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Festnahme in Flüchtlingsunterkunft nach tödlicher Messerattacke in Solingen

Von nachrichten.at/apa, 24. August 2024, 21:48 Uhr
GERMANY-CRIME-FESTIVAL-SOLINGEN
Bild: INA FASSBENDER (APA/AFP/INA FASSBENDER)

SOLINGEN.  Im Zusammenhang mit dem Messerangriff in der deutschen Stadt Solingen mit drei Toten hat die Polizei eine Person in einer Flüchtlingsunterkunft in der Stadt festgenommen.

Tatzusammenhänge würden nun geprüft, sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur. Es ist die zweite Festnahme in dem Fall. Kurz zuvor hatte die Extremistenorganisation Islamischer Staat (IS) die Bluttat für sich reklamiert.

Die Tat sei von einem ihrer Mitglieder "als Rache für Muslime in Palästina und überall" verübt worden, erklärte der IS in seinem Kanal im Kurznachrichtendienst Telegram. Einen Beleg dafür, dass der IS tatsächlich hinter dem Angriff steckt, wurde nicht gegeben. Auch ein Beweis für einen Kontakt zwischen IS und dem Attentäter wird nicht geliefert.

Bei dem Angriff am Freitag tötete ein Mann drei Menschen und verletzte acht weitere. Die Tat ereignete sich auf dem Fronhof, einem Marktplatz in Solingen, wo bei einem Festival anlässlich des 650-jährigen Stadtjubiläums Live-Bands spielten. In der Mitteilung, die auch beim IS-Sprachrohr AMAQ veröffentlicht wurde, hieß es auch, der Angriff habe einer "Gruppe von Christen" gegolten.

Ermittler schlossen zuvor am Samstag eine "terroristisch motivierte Tat" nicht aus. Ein am Samstag festgenommener 15-Jähriger sei möglicherweise kurz vor der Tat mit dem möglichen Täter in Verbindung gestanden.

Vor Bestätigung der zweiten Festnahme hatte die Polizei die Flüchtlingsunterkunft im früheren Finanzamt von Solingen mit starken Kräften gestürmt. "Wir haben Hinweise erhalten, und aufgrund dessen führen wir gerade polizeiliche Maßnahmen durch", sagte ein Polizeisprecher. Auch ein Spezialeinsatzkommando sei im Einsatz. Der Bereich werde von einer Hundertschaft abgesperrt.

Ein bisher unbekannter Täter hatte am Freitagabend auf einem Stadtfest in Solingen auf mehrere Menschen mit einem Messer eingestochen. Die Polizei geht von einem männlichen Täter aus. Es soll sich um einen "sehr gezielten Angriff auf den Hals" der Opfer gehandelt haben, sagte Polizeiführer Thorsten Fleiß.

Drei Menschen wurden getötet - ein 67-Jähriger, ein 56-Jähriger und eine 56-Jährige. Vier Opfer wurden zudem lebensgefährlich, sowie zwei weitere schwer und zwei leicht verletzt. Nach der Tat wurden laut Polizei Messer beschlagnahmt, die nun einzeln untersucht werden. Ein Tatzusammenhang war noch unklar. Nähere Angaben zu dem Unbekannten machten die Ermittler bisher nicht. Die Polizei rief die Bevölkerung weiter zur Vorsicht auf.

Polizei ermittelt in alle Richtungen

Am Samstag in der Früh wurde ein 15-Jähriger festgenommen, der mit dem möglichen Täter in Verbindung gestanden sein könnte. Eine bisher Unbekannter soll laut Zeugenaussagen "kurz vor der Tat" mit dem Jugendlichen gesprochen haben, sagte Oberstaatsanwalt Markus Caspers. Die dort geäußerten Absichten würden zu dem späteren Messerangriff passen. Ein Zusammenhang sei aber noch unklar und werde geprüft. Momentan werde ihm "lediglich die Nichtanzeige geplanter Straftaten zur Last gelegt".

Ermittelt wird laut Polizei weiter "in alle Richtungen". Dazu gab es auch mehrere Durchsuchungen "im gesamten Land Nordrhein-Westfalen". Die Ermittlungen liefen wegen dreifachen Mordes und achtfachen versuchten Mordes.

