen, und es offenbart sich das Grundgesetz für diesen Sonnenzirkus: Alles geht, auch wenn du es nicht glauben kannst.
Totem in Wien
Von 9. März bis 22. April gastiert der kanadische Cirque du Soleil mit der Show „Totem“, einer faszinierend-akrobatischen Reise durch die Evolution der Menschheit, in der Farkasgasse in Wien Neu-Marx.
Karten ab sofort bei den Ticketverkaufsstellen der OÖNachrichten in Linz, Wels und Ried sowie unter der Ticket-Hotline 0732 / 7805- 805