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12-Jährige vergewaltigt? 16-Jähriger in Wien freigesprochen

Von nachrichten.at/apa, 05. Dezember 2024, 13:08 Uhr
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Prozess im Landesgericht Wien Bild: APA/GEORG HOCHMUTH

WIEN. Wegen des Vorwurfs, er solle im Vorjahr ein zwölfjähriges Mädchen vergewaltigt haben, musste sich ein 16-Jähriger am Donnerstag in Wien vor Gericht verantworten. Der Bursch wurde zur Gänze freigesprochen. Es ist der zweite Missbrauchsprozess um das Mädchen.

Die Anklage warf dem Burschen vor, die damals Zwölfjährige zwischen Jänner und Februar 2023 - das genaue Datum war nicht bekannt - in einem Parkhaus in Wien-Favoriten vergewaltigt zu haben. Von diesem Vorwurf wurde er freigesprochen, ebenso wie zu einer mitangeklagten angeblichen geschlechtlichen Nötigung. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Der Schöffensenat kam nach dem Beweisverfahren zum Schluss, dass es zwischen dem Angeklagten und dem Mädchen Anfang 2023 zwar zu Sex gekommen war. Dieser sei aber "völlig einvernehmlich" gewesen, stellte die vorsitzende Richterin fest. Es habe keine Gewalt gegeben. Für den Jugendlichen sei "nicht erkennbar" gewesen, dass das Mädchen damit nicht einverstanden war. Zur Urteilsfindung benötigte der Senat eine Beratungszeit von nicht einmal zehn Minuten. Der Freispruch ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

In der Verhandlung wurde ein bisher nicht an die mediale Öffentlichkeit gespielter Chat publik, der die Opfer-Rolle des Mädchens im gegenständlichen Fall mehr als fraglich erscheinen ließ. "Haha, war eh nur Spaß", hatte die damals Zwölfjährige nach der von ihr behaupteten Vergewaltigung dem 16-Jährigen geschrieben. Noch Ende Juni 2023 hatte sie mit diesem Kontakt, obwohl dieser sie zwischenzeitlich zur Rede gestellt hatte, nachdem er erfahren hatte, dass sie über ihre gemeinsamen sexuellen Erfahrungen berichtete. Erst danach brach der Kontakt ab. Angezeigt wurde der 16-Jährige im Herbst 2023.

Freigesprochener Bursch als "Hass im Netz"-Opfer

Der Freispruch ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab. Der 16-Jährige hatte nach der Verhandlung Tränen der Erleichterung im Gesicht. Er sei nach der medialen Veröffentlichung seines Vornamens an seiner Schule als "Vergewaltiger" verunglimpft worden. Im Internet habe es Hasspostings gegen ihn gegeben, schilderte der Jugendliche im Gespräch mit der APA. Man habe auch zu seiner Abschiebung aufgerufen.

Der Fall der mittlerweile 13-Jährigen hatte im Vorjahr für mediales Aufsehen gesorgt. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen über ein Dutzend minderjähriger Burschen und einen 19-Jährigen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, weil sie das Mädchen im Antonspark in Favoriten kennengelernt und sich in weiterer Folge an der damals Zwölfjährigen vergangen haben sollen. Der erste Prozess gegen einen 17-Jährigen war Ende November vertagt worden. 

Mehr zum Thema: Prozess im Fall von mehrfach missbrauchter Zwölfjähriger vertagt

Der Jugendliche, der sich heute vor einem Schöffensenat zu verantworten hatte, hatte mit dieser Gruppe insofern nichts zu tun, als das Mädchen ihn im Helmut-Zilk-Park angesprochen hatte, als er im dortigen Motorikpark trainierte. Sie habe ihn nach seinem Snapchat gefragt, schilderte der 16-Jährige. Er habe sie dann noch zwei bis drei Mal im Park gesehen, es sei aber nie zu sexuellen Handlungen oder gar Geschlechtsverkehr gekommen. Als ihm ein offenbar unter Jugendlichen kursierendes Video gezeigt wurde, das andere Burschen beim Sex mit der Zwölfjährigen zeigte, habe er sie von seiner Kontaktliste gelöscht: "Es war ein schlechtes Video."

Die Anklage hatte dem Burschen vorgeworfen, mit der Zwölfjährigen in ein Parkhaus gegangen zu sein, wo er sie zunächst küsste. Dann sollen sich die beiden in die letzte Etage begeben haben, wo er das Mädchen aufgefordert haben soll, sich auszuziehen. Dann soll er sie an der Hüfte gepackt, gegen eine Wand gedrückt und mit ihr den Geschlechtsverkehr vollzogen haben. Die Zwölfjährige habe sich "aus Angst und mangels Fluchtmöglichkeit" dagegen nicht gewehrt, sagte die Staatsanwältin.

Verteidiger sah "Vorverurteilung"

Das Mädchen war im Ermittlungsverfahren gesondert vernommen worden, was ihr einen Auftritt als Zeugin in der Hauptverhandlungen ersparte. Bei dieser Befragung habe sie nie von Gewalt gesprochen, legte Verteidiger Andreas Reichenbach dar. Er beklagte eine "unglaubliche Vorverurteilung" seines Mandanten, der "von allen Seiten als Vergewaltiger beschimpft" worden sei. Der Rechtsvertreter des Mädchens, der sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter angeschlossen hatte, habe eine "Opferinszenierung, wie ich sie selten gesehen habe", betrieben. Der Opfer-Vertreter habe "grob fahrlässig" gehandelt, indem die Unmündige als Opfer einer angeblichen Gruppenvergewaltigung stilisiert hätte, was von einigen Medien übernommen wurde.

Die Missbrauchsvorwürfe seien "teilweise an den Haaren herbeigezogen", hielt Reichenbach fest. Das Mädchen hätte mit rund 30 Burschen sexuelle Kontakte gehabt, als ihr damaliger Freund davon und vom Umstand, dass davon teilweise Videomaterial existierte, erfuhr, sei Anzeige gegen einen Teil der Jugendlichen erstattet worden. "Sie hat aus Scham gesagt, es war doch nicht freiwillig", führte Reichenbach aus.

Der Verteidiger legte Chats vor, die seinen Mandanten in seinen Augen entlasteten. Am 19. Mai 2023 hatte der Bursch dem Mädchen eine Nachricht geschrieben, wonach "jeder sagt, dass du sagst, dass..." er sinngemäß mit ihr Sex gehabt habe. Darauf erhielt er folgende Antwort: "Ich hab nicht. Wer sagt. Na."

Öffentlichkeit von Prozess ausgeschlossen

Der Angeklagte - ein Syrer, der in Österreich die Volksschule, anschließend vier Klassen einer Mittelschule absolviert hat und nun eine Höhere Schule für Wirtschaft besucht - hatte in der Verhandlung den Sex in Abrede gestellt: "Sie muss mich verwechseln." Er stellte auch in Abrede, Ende April über Instagram von der Zwölfjährigen Oralsex verlangt und im Gegenzug in Aussicht gestellt zu haben, Videos zu löschen, die sie bei sexuellen Handlungen zeigten. Jemand anderer habe seinen Instagram-Account benutzt. Im Übrigen habe er gar keine Videos mit der Zwölfjährigen besessen.

Bevor das Video mit der Befragung des Mädchens abgespielt wurde, wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Fotografen und Kameraleute waren in dem Bereich des Gerichtsgebäudes, in dem die Verhandlung stattfand, nicht zugelassen - aus Opferschutzgründen, aber auch zwecks Wahrung der Interessen des Angeklagten, der als Jugendlicher ein Recht auf eine nicht identifizierende Berichterstattung hat. 

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