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Justiz-Kommission: Jeder Verdacht wurde bestätigt

Von Lucian Mayringer, 15. Juli 2024, 17:32 Uhr
Justiz-Kommission: Jeder Verdacht wurde bestätigt
Leiter Martin Kreutner mit Kommissionsmitgliedern Angelika Prechtl-Marte und Peter Küspert Bild: APA/Max Slovencik

WIEN. Causa Pilnacek: Gremium spricht von politischen Interventionsversuchen und dem Versuch, die WKStA aufzulösen.

WIEN. Die von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) eingesetzte Untersuchungskommission zu mutmaßlichen Fehlentwicklungen in der Amtszeit des verstorbenen Sektionschefs Christian Pilnacek hat einen 230-seitigen Bericht vorgelegt. Das Fazit von Kommissionsleiter Martin Kreutner: Der Befund bestätige alle Verdachtsmomente.

Was war der Auslöser für diese Untersuchung?

Ein heimlich mitgeschnittener Dialog vom 28. Juli 2023, in dem Pilnacek Versuche von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, ihn zum "Abdrehen" von für die ÖVP unangenehmen Verfahren zu bewegen, beschreibt. Sein Nachsatz: "Die können froh sein, dass ich nicht irgendwelche Dinge sag."

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Um welche Vorwürfe ging es konkret?

Ob dazu nicht berechtigte Personen versucht haben, an Informationen zu kommen oder sie weiterzugeben. Ob (in Verfahren) in unsachgemäßer Weise Einfluss genommen wurde und ob es Auffälligkeiten dabei gab. Ob es Vorgänge gab, die mit den Compliance-Regeln in der Justiz unvereinbar sind. Und ob besonders in der Justizverwaltung von politischen Parteien oder diesen nahestehenden Personen Einfluss genommen wurde.

Welcher Zeitraum und welche Fakten wurden beleuchtet?

Es ging um Pilnaceks Amtszeiten als Generalsekretär und Sektionschef zwischen 2010 und 2023. Akten aus dem Ministerium, aus U-Ausschüssen, ein privater Laptop mit vielen Verschlussakten und das erwähnte Tondokument wurden gesichtet. Dazu berichtete Kreutner von freiwilligen Interviews mit mehr als 60 Personen, viele aus der Justizverwaltung sowie "Whistleblower"-Hinweisen.

Zu den Schlussfolgerungen: Wieso spricht die Kommission von fehlender Distanz der Justiz zur (Partei-)Politik?

Der ehemalige Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, Peter Küspert, nannte ein Treffen Pilnaceks mit Beschuldigten in der Casag-Affäre. Dessen Beratung von Ex-Finanzminister Gernot Blümel (VP) oder vertrauliche Informationen über Hausdurchsuchungen führte Küspert auf "pseudoamikale Strukturen", "Seilschaften" und "politische Anbiederung" zurück.

Nicht alle Wege hätten übrigens zur VP geführt, sagte Kreutner. Es betreffe auch andere Parteien mit "Langzeitmachtanhäufung". Ein weiteres Phänomen sei "die Neigung, in geschlossenen Organisationen, Mitglieder der eigenen Gruppe zu begünstigen", so Küspert. Er verwies dabei auf einen Chat zwischen OGH-Vizepräsidentin Eva Marek und Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter (VP).

Und die Empfehlungen dazu?

Eine sei erfüllt und müsse dauerhaft bleiben: die Aufteilung von Pilnaceks "Supersektion" aus Strafsachen und Legistik. Kreutner, der die Mehrheit der Staatsanwälte als höchst integer bezeichnete, schlug eine gemeinsame Erklärung für Distanz zur Politik vor.

Worin lag die "Schwächung" der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft?

Im Zuge der Recherchen sei man auf "konkrete parteipolitische Bestrebungen" zur Schwächung und Zerschlagung der WKStA gestoßen, heißt es im Bericht. Angelika Prechtl-Marte (Leiterin des Landesgerichts Feldkirch) berichtete vor allem bei prominenten Fällen von Personalmangel, Datenflut, Auslandsbezügen und teils "sachfremder Einflussnahme". Die Rede ist auch vom ungelösten Spannungsfeld zwischen Dienst- und Fachaufsicht und von einem informellen "Führungszirkel" im Justizministerium.

Und die Lösung für die WKStA?

Zunächst empfiehlt die Kommission eine Personalaufstockung. Ein "Bundes-Nadelöhr" sei, dass für die WKStA als Oberbehörde die Oberstaatsanwaltschaft Wien zuständig sei. Das gelte es herauszulösen. Zur Beschleunigung prominenter Fälle empfiehlt man die Reduktion des staatsanwaltschaftlichen Instanzenzugs auf zwei. Das Weisungsrecht soll vom Justizministerium an eine Generalstaatsanwaltschaft als mehrköpfiges Gremium wandern.

Was sagt die Justizministerin zu den Vorschlägen der von ihr eingesetzten Kommission?

Zadic will die Ergebnisse "ernst nehmen". Das gilt vor allem für die Generalstaatsanwaltschaft, die bisher gescheitert ist, weil Zadic die Macht in einem Senat verteilt haben will und die VP eine einzelne Person an der Spitze. Die Kanzlerpartei will den Bericht erst nach Veröffentlichung beurteilen. Was den Vorwurf politischer Interventionsversuche betrifft, sieht VP-Generalsekretär Christian Stocker mehrere Parteien betroffen.

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Autor
Lucian Mayringer
Redakteur Innenpolitik
Lucian Mayringer

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4  Kommentare
4  Kommentare
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tim29tim (3.357 Kommentare)
vor 4 Stunden

Laut Herrn Kräutler im Journal soll der Rote oder Blaue Sicherheitssprecher bei Pilnacek interveniert haben.

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Robie (4 Kommentare)
vor 5 Stunden

Haben Sie oder Ihr Ministerium Kenntnis davon, dass der damalige Leiter des BIA Mag. Martin Keutner an Jagdeinladungen durch den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly teilgenommen hat? Wenn ja, woher haben Sie oder Ihr Ministerium davon Kenntnis erlangt und von wie vielen dieser „Einladungen“ haben Sie oder Ihr Ministerium Kenntnis?



2. Im Korruptionsuntersuchungsausschuss gestand Mag. Kreutner ein, zumindest an eine Jagdeinladung incl. „Gesellschaftsprogramm“ teilgenommen zu haben. Wurden nach den Aussagen im Korruptionsuntersuchungsausschuss durch das BMJ gegen Mag. Kreutner strafrechtliche (zB. § 153a StGB oder §§ 302 StGB ff) Ermittlungen eingeleitet?
Ist das der Herr der jetzt die Untersuchungskommission leitet.?

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CedricEroll (11.783 Kommentare)
vor 6 Stunden

Um die Relativierung geradezurücken: Von 2008 bis 2019 gab es nur ÖVP-Justizminister. Ja, es waren auch "parteilose" darunter, sie waren aber von der ÖVP nominiert und ihr klar zuzuordnen. Sie hatten lediglich formal kein Parteibuch.

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vinzenz2015 (47.480 Kommentare)
vor 7 Stunden

Verdacht wurde bestätigt!

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