Mordversuch in Rainbach? Prozess nach rund zehn Stunden vertagt
RIED. Wegen versuchten Mordes und absichtlich schwerer Körperverletzung musste sich in Ried heute ein 22-jähriger Innviertler verantworten. Der Prozess wurde am Abend vertagt.
Ein 22-jähriger Mann musste sich am Dienstag in Ried vor einem Geschworenengericht verantworten. Dem Angeklagten wird wegen versuchten Mordes und absichtlich schwerer Körperverletzung der Prozess gemacht. Wie berichtet, soll der Mann im Juli 2020 zuerst seine Ex-Freundin bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt haben. Das mutmaßliche Motiv: Eifersucht. Danach setzte er, laut Anklage, die gemeinsame zehn Monate alte Tochter und einen fünfjährigen Buben in eine mit Wasser gefüllte Badewanne. Auch er selber habe sich laut Anklageschrift in die Badewanne gesetzt und einen angesteckten Toaster ins Wasser geworfen. Zum Glück fiel der Schutzschalter, verletzt wurde niemand. Anschließend dürfte der 22-Jährige, der sich kurz nach der Tat stellte, im Schlafzimmer zwei Camping-Gaskartuschen geöffnet haben. Durch die Schreie des Babys wurde die Ex-Freundin des Angeklagten munter.
Zu Beginn des Prozesses wies Andreas Mauhart, der Verteidiger des Beschuldigten, die Mordabsicht zurück. Die Versuche seien völlig untauglich gewesen. Sowohl das Werfen des Toasters in das Wasser als auch das Aufdrehen der Camping-Gaskartuschen seien untauglich gewesen, die Innviertlerin und die Kinder zu töten. Das habe sein Mandant auch nicht vorgehabt.
Für Staatsanwältin Petra Stranzinger ist die Sache hingegen klar: Der Beschuldigte habe versucht, sowohl seine Ex-Freundin als auch die beiden Kinder zu töten.
Der Angeklagte gab zu Beginn seiner Befragung zu, dass er seine Ex-Freundin bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt habe. Er sei sehr wütend gewesen, da er sich von der Frau erniedrigt gefühlt habe, deshalb habe er sie gewürgt, gab der Angeklagte an. Gründe dafür seien unter anderem Chat-Verläufe mit einem anderen Mann gewesen. "Eigentlich wollte ich sie nicht bewusstlos würgen", sagte der Beschuldigte.
"Einen Schreck einjagen"
Den Vorwurf des mehrfach versuchten Mordes wies er zurück. "Ich habe gewusst, dass der Schutzschalter beim Hineinwerfen des Toasters fällt, da war ich mir zu 100 Prozent sicher. Ich wollte damit meiner Ex-Freundin einen Schreck einjagen", sagte der Angeklagte. Bei der Einvernahme bei der Polizei und beim Haftrichter gab der Angeklagte noch an, dass er sich, seine Ex-Freundin und die Kinder umbringen wollte. Dafür, dass er dabei selber einen Fuß in die Badewanne stellte, hatte er keine wirkliche Erklärung: "Ich wollte es halt probieren, habe aber gewusst, dass da nix passieren kann." Er sei wütend, traurig und enttäuscht gewesen, so der 22-Jährige, der seit der Tat in der Justizanstalt Ried in Untersuchungshaft sitzt. Er habe zwar zwei Gaskartuschen aus dem Keller geholt, jedoch nur eine aufgedreht, so der Angeklagte.
Staatsanwältin Stranzinger: "Ich bin überrascht über ihre heutige Aussage. Sie haben doch gegenüber der Polizei, dem Haftrichter und auch bei Primaria Adelheid Kastner etwas anderes ausgesagt. Davon, dass Sie ihre Ex-Freundin nur erschrecken wollten, war damals nie die Rede." Stranzinger zitierte den Angeklagten aus dem Vernehmungsprotokoll der Polizei: "Ich wollte uns gemeinsam vergasen, aber das hat nicht funktioniert." Vor Gericht sagte der Beschuldigte, dass es ihm lediglich ums Erschrecken gegangen sei.
