Ex-Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek ist tot
WIEN. Der suspendierte Sektionschef des Justizministeriums, Christian Pilnacek, ist in der Nacht auf Freitag im Alter von 60 Jahren gestorben. Das Justizministerium bestätigte auf APA-Anfrage einen Online-Bericht des Nachrichtenmagazin "profil".
Pilnacek war viele Jahre einer der einflussreichsten Beamten des Landes. Mit seiner Bestellung zum Generalsekretär im Justizministerium unter der türkis-blauen Regierung wurde Pilnacek offiziell das, was er in den vergangenen Jahren de facto war: der mächtigste Sektionschef im Justizministerium.
Justizministerin Alma Zadic (Grüne) zeigte sich in einer der APA übermittelten Stellungnahme vom Tod Pilnaceks erschüttert und nannte ihn einen "fachlich äußerst versierten Juristen, der mit seiner Expertise einen großen Beitrag zur Weiterentwicklung der Straflegistik geleistet hat". Pilnacek galt als ausgewiesener Strafrechtsexperte, der seine Expertenwissen bei zahlreichen Reformprojekten einbrachte.
Gleichzeitig schreckte er nicht davor zurück, sich mit den ihm unterstellten Staatsanwälten anzulegen. Mit dem mittlerweile legendären Satz "Setzts euch z'samm und daschlogts es, aber das hättet ihr vor drei Jahren machen können" hatte er etwa Anklagevertreter aufgefordert, sich in der Eurofighter-Causa nicht mit keinen Erfolg versprechenden Ermittlungssträngen aufzuhalten und diese Teile einzustellen.
Justizintern galt Pilnacek stets als Reizfigur, die nicht mit ihrer Meinung hinter dem Berg hielt. Die von den Staatsanwälten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mitgeschnittene Aussage zu dem Eurofighter-Verfahren führte zu einer letztlich folgenlos gebliebenen Anzeige wegen Amtsmissbrauchs. Speziell mit der WKStA focht der Sektionschef seine Sträuße aus.
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Die Jahre seit 2019 waren für Pilnacek vor allem geprägt von seinen Auseinandersetzungen mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sowie seiner Suspendierung unter Zadic im Jahr 2021. Der gegen ihn gerichtete Vorwurf lautete auf Verletzung des Amtsgeheimnisses. Im Zuge der Auswertung seiner beschlagnahmten Handys gelangten in weiterer Folge Chat-Nachrichten an die Öffentlichkeit, in denen er sich etwa erkundigt, wer den damaligen Finanzminister Gernot Blümel (VP) auf seine Beschuldigtenvernehmung vorbereitet („Wer vorbereitet Gernot auf seine Vernehmung?“).
Dafür wurde er im April von der Bundesdisziplinarbehörde zu einer Geldstrafe verurteilt. In zwei weiteren Punkten wurde er disziplinarrechtlich freigesprochen.
Video: ORF-Analyse zum Tod von Christian Pilnacek
Geboren wurde Pilnacek im November 1962. Im Alter von 30 Jahren wurde er 1992 zum Richter ernannt und dann der Straflegislativsektion des Justizministeriums zugeteilt. Nach sechs Jahren im Ministerium wechselte er zurück in die praktische Anwendung, 1998/99 war er Richter am Landesgericht Korneuburg. Ab Oktober 1999 arbeitet er im Justizministerium.
Unter Pilnacek wurde die Strafprozessordnung in einer Reform, die 2008 in Kraft trat, maßgeblich überarbeitet. Die damaligen Untersuchungsrichter wurden abgeschafft, die Staatsanwaltschaften massiv aufgestockt und verfassungsrechtlich als Organe der Gerichtsbarkeit verankert. Die Rechte sowohl von Opfern als auch von Beschuldigten wurden verstärkt. Im September 2010 übernahm Pilnacek die Leitung der damals neu geschaffenen Strafrechtssektion (Legislative und Einzelstrafsachen).
Pilnacek hinterlässt seine Ehefrau, ebenfalls Juristin, sowie drei erwachsene Kinder aus erster Ehe.