Julian Assanges langer Kampf gegen die Auslieferung an die USA
LONDON. Das juristische Tauziehen um WikiLeaks-Gründer Julian Assange und seine Auslieferung an die USA beschäftigt die Weltöffentlichkeit seit Jahren.
Nun hat der Australier eine Einigung mit der US-Justiz erzielt und nach Jahren der Inhaftierung in Großbritannien das Land in Richtung des US-Außengebietes Nördliche Marianen verlassen. Im Folgenden eine Chronologie der Causa:
2010
Von Juli bis Oktober veröffentlicht die Enthüllungsplattform WikiLeaks rund 470.000 als geheim eingestufte Dokumente, die mit diplomatischen Aktivitäten der USA und mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak zu tun haben. Weitere 250.000 Dokumente kommen später hinzu. Die Dokumente enthalten brisante Informationen über die US-Einsätze in diesen Ländern, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen.
Im November erwirkt die schwedische Staatsanwaltschaft einen internationalen Haftbefehl gegen Assange. Ihm werden Sexualdelikte vorgeworfen.
Assange weist die Anschuldigung zurück und stellt sich kurz darauf der Polizei in London. Bis zur Entscheidung über einen Auslieferungsantrag Schwedens kommt er gegen Kaution auf freien Fuß.
2011
Im Februar gibt ein britisches Gericht dem schwedischen Auslieferungsantrag statt. Assange äußert sich besorgt: Er befürchtet, dass Schweden ihn an die USA ausliefern könnte.
2012
Assange flieht im Juni in die Botschaft Ecuadors in London und beantragt erfolgreich politisches Asyl.
2016
Vor der US-Präsidentschaftswahl veröffentlicht WikiLeaks rund 20.000 E-Mails aus dem Parteiapparat der Demokraten. Sie stammen aus dem Wahlkampfteam der Kandidatin und früheren Außenministerin Hillary Clinton, welche die Wahl letztlich gegen den Republikaner Donald Trump verliert.
2017
Die Staatsanwaltschaft in Schweden stellt die Ermittlungen gegen Assange ein.
Bildergalerie: Hier fliegt Julian Assange in die Freiheit
Galerie ansehen2018
Ecuador erklärt, es sei auf der Suche nach einem Vermittler, um Assanges "unhaltbare" Situation zu beenden. Im März kappt das Botschaftspersonal dann Assanges Kommunikationszugänge. In den USA taucht ein Dokument auf, wonach gegen Assange offenbar heimlich Anklage erhoben wurde.
2019
Ecuadors Präsident Lenín Moreno erklärt, Assange habe die Auflagen für sein Botschaftsasyl "wiederholt verletzt". Nach sieben Jahren in der Botschaft nimmt die britische Polizei Assange im April fest, nachdem ihm zuvor das Asyl entzogen wurde. Im Mai wird der Australier zu 50 Wochen Haft wegen Verstoßes gegen Kautionsauflagen verurteilt.
Ende Mai verschärft die US-Justiz ihre Anklage gegen Assange. Dem WikiLeaks-Gründer werden nun auch Verstöße gegen Anti-Spionage-Gesetze vorgeworfen. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 175 Jahre Gefängnis.
- Lesen Sie auch: Australiens Premier: Diplomat begleitet WikiLeaks-Gründer
2020
Ende Februar beginnt in London die Hauptanhörung im Auslieferungsverfahren gegen Assange. Im April wird bekannt, dass der WikiLeaks-Gründer während seines Asyls in der Botschaft von Ecuador zwei Mal Vater wurde. Das enthüllt die Mutter der beiden kleinen Buben, Stella Moris. Sie war Mitglied von Assanges Anwaltsteam.
Anfang September wird das wegen der Corona-Pandemie unterbrochene Auslieferungsverfahren fortgesetzt. Ein Psychiater bescheinigt Assange vor Gericht eine Suizidgefährdung. Der Australier sei hochgradig depressiv und habe Halluzinationen.
2021
Das zuständige Londoner Gericht entscheidet am 4. Jänner, dass Assange nicht in die USA ausgeliefert werden darf. Wegen der strikten Haftbedingungen in den Vereinigten Staaten bestehe das "beträchtliche" Risiko, dass sich Assange im Gefängnis das Leben nehmen könnte. Die US-Regierung legt Berufung ein.
Im Dezember gibt der High Court in London der US-Seite Recht und hebt das Auslieferungsverbot auf. Kurz darauf gibt Assanges Verlobte bekannt, dass der WikiLeaks-Gründer Ende Oktober einen leichten Schlaganfall erlitten habe.
2022
Assange zieht im Jänner vor den Supreme Court in London. Am 14. März entscheidet der Oberste Gerichtshof jedoch, sich nicht mit dem Berufungsantrag des Australiers gegen seine Auslieferung zu befassen.
Am 23. März heiraten Assange und Moris. Sie geben sich im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im Süden Londons das Ja-Wort.
Am 20. April erlässt der Westminster Magistrates' Court schließlich einen Auslieferungsbeschluss. Am 17. Juni unterzeichnet die konservative Innenministerin Priti Patel die entsprechende Anweisung zur Auslieferung. Dagegen legt Assange Anfang Juli Berufung ein.
2024
Im Februar 2024 wird vor dem High Court in London zwei Tage über die Gewährung eines erneuten Einspruchs Assanges gegen seine Auslieferung verhandelt. Eine Entscheidung wird vertagt. Das Gericht fordert von den USA Garantien, dass Assange bei einem Verfahren in den USA unter dem Schutz der Gesetze zur Meinungsfreiheit stehe und ihm nicht die Todesstrafe drohe.
Im April erklärt US-Präsident Joe Biden, dass die USA ein australisches Ersuchen prüfen, die Strafverfolgung von Assange zu beenden.
Am 20. Mai entscheiden die Richter am Londoner High Court, dass die Garantien nicht ausreichen und erlauben Assange, noch einmal in Berufung zu gehen.
Am 25. Juni wird bekannt, dass Assange mit dem US-Justizministerium eine Einigung erzielt hat, wonach er sich in dem Spionageskandal teils schuldig bekennen will und ihm im Gegenzug eine weitere Haft in den USA erspart bleiben soll. Bereits am Nachmittag des Vortages hat der 52-Jährige laut WikiLeaks Großbritannien verlassen. Am 26. Juni soll auf den Nördlichen Marianen - einem US-Außengebiet im Westpazifik - ein Gerichtstermin stattfinden, bei dem die Einigung über seine Freilassung mit den US-Justizbehörden abgesegnet werden könnte. Damit könnte Assange in seine Heimat Australien zurückkehren.
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Zuerst muss er seine Unschuld mit einem US- Schuldgeständnis für seine Freiheit schriftlich betätigen und bleibt aber lebenslang ein verurteilter US-Kriegsverbrecher.