Brisante Enthüllungen eines Mafiabosses
ANKARA. Türkei: Der flüchtige Pate Peker erschüttert mit seinen YouTube-Videos das System Erdogan.
Waffen, Morde, Drogen: Der flüchtige Mafiapate Sedat Peker rechnet in YouTube-Videos mit der türkischen Regierung ab und bringt damit auch Staatspräsident Erdogan in ernste Bedrängnis. Die Türkei ist zutiefst erschüttert. Die Affäre droht sich zu einer Staatskrise auszuweiten.
Bislang hat der türkische Pate acht Videos ins Netz gestellt. Jedes ist etwa eine Stunde lang. Und was Peker darin erzählt, zieht das ganze Land in seinen Bann. Allein sein letztes Video wurde mehr als 14 Millionen Mal geklickt.
Die Anschuldigungen haben es in sich: Der per internationalem Haftbefehl gesuchte Peker, der sich laut eigenen Angaben in die Vereinigten Arabischen Emirate abgesetzt hat, zeichnet ein Bild von der Türkei als ein Land, das von der Mafia regiert wird. Immer wieder spricht er vom "tiefen Staat", der verantwortlich für zahlreiche Morde an Kurden, oppositionellen Politikern, Linken und Journalisten sein soll. Es geht um ein Netzwerk zwischen Politik, Sicherheitsorganen und der Unterwelt. Seine Vorwürfe richten sich auch gegen enge Vertraute Erdogans, insbesondere gegen Innenminister Süleyman Soylu.
Beweise für seine Anschuldigungen legte der Mafiaboss bislang nicht vor. Doch Peker hat auch wenige Gründe, nicht die Wahrheit zu erzählen. Er sitzt im Exil, im schlimmsten Fall für ihn bis an sein Lebensende. Beobachter vermuten, dass er zurück zu seiner Familie in die Türkei und sich Amnestie erpressen will.
Warum schaut Erdogan zu?
Für Erdogan kommen die Peker-Videos zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Seine Umfragewerte sind angesichts hoher Arbeitslosigkeit und Rekordinflation ohnehin im Sinkflug. Schon jetzt hat Erdogans islamisch-konservative Regierungspartei AKP ohne die Unterstützung der ultranationalistischen MHP keine Mehrheit im Parlament. Doch auffällig ist, dass die Regierung Pekers Videos bisher nicht gesperrt hat, obwohl sie in der Regel mit teils harter Hand gegen regierungskritische Äußerungen vorgeht. Einige Beobachter sind daher der Ansicht, dass es dem Staatschef vielleicht gar nicht so unrecht ist, dass Innenminister Soylu demontiert wird. Immerhin wurde der Minister schon als Erdogans Nachfolger gehandelt und genießt große Beliebtheit. (hei)