"Zu mir hat er gesagt, dass Blubberblasen kommen, wenn er den Toaster in die Badewanne tut", sagte der Sohn der Angeklagten (5) bei seiner Befragung durch die vorsitzende Richterin Claudia Lechner. Diese Befragung wurde, wie auch jene der Ex-Freundin des Mannes, in einem Extra-Raum durchgeführt und per Video in den Schwurgerichtssaal übertragen. Grund dafür war, dass so ein direkter Kontakt mit dem Beschuldigten vermieden werden konnte. Passiert sei nichts, so der Bub, lediglich das Licht sei ausgefallen.
Die Ex-Freundin des Mannes sagte, dass sie die Beziehung einige Tage vor der Tat beendet hatte. Der Beschuldigte sei aber regelmäßig bei ihr gewesen, um die Kinder zu sehen. Am Abend der Tat habe es wieder einmal Streit gegeben, dabei sei es unter anderem um das Ausräumen von Möbeln gegangen. Irgendwann sei sie wieder ins Bett gegangen und eingeschlafen. "Wie ich munter geworden bin, ist er neben mir auf dem Bett gesessen, dann hat er plötzlich begonnen mich zu würgen. Ich habe noch versucht, ihn abzuwehren, dann weiß ich nichts mehr, weil ich bewusstlos geworden bin", sagt die Frau unter Tränen. Eine Beziehung zu einem anderen Mann habe sie nicht gehabt. Die Eifersucht sei völlig unbegründet gewesen.
Ein Polizist, der bei der Befragung des Mannes dabei war, sagte, dass der Angeklagte drei Mal gesagt habe, dass er vorhatte, sich und seine Familie umzubringen. Die Beiziehung eines Rechtsanwalts habe der Beschuldigte abgelehnt. Verteidiger Mauhart zeigte sich irritiert. Es sei verdächtig, dass bei diesbezüglichen Aussagen so gut wie nie ein Rechtsanwalt anwesend sei.
Der beisitzende Richter Andreas Rumplmayr legte nach: "Noch einmal, warum haben Sie bei dieser Einvernahme nicht ein einziges Mal erwähnt, dass sie der Frau lediglich einen Schrecken einjagen wollten. Es war von Mord und Untersuchungshaft die Rede und sie sagen nichts", sagt Rumplmayr mit lauter Stimme. "Das ist doch wie im Mittelalter, schreien sie doch nicht so", sagte Verteidiger Mauhart. "Ich war völlig fertig, hätte ich einen Anwalt gehabt, hätte ich anders reagiert", sagte der Beschuldigte.
Laut der Psychiaterin Adelheid Kastner war der Angeklagte zum Tatzeitpunkt voll zurechnungsfähig. Allerdings diagnostizierte Kastner eine narzisstische Persönlichkeitsstörung. "Der Mann hat massive Probleme, seine Gefühle zu beschreiben und ist sehr selbstbezogen", sagte Kastner.
Der Schutzschalter in der Wohnung entspreche modernen Standards, sagte der technische Gutachter Erwin Leibetseder. Die Gefahr durch den ins Wasser geworfenen und ans Stromnetz angeschlossenen Toaster zu Tode zu kommen sei äußerst gering gewesen. Es bestehe lediglich ein sehr, sehr kleines Restrisiko, dass dabei etwas passieren kann. Zu 100 Prozent ausschließen könne man es aber nicht. Wäre der Schutzschalter defekt gewesen, hätte das schwerwiegende Folgen, bis hin zum Tode, haben können.
Mehrere Beweisanträge, sowohl von der Staatsanwaltschaft als auch von der Verteidigung wurden nach längerer Beratung vom Berufsrichtersenat abgewiesen. Der Prozess wurde nach längerer Diskussion um 18.30 Uhr vertagt. Fortgesetzt wird die Verhandlung am Donnerstag, 1. April, an diesem Tag wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein Urteil fallen.
Dem Angeklagten droht im Maximalfall eine lebenslange Haftstrafe.
Video: Kurz vor dem Prozessbeginn um 8.30 Uhr