TTIP: Die Geheimhaltung ist nicht gelungen
BURGKIRCHEN. Angeregte Podiumsdiskussion mit fast 400 Teilnehmern in Burgkirchen - Sorge und Skepsis überwiegen.
Intensiv, lang und zeitweise auch hitzig wurde in Burgkirchen über die geplanten Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP und TISA) und Kanada (CETA) diskutiert. Bei den vielen Wortmeldungen aus dem Publikum wurde vor allem eines deutlich: Dass sich viele Menschen schon sehr eingehend mit der Thematik befasst haben und fundierte Beiträge oder Anfragen formulierten.
"Die Geheimhaltung ist nicht gelungen, so viel ist sicher", schloss Moderatorin Monika Raschhofer, Redaktionsleiterin der Oberösterreichischen Nachrichten in Braunau, die Diskussion mit einem Lob für das informierte und große – rund 400 Besucher – Publikum. Landwirtschaftlich geprägt waren viele Diskussionsbeiträge. Dass diese Berufsgruppe besonders stark vertreten war, liegt auch am Veranstalter.
Maria Bernecker ist Obfrau des Vereins Zivilcourage Innviertel und Flachgau, der rund um die Problematik gentechnisch veränderter Pflanzen und entsprechendem Saatguts entstanden ist. Sie begrüßte die Gäste als Veranstalterin, leitete den Film ein, der eingangs über TTIP informierte, und beendete den Diskussionabend auch mit dem Aufruf, sich gegen die geplanten Freihandelsabkommen zu engagieren.
Verhandlungsmandat erteilt
Franz Reisecker, Präsident der Landwirtschaftskammer Oberösterreichs, hatte einen schweren Stand, als er erklärte, dass er verhandeln für besser hält als blockieren. Er räumte aber auch ein, dass schon auf europäischer Ebene nicht eitel Wonne und Einigkeit herrschen, was Lebensmittelqualität und Standards anbelangt. Die EU-Kommission habe einstimmig den Auftrag gegeben, die Abkommen zu verhandeln. Die Regierungschefs der Mitgliedsländer seien die einzigen, die der Kommission das Verhandlungsmandat wieder entziehen könnten, informierte Reisecker auch über Zuständigkeiten und Abläufe.
Dass Konzerne von der Mehrheit des Publikums als Feindbild gesehen werden, konstatierte und bedauerte Klaus Berer, Bezirksstellenleiter der Wirtschaftskammer Braunau, und betonte, dass die Freihandelsabkommen auch dem "kleinen Tischler" nutzen.
Die drei TTIP-Gegner am Podium wurden öfter mit Applaus bedacht. Mit Insider-Informationen und bitteren Erfahrungen ließ Walter Haefeker aufhorchen, der Präsident des Europäischen Berufsimkerverbandes ist. Zustimmung ernteten Gernot Almesberger von TTIP stoppen Oberösterreich und Josef Reiter von ATTAC Flachgau (siehe Zitate unten). Befürchtungen, die im Publikum geäußert wurden, betrafen etwa Billigprodukte, die den heimischen Markt überschwemmen, dass ein endlicher Planet kein unendliches Wachstum verkraftet, dass Gen-Mais über die Hintertür zu uns kommt, dass Grenzwerte zuungunsten von Mensch und Tier erhöht werden, dass das Volk nicht abstimmen darf, dass Arbeitnehmerschutz und Gesundheitswesen leiden ...
Filmbeitrag ab etwa 11. Mai auf zivilcourageinnviertel.at
Zitiert
„Es gibt vieles im Abkommen, das demokratiefeindlich ist. Deshalb sind wir dafür, es zu stoppen. Dann soll diskutiert werden, was man wirklich braucht. Die Verhandlungen sind intransparent und geheim. Wir brauchen Zeit. Viele Standards, dich sich in Europa über Generationen hinweg entwickelt haben, fallen nun der Gewinnmaximierung von Konzernen zum Opfer. Es geht hier auch um die Arbeitsrechtsnormen.“ - Gernot Almesberger, TTIP stoppen
„Die Investoren-Klagerechte sind ein drastisches Beispiel, wie Demokratie durch Freihandelsabkommen abgeschafft werden soll. Mittlerweile gibt es 500 Klagen von Konzernen gegen Staaten, in der Mehrheit der Fälle mussten die Staaten zahlen. Es ist nicht ein Kampf EU gegen USA, sondern ein Kampf der Konzerne auf beiden Seiten des Atlantiks gegen die Mehrheit der Bevölkerung auf beiden Seiten.“ - Josef Reiter, ATTAC
„Der Honig ist bereits das erste Opfer von TTIP, da die EU-Kommission bei den Verbraucherschutz-Standards die Kennzeichnungspflicht von Honig bereits aufgehoben hat. Auch in den USA ist der Widerstand gegen das Freihandelsabkommen enorm, selbst Mitglieder in der Partei Barack Obamas sehen es als höchst problematisch an. Das Zustandekommen kann aber genauso an uns Europäern scheitern.“ - Walter Haefeker, Berufsimker
„Die meisten Unternehmer stehen dem neuen TTIP-Abkommen absolut gelassen gegenüber. Freihandelsabkommen und Handelsverträge sind für die Wirtschaft etwas ganz Normales. Rund 8000 Arbeitsplätze im Bezirk hängen an der Automobilindustrie, wenn die profitiert, dann auch wir. TTIP wird als Projektionsfläche genommen für Populismus von Seiten der Politik, auch von Amerika- und Konzern-Gegnern.“ - Klaus Berer, Wirtschaftskammer
„Wir sind ein Exportland, unsere kleineren und mittleren Lebensmittelbetriebe hätten dann einen Zugang zum US-Markt. Die Lebensmittelqualität darf durch das Abkommen nicht gefährdet werden. Es muss auch in Zukunft das Vorsorge-Prinzip gelten, nicht das Risiko-basierte Prinzip. Es wird von uns keine Zustimmung geben, wenn leistungssteigernde Mittel in der Tierhaltung zugelassen werden.“ - Franz Reisecker, LWK-Präsident
TTIP sollte schon wegen des hohen amerikanischen Aggressionspotentials vermieden werden. Die USA haben auch die Angewohnheit dass sie einmal geschlossene Verträge ausschließlich für sich interpretieren und reklamieren und deren vermeintliche Einhaltung dann mit Waffengewalt zu erzwingen pflegen. ( Luft und Drohnenangriffe , etwa von Ramstein) Man denke an den von Iran unterzeichneten Atomsperrvertrag. Man denke an die ständigen militärischen Aktionen und Drohungen der USA auf der ganzen Welt.