"Schönheitspreis bekommen wir keinen"
LINZ. Thomas Stelzer über seinen neuen Job als Landeshauptmann-Stellvertreter, Flügelkämpfe in der ÖVP, Führungsqualität und seinen CV-Couleurnamen "Wotan".
Er ist der designierte Nachfolger von Landeshauptmann Josef Pühringer (VP) und seit 23. Oktober auch Landeshauptmann-Stellvertreter in der Regierung. Dass ihm Machtbewusstsein nicht fremd ist, zeigt Thomas Stelzer im Interview mit den OÖNachrichten.
OÖNachrichten: Herr Landeshauptmann-Stv., Sie mussten lange Geduld haben, bis Sie in die Regierung einziehen konnten. Genießen Sie es jetzt?
Thomas Stelzer: Ich habe als Klubobmann ja bisher schon an einer Schaltstelle gearbeitet, aber ich freue mich schon über den Schritt in die Regierung und das große Ressort, das ich jetzt habe.
Ihr Vorgänger Franz Hiesl hat einen sehr robusten Führungsstil gelebt. Wie führen Sie Ihre Ressorts und Ihre Mitarbeiter?
Mir ist wichtig, dass die Mitarbeiter wissen, dass sie einen Personalreferenten haben, der im selben Boot sitzt, trotzdem einiges verlangt und um Verständnis wirbt, dass man immer auch Erneuerungsprozesse braucht.
Sehen Sie in der Landesverwaltung noch Einsparpotenzial?
Die großen Reformschritte haben wir beim Personal schon gemacht. Da sind immerhin 650 Posten eingespart worden. Wenn man hier noch weiter gehen möchte, müsste man auch darüber reden, ob die Aufgaben reduziert werden. Sonst sind wir am Limit angelangt.
Sie kommen aus einfachen Verhältnissen, haben sich vieles hart erarbeiten müssen. Prägt das?
Mit Sicherheit. Meine Eltern haben mir viel ermöglicht, in mich investiert. Und das haben sie sich wirklich absparen müssen. Das prägt.
Wie wichtig ist Leistung für Sie?
Sehr wichtig. Wenn du etwas erreichen willst, musst du viel einbringen. Und man darf beim ersten Gegenwind nicht aufgeben.
Apropos Gegenwind: Die ÖVP hat in den vergangenen Wochen ordentliche Dämpfer hinnehmen müssen. Einerseits bei der Landtagswahl, danach mit dem innerparteilichen Chaos. Wie weit fühlen Sie sich mitverantwortlich?
Chaos würde ich das nicht nennen, Dämpfer durchaus. Wenn man mit an der Spitze ist, ist man mitverantwortlich. Da will ich mich nicht abputzen. Führungsqualität beweist sich, wenn es enger wird. So wie jetzt bei uns. Wenn wir diese Phase miteinander gut durchstehen, legen wir die Grundlage, dass wir wieder die unumschränkte Nummer eins im Land sind.
Sie wehren sich gegen den Ausdruck Chaos, aber optimal ist die Geschichte nicht gelaufen. Sind da alle Wunden schon verheilt?
Das kann ich nicht sagen. Aber ich bemühe mich, damit wir alle wieder zueinanderfinden. Klar ist: Schönheitspreis bekommen wir keinen dafür, wie das gelaufen ist.
Die ÖVP hat die letzte Frau aus der Regierung gewählt. Wie hoch schätzen Sie den Schaden ein, der damit entstanden ist?
Ich verstehe die Verärgerung. Ich werde mich bemühen, dass wir jetzt bewusst Frauen positionieren – etwa in Aufsichtsräten landesnaher Unternehmen.
Es gibt in der ÖVP eine Spaltung: Der Wirtschaftsbund fordert einen deutlicheren Reformkurs und einen starken Standort-Landesrat für Wirtschaft samt Forschungs- und Wissenschaftsagenden. Ist es denkbar, dass Sie diese Agenden abtreten?
Wir haben in das Standort-Ressort ordentlich investiert, indem der große Energiebereich und das Sachverständigenwesen zum Wirtschaftsressort gekommen ist. Da kann man viel bewegen.
Das heißt: Keine Chance, die Forschung bleibt bei Ihnen?
Jetzt ist es einmal so, ja.
Eine zweite Variante, die von der Wirtschaft gefordert wird, ist eine Wiederbelebung des Modells Pühringer/Leitl, in dem neben dem Landeshauptmann ein starker zweiter Mann die Wirtschafts- und Finanzagenden hatte. Ist so eine Konstellation beim Duo Stelzer/Strugl möglich?
Wie das einmal aussehen wird, da gibt es jetzt noch keine Festlegungen – weil man auch nicht weiß, welche personellen Konstellationen es dann gibt.
Sollte der Landeshauptmann das Finanzressort haben?
Nach all dem, was ich bei Josef Pühringer miterlebe, ist das schon ein wichtiges Zeichen. Es stärkt die Position des Ersten.
Hat Ihr Verhältnis zu Michael Strugl in den vergangenen Wochen gelitten, immerhin soll er es gewesen sein, der Sie in die Politik geholt hat?
In der Politik war ich schon vorher, neun Jahre lang als Landesobmann der Jungen ÖVP. Er war es, der mir angeboten hat, hauptberuflich einzusteigen. Gelitten hat unser Verhältnis aus meiner Sicht nicht. Wir verstehen uns nach wie vor und stimmen uns auch ab.
Ein Grund, warum man sich für Schwarz-Blau entschieden hat, war, dass man in dieser Konstellation große Reformen bewegen kann. Derzeit deutet aber noch nichts darauf hin.
Jetzt sind wir grad einmal zwei Wochen im Amt ...
Na ja, aber etwas offensiver hätte man einige Dinge schon formulieren können – den Landesschulrat unverändert zu lassen ist z. B. kein Signal, das auf viel Veränderung schließen lässt.
Jetzt warten wir einmal ab, was die für 17. November angekündigte Bundes-Bildungsreform bringt. Wenn da zu wenig kommt, müssen wir im Land etwas tun.
Ihre Frau ist Unternehmerin und oft an Ihrer Seite. Hören Sie in politischen Fragen auch auf ihre Meinung?
Wir reden über Grundsätzliches und tagesaktuelle Themen. Klar hat eine Unternehmerin zu gewissen Fragen einen anderen Zugang.
Sie sind auch CV-Mitglied. Ihr Couleurname "Wotan" lässt nicht gerade auf Understatement schließen ...
Ich bin nicht von übertriebenem Selbstbewusstsein gequält, aber es ist auch nicht so, dass ich mein Licht dauernd unter den Scheffel stelle. Der Name ist wie oft bei solchen Verbindungen eine zufällige Geschichte gewesen.
Zeit für die Familie
So wie jeder Mensch in einem Spitzenjob habe auch er nie genug Zeit für die Familie, sagt der 48-jährige Thomas Stelzer, der mit Gattin Bettina und den beiden Kindern in Wolfern wohnt. Er reserviere sich aber Freiräume am Wochenende und nehme sich Zeit für Schulaufführungen oder Fußballspiele seiner Kinder. „Sonst kommt man in ein Fahrwasser, dass man das Familienleben wirklich ausblendet. Und das wäre gefährlich“, sagt Stelzer.
In der Landesregierung ist Stelzer für die Ressorts Personal, Bildung, Forschung, Wissenschaft und Frauen verantwortlich.
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