"Das ist Verrat an der Filmkunst"
Scorseses "Irishman" gilt als der Höhepunkt des Filmjahres. Finanziert hat die Arbeit Netflix, das mit seiner Verleihstrategie heimische Kinos ausbootet.
Am 15. November soll der Film ins Kino kommen, der für Publikum und Branche als der Höhepunkt der Saison gilt und somit wohl im Oscar-Rennen mitmischen wird: "Irishman" von Martin Scorsese – ein Mafia-Epos, ersten Kritiken nach gar besser als "Good Fellas" (1990). "Irishman" ist eine Produktion des US-Streaming-Diensts Netflix, der fünf Filme bei uns auf die Leinwand bringen will (siehe unten).
Wenn die Zusammenarbeit zwischen Netflix und den heimischen Kinos dabei aber so läuft wie beim ersten, folgt nur eine weitere Lektion darin, wie Netflix weder filmischer Kultur noch nationalen Kinomärkten und -sehern dient, sondern bloß seinen werbe- und gewinnorientierten Strategien.
Denn der besagte Film, das Panama-Papers-Drama "The Laundromat" mit Meryl Streep, läuft bereits. Aber nur in einem von 25 Kinos in Oberösterreich, dem Moviemento Linz, bis gestern drei Mal. Dabei wird es wohl auch bleiben.
Normalerweise würde ein Film dieser Güte in fast allen Häusern mehrere Wochen lang projiziert. Die OÖN fragten trotzdem um eine Pressevorstellung an, Netflix verweigerte. Dass "Irishman" das gleiche Schicksal erfahren könnte – einen Filmstart quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit –, bereitet Moviemento-Chef Wolfgang Steininger keine Freude. "Ein derart epochales Werk nur halbherzig ins Kino zu bringen, ist Verrat an der Filmkunst", sagt er.
"Netflix verfolgt bei regulär angebotenen Kinospielfilmen eine fragwürdige Strategie, die wir sehr kritisch betrachten. Sie zