Schwere Unwetter: Fünf Menschen von Bäumen erschlagen
KLAGENFURT/GRAZ. Schwere Unwetter haben am Donnerstag in Österreich fünf Menschenleben gefordert.
In St. Andrä im Lavanttal in Kärnten wurden auf einem Freizeitareal am See zwei Kinder von umstürzenden Bäumen erschlagen und 13 Personen verletzt, zwei davon schwer. Ebenfalls ein umgestürzter Baum tötete in Gaming (NÖ) drei Menschen. Schwere Schäden entstanden an der Infrastruktur, die ÖBB stellten den Verkehr in Kärnten, Osttirol und der Steiermark ein. Zahlreiche Straßen waren blockiert. Oberösterreich wurde von den Unwettern nur gestreift.
Tragödie in Kärnten
Bei den beiden Todesopfern am St. Andräer See handelte es sich um Mädchen im Alter von vier und acht Jahren aus dem Bezirk Wolfsberg. Unter den 13 Verletzten befanden sich weitere fünf Kinder, teilte die Polizei bei einem Pressegespräch am Abend mit. Das Kriseninterventionsteam war im Einsatz. Vielleicht zehn Minuten hatte das Unwetter gegen 15.30 Uhr gedauert, und nur wenige Sekunden jene Böe, die Bäume umwarf. Wie es von der Wasserrettung hieß, habe man ein solches Elementarereignis in der Gegend noch nie erlebt: Rettungsschwimmer, die Badegäste vor dem urplötzlich aufziehenden Sturm warnen wollten, wurden regelrecht umgeweht, 50 Zentimeter hohe Wellen wurden verzeichnet. Und Bäume stürzten auf die Badbesucher.
Ein Großeinsatz folgte. Das Rote Kreuz löste Bezirksalarm aus und bekam auch aus den umliegenden Bezirken sowie aus Klagenfurt Unterstützung. 45 Sanitäterinnen und Sanitäter waren ebenso im Einsatz, wie 71 Mitglieder der Wasserrettung, Polizei und fünf Feuerwehren, die zwei Personen befreiten, die unter Bäumen eingeklemmt waren. Eine prophylaktische Suchaktion im See - am Ufer war Kleidung gefunden worden, die zuerst niemandem zugeordnet werden konnte - wurde ohne Ergebnis beendet. Das Gelände wurde von der Staatsanwaltschaft gesperrt und soll von einem Sachverständigen untersucht werden.
Van der Bellen drückte Betroffenen sein Mitgefühl aus
Bundespräsident Alexander Van der Bellen brachte auf Social Media sein Mitgefühl zum Ausdruck: "Teile Kärntens und der Steiermark sind von schweren Unwettern getroffen und mehrere Menschen dabei schwer verletzt worden. Eine unermessliche Tragödie ist, dass bei den Unwettern zwei Kinder gestorben sind. Das macht mich zutiefst betroffen. Meine Gedanken sind bei ihren Familien", schrieb der Präsident. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprach von einem fürchterlichen Schicksalsschlag für die Familien. Betroffen war auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). "Auch wenn es in diesen schweren Stunden keine Worte für diese Tragödie gibt, möchte ich den Angehörigen mein tief empfundenes Beileid ausdrücken. Vielen Dank an alle Einsatzkräfte, die in solch einer herausfordernden Situation immer zur Stelle sind", twitterte er am Abend.
Auch in Niederösterreich starben drei Menschen
In Gaming (Bezirk Scheibbs) wurden Donnerstagnachmittag drei Menschen durch einen umgestürzten Baum getötet, zuvor dürfte ein Blitz eingeschlagen haben. Das Unglück ereignete sich nach Polizeiangaben im Bereich der Zellerrain Straße. Die Ermittlungen zur Klärung der Identität der Opfer waren im Gang, teilte Chefinspektor Johann Baumschlager am Abend der APA mit.
Ursache für den Stillstand der Bahn war ein großflächiger Ausfall der 110-kV-Bahnstromversorgung für den Bereich Kärnten und Steiermark. Die Dauer der Unterbrechung war am Donnerstagabend nicht absehbar, zahlreiche Fahrgäste strandeten unvermutet: Auf der Strecke befindliche Züge wurden in den nächsten Bahnhof geführt, Ersatzverkehr war nur eingeschränkt möglich. Die ÖBB stellten einen Notfahrplan in Aussicht. Die Dauer der Sperre war vorerst nicht absehbar. In Osttirol und zwischen Schwarzach-St. Veit und Villach Hauptbahnhof wurde der Zugverkehr am Abend wieder aufgenommen, twitterte die Bahn.
