"Radikalisierung orientiert sich an Influencer-Strategien"
WIEN/TERNITZ/WIENER NEUSTADT. Radikalisierung könne über mehrere Wege stattfinden, sagte Jürgen Grimm, Experte für politische Kommunikation. Emotionale Botschaften zielten darauf ab, Empörung anzuregen.
Gerade in Online-Radikalisierungskampagnen orientierten sich Terrororganisationen an Influencer-Strategien und Popkultur, so der Kommunikationsforscher am Freitag.
"Empörungsemotionen" seien eine effektive Methode, um junge Menschen von der Ideologie radikaler Gruppen zu überzeugen. Besonders Botschaften über angebliche oder reale Islamfeindlichkeit sowie Diskriminierung würden für die Verbreitung von radikalem Gedankengut verwendet werden, sagte Grimm. Dazu würden Influencer-Strategien, die zum Kauf anreizen sollen, utilisiert. Im Falle von Terrororganisationen gehe es eben nicht um Produkte, sondern um Ideologien.
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Der Professor der Universität Wien warnt jedoch davor, die einzige Gefahr in Online-Radikalisierung zu sehen. Obwohl Jugendliche oftmals über die Kurzvideoplattform TikTok und den Nachrichtendienst Telegramm in Kontakt mit Propagandamaterial kämen, seien diese nicht die einzigen Wege der Radikalisierung. Häufig würden junge Menschen, die durch kriminelle Handlungen Haftstrafen absitzen müssen, im Gefängnis radikalisiert werden. Durch die dortige Bildung von Jugendgruppen gerieten diese leicht in eine ideologische Blase. Ein weiterer Radikalisierungsweg sei Kontakt zu islamistischen Predigern. Auch durch diese könnten Individuen extremistischem Gedankengut ausgesetzt sein.
Emotionalisierung ist zentral
Alle drei Radikalisierungswege würden mit Emotionalisierung arbeiten. Gerade mit Opferbiografien lasse sich effektiv arbeiten. Die Propaganda lege ihren Fokus auf solche Konflikte, "aus denen man verschiedene Opfererfahrungen heraus destillieren kann", sagte der Experte. Sowohl der Gaza-Konflikt als auch der Ukraine-Krieg böten sich für eine Nutzung dieser Narrative an.