Der Anfangsverdacht eines terroristischen Hintergrundes ergibt sich laut Staatsanwaltschaft daraus, dass "kein anderes Motiv ersichtlich" sei. Die Opfer seien "in keiner Beziehung zueinander gestanden". Die Behörden gehen von einem Einzeltäter aus. Die Polizeipräsenz sei erhöht worden, hieß es.

Die Polizei bat die Bevölkerung um Mithilfe. Auf ihrem Hinweisportal (nrw.hinweisportal.de) könnten Hinweise zur Tat oder dem Täter abgegeben und Bild- oder Videomaterial hochgeladen werden. Derweil wurden in nordrhein-westfälischen Städten mehrere geplante Feste teils mit Verweis auf die unklare Sicherheitslage abgesagt.

Deutschlandweit Entsetzen

Die Tat löste deutschlandweit Entsetzen aus. Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete den Anschlag als "schreckliches Ereignis". Er sei "sehr bestürzt", schrieb Scholz im Online-Dienst X. Der Täter müsse "rasch gefasst und mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden." Scholz schrieb weiter: "Wir trauern um die Opfer und stehen an der Seite der Angehörigen."

Angesichts der Unklarheiten hinsichtlich Täter und möglichem Tatmotiv warnte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) vor der Verbreitung von Gerüchten. "Wir müssen erst alles aufklären und den Täter stellen, um dann zu dessen Motivation Rückschlüsse zu ziehen", sagte der nordrhein-westfälische GdP-Chef Michael Mertens der "Rheinischen Post".

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser reiste am Nachmittag nach Solingen, um sich ein Bild der Lage zu machen. Der Anschlag während der Jubiläumsfeier der Stadt sei "aufs Tiefste zu verurteilen und widerwärtig", sagte Faeser vor Journalisten. Sie rief zugleich zum Zusammenhalt der Gesellschaft auf: "Wir lassen uns in solchen Zeiten nicht spalten, sondern stehen zusammen".

"Unser Land wankt nicht"

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst verurteilte die Tat in Solingen als "Akt des Terrors". "Dieser Anschlag hat unser Land ins Herz getroffen", sagte er in Solingen. Die Tat sei gegen die "Freiheit unseres Landes" und "unsere Art zu leben" gerichtet. "Aber ich sage es in aller Klarheit: Unser Land wankt nicht", sagte Wüst weiter. "Wir werden uns nicht erschüttern lassen von Terror und Hass, wir werden unsere Art zu leben verteidigen."

Eine Debatte über ein schärferes Messerverbotsgesetz in Deutschland hat sich entsponnen: Die FDP signalisierte am Samstag Zustimmung zu einer möglichen Verschärfung. "Wir werden nun in der Bundesregierung darüber beraten, wie wir den Kampf gegen diese Art der Messer-Kriminalität weiter voranbringen", sagte Justizminister Marco Buschmann (FDP) der Zeitung "Bild am Sonntag". Bisher hatten die mitregierenden Liberalen eine von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) geplante Ausweitung von Messerverboten kritisch gesehen.

Die SPD verlangt nun eine deutliche Verschärfung der Gesetze. "Dieser wahrscheinliche Terrorangriff zeigt: Deutschland hat ein Problem mit Messergewalt", sagte SPD-Chef Lars Klingbeil "Bild am Sonntag". Er fordert ein nahezu komplettes Messerverbot auf Straßen: "Für mich gibt es keinen Grund, warum Menschen Stichwaffen im Alltag mit sich führen." Es müssten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, "damit Messer von Deutschlands Straßen und Plätzen verschwinden", sagte Klingbeil weiter. Es brauche "schnelle und konsequente Maßnahmen". Dazu gehöre, "endlich Messerverbote erheblich auszuweiten."

Am Abend gab es in der Solinger Fußgängerzone eine Andacht, an der Hunderte trauernde Menschen teilnahmen. Viele kamen mit Blumen und Kerzen. Der Solinger Stadtdechant Michael Mohr sagte: "Die Stadt ist heute eine andere als sie gestern war." Viele Menschen hätten am Ort des Anschlags Vereinsschals, Kuscheltiere, Briefe und andere Botschaften der Verbundenheit niedergelegt.

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