Durch die Sturmböen stürzten auch rund 30 Bäume zwischen Wolfsberg und Griffen auf die Südautobahn (A2). Außerdem kam es zu Stromausfällen in Tunnels. Die Südautobahn wurde für Aufräum- und Reparaturarbeiten an mehreren Stellen gesperrt. Unterbrechungen gab es auch auf zahlreichen weiteren Straßen in Kärnten. Laut Polizei wurden zahlreiche Strommasten beschädigt und es waren mehrere Verkehrsunfälle mit Verletzten und Sachschäden zu verzeichnen.
Am Klopeiner See rutschte ein 56 Jahre alter Bademeister eines Hotels während des Unwetters beim Anlegen eines Tretbootes aus. Er streifte am Steg und stürzte in den See. Dabei erlitt er schwere Verletzungen. Der Mann wurde von der Rettung ins UKH Klagenfurt gebracht.
In der Steiermark wurden zahlreiche Schäden an Stromleitungen gemeldet. Zwischenzeitlich waren um die 75.000 Haushalte ohne Strom. Am Abend waren rund ein Viertel aller steirischen Trafostationen außer Betrieb, hieß es seitens der Energie Steiermark Netze. Laut Urs Harnik-Lauris, Sprecher der Energie Steiermark, wurden alle Kräfte in den Einsatz gerufen und sogar Monteure aus dem Urlaub in den Dienst geholt. Neben Niedrigspannungsleitungen ist auch eine Hochspannungsleitung betroffen: In Fisching nahe Zeltweg wurde ein Strommasten einer 220-kV-Leitung, welche die Umspannwerke Obersielach und Hessenberg verbinden, beschädigt.
Bildergalerie: Die schweren Unwetter zogen in Österreich eine Spur der Verwüstung:
Bildergalerie: Fünf Tote bei schweren Unwettern in Österreich
Galerie ansehenDutzende Menschen in der Steiermark gerettet
In der Gaal im Bezirk Murtal in der Steiermark holten Einsatzkräfte Dutzende Personen, darunter auch Kleinkinder, teils mit Hilfe von Hubschraubern aus Gefahrenbereichen.
Windböen hatten Bäume zum Umstürzen gebracht, die die Zufahrtsstraße zum Ingeringsee auf mehreren Kilometern verlegten. Eine Frau, die mit ihrem Wagen von den umgefallenen Bäumen eingeschlossen wurde, alarmierte die Einsatzkräfte, hieß es seitens der Polizei. Als die Einsatzkräfte zum See fahren wollten, war die Straße nicht passierbar. Da nicht klar war, wie viele Menschen beim See eingeschlossen sind, wurde der Polizeihubschrauber Libelle sowie der Rettungshubschrauber Christophorus 99 hinzugezogen. Insgesamt waren 25 Menschen, darunter fünf Kleinkinder, beim See eingeschlossen und aus der Notlage befreit.
Im Bereich Reicherhube befanden sich weitere 34 eingeschlossene Personen. Der Weg zu diesem Bereich konnte durch die Feuerwehr Bischoffeld freigelegt werden. Die Helferinnen und Helfer brachten die Menschen anschließend in das Rüsthaus. Vier Forstarbeiter konnten sich selbstständig über Wanderwege aus dem Gefahrenbereich im Ingeringgraben in Sicherheit bringen. Alle 63 Personen, die von den Evakuierungen betroffen waren, blieben unverletzt.
Enorme Schäden
"Das Ausmaß der Schäden ist enorm", so Harnik-Lauris im APA-Gespräch. In den vergangenen zehn Jahren habe es keine solche Schäden gegeben - vor allem nicht in so einem großen Raum. Das Ausmaß sei durchaus mit Sturmtief "Paula" 2008 zu vergleichen. Das Unwetter hat auch die MotoGP in Spielberg getroffen. Zahlreiche Zelte dürften durch die Sturmböen zerstört oder gar weggeweht worden sein. Die Camper seien mit einem "blauen Auge davongekommen", sagte Einsatzleiter Erwin Grangl von der Feuerwehr.
Die ZAMG berichtete der APA von Windspitzen deutlich über 100 Stundenkilometern in den betroffenen Gebieten. Gewitterwarnungen hätten generell zwar für heute bestanden. "Die Gewitter sind aber ausgeschert", meinte der Meteorologe. Aus St. Andrä im Lavanttal meldete die ZAMG Spitzen von 103 km/h, punktuell dürften aber wohl noch höhere Werte zu verzeichnen gewesen sein. Die Unwetter zogen am Nachmittag von Kärnten weiter Richtung Steiermark, wo etwa bei Neumarkt Sturmspitzen von 139 Stundenkilometern registriert wurden. In St. Pölten wurde das Musikfestival Frequency aus Sicherheitsgründen unterbrochen und später wieder fortgesetzt.