Wird die NATO Donald Trump überleben?
WASHINGTON. Vor dem heutigen Gipfel in Brüssel wächst die Sorge um die Zukunft des westlichen Militärbündnisses
Donald Trump schreibt Brandbriefe, stänkert vor seinen Anhängern gegen die Verbündeten und trifft sich nach dem heute beginnenden NATO-Gipfel demonstrativ mit Wladimir Putin. Auf beiden Seiten des Atlantiks wächst die Sorge um die Zukunft des Bündnisses.
Kay Bailey Hutchison verbreitet vor dem heutigen NATO-Treffen in Brüssel Zuversicht. "Das wird ein sehr substantieller Gipfel, mit viel Fleisch am Knochen", prophezeit die amerikanische NATO-Botschafterin. "Die NATO macht viele der Dinge, die der Präsident verlangt hat", lobt sie.
Tatsächlich gäbe es auch allen Grund für Trump, zufrieden zu sein. Dank gemeinsamer Anstrengungen haben die 29 Partnerstaaten ihre Verteidigungsbereitschaft in den vergangenen Monaten erheblich verstärkt. Langsam, aber stetig bewegen sich die Mitglieder auf das 2014 beschlossene Ziel zu, binnen zehn Jahren ihren Anteil an den Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern. Doch die Realität ist eine andere. Den beruhigenden Worten stehen auf beiden Seiten des Atlantiks greifbare Ängste vor dem Gipfeltreffen in Brüssel gegenüber. "Wird die NATO Trump überleben?", bringt die Washington Post die verbreitete Unsicherheit auf den Punkt.
Eine Frage der Sicherheit
Trump, so versichern NATO-Diplomaten, habe keine Anweisungen erteilt, für Brüssel einen strategischen Schwenk vorzubereiten. Doch ganz offenkundig besteht ein Widerspruch zwischen diesen Rückversicherungen und der Rhetorik des Präsidenten.
Trump gab zuletzt Einblick in sein Denken. Wenige Tage nachdem US-Medien über einen Rückzug der 35.000 US-Soldaten aus Deutschland berichtet hatten und Beschwerdebriefe bezüglich der Höhe der Beitragszahlung an die NATO in Berlin und anderen Hauptstädten eingingen, stellte der US-Präsident öffentlich die Sicherheitsgarantien für Europa in Frage. Er habe "Angela" gesagt: "Ich kann es dir nicht garantieren, aber wir beschützen dich." Einmal mehr las der Präsident Deutschland wegen dessen geringen Verteidigungsausgaben die Leviten. Und verknüpfte dann seine Klage über den angeblich unfairen Handel mit dem, was er für sicherheitspolitisches Schmarotzertum hält. "Die töten uns beim Handel ... die bringen uns mit der NATO um."
Experten weisen darauf hin, dass diese Klage vorher auch andere US-Präsidenten erhoben hatten. Neu ist die Art, wie Trump das Thema benutzt, um das Bündnis aktiv zu unterminieren. Der "America first"-Präsident erwischte die Optimisten schon vergangenen Monat beim G7-Gipfel auf dem falschen Fuß. Diesmal drohen Konsequenzen für die Sicherheit in Europa, falls Trump bei dem anschließenden Gipfel mit Putin Zugeständnisse bei der Krim macht.
Der frühere Botschafter Italiens bei der NATO, Stefano Stefanini, spricht aus, was viele befürchten. "Wenn er Sicherheit und Handel verknüpft, kann das die Basis der NATO zerstören." (spang)