"Unsere Bewohner schämen sich für ihre Landsleute"
WELS. Nach Sexattacken auf Volksfestbesucherinnen ziehen Flüchtlingsbetreuer die Zügel enger.
Die Grapsch-Attacken bei der Probebeleuchtung am Welser Volksfest nehmen immer größere Ausmaße an. Bis gestern meldeten sich 17 Frauen bei der Polizei und erzählten den Beamten die immer gleiche Geschichte. Zuerst das Anschleichen junger Burschen und in der Folge der brutale Griff auf Po, Busen und Geschlechtsteil. Für die Betroffenen eine schlimme Erfahrung.
Die Mehrzahl der Täter trägt den Status unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge. Ausgerechnet für diese Gruppe von Asylwerbern gibt der Staat das meiste Geld aus. Die beiden Welser Unterkünfte, in denen junge Flüchtlinge leben, haben auf die Vorfälle bereits reagiert. Nach Rücksprache mit Integrations- und Sicherheitsreferent Gerhard Kroiß (FP) wurde die Ausgehzeit während der Messe auf 20 Uhr beschränkt.
Gestern besuchte Kroiß das Projekt Noah in der Bahnhofstraße. Seit November des Vorjahres ist es in Betrieb und wird von einem Schwesterunternehmen des Instituts Hartheim geführt: "Dieses Asylheim ist ein echtes Best-Practice-Beispiel und sollte anderen Einrichtungen als Vorbild dienen", glaubt Kroiß
Obwohl keiner der 33 Bewohner involviert ist, versammelte gleich nach Bekanntwerden der Grapsch-Orgie die Heimleitung alle Jugendlichen zu einem Gespräch: "Sie haben sich für ihre Landsleute in Grund und Boden geschämt", beschreibt Standortleiterin Sarah Huber die Reaktion ihrer Schützlinge.
Damit die jungen Männer nicht auf blöde Gedanken kommen, ist ihr Tagesablauf von Frühmorgens bis spät am Abend geregelt. Um 7.30 Uhr werden sie geweckt. Ab 8 Uhr richten sie selbständig ihr Frühstück her. Von 9 bis 12 Uhr finden im Haus Deutschkurse statt. Am Nachmittag wird das Gelernte spielerisch in Workshops vertieft. Ihre Freizeit verbringen die Jugendlichen fast ausschließlich in ihrem Heim. Schlafzimmer und Aufenthaltsräume werden von den Flüchtlingen selbst gesäubert. Wer gegen Regeln verstößt, bekommt Ausgehverbot: "Wenn die Burschen zu viel alleine draußen sind, fehlt uns die Kontrolle. Im Übrigen hatte niemand den Wunsch, aufs Volksfest zu gehen", sagt Huber.
Noah-Geschäftsführer Josef Leitner ist sich seiner Verantwortung bewusst: "Im Gegensatz zu anderen Einrichtungen haben wir hier im Haus einen wachen Nachtdienst. Der kontrolliert ständig, ob die Bewohner in ihren Betten sind.
In ihrer Sexualität würden sich die jungen Afghanen von gleichaltrigen Österreichern nicht wesentlich unterscheiden: "Wenn einer der jungen Männer eine Freundin hat, nehmen wir mit der Familie des Mädchens Kontakt auf", sagt Huber. Vorfälle mit der Polizei werden umgehend gemeldet: "Ich bin über alles informiert", betont Kroiß die gute Zusammenarbeit.
Nach dem Volksfest sollen die Sexattacken bei einem runden Tisch zur Sprache kommen.
Drei Fragen an Marion Huber...
...Abteilungsleiterin für die Flüchtlingshilfe in Oberösterreich
Die Caritas betreut in Wels, Schärding und Linz 78 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. In der Welser Hans-Sachs-Straße sind 35 junge Asylwerber beheimatet.
1 Stimmt es, dass mehrere Volkfest-Grapscher in einem von der Caritas betreuten Einrichtung zu Hause sind?
Welche Jugendlichen involviert waren, weiß ich nicht. Ich kann aber bestätigen, dass die Polizei heute zwei Bewohner zur Befragung abgeholt hat.
2 Was unternehmen Sie präventiv, damit solche Straftaten erst gar nicht passieren?
Die Jugendlichen werden intensiv und rund um die Uhr betreut. Themen wie Sexualität und Gleichstellung von Mann und Frau werden mit ihnen gleich zu Beginn ihres Aufenthalts besprochen. Wann sie zu Hause sein müssen, richtet sich nach dem Jugendschutzgesetz. Es ist wie in einer Familie. Was tut man, wenn ein 15-Jähriger erst nach Mitternacht heim kommt? Es gibt Konsequenzen. Aber einsperren kann man sie nicht.
3 Was geschieht, wenn sich Einzelne über sämtliche Regeln hinwegsetzen?
Wenn jemand ständig Regeln ignoriert, muss man schauen, ob er für diese Einrichtung noch tragbar ist. Wenn über einen langen Zeitraum die Vorschriften immer wieder unterlaufen werden, sind pädagogische Maßnahmen zu setzen. Eine Strafverlegung kommt nur selten vor und ist die allerletzte Konsequenz. Bei groben Verfehlungen und Straftaten ist die Kinder- und Jugendhilfe am Zug. Selbstverständlich gelten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unsere Gesetze genauso wie für österreichische Jugendliche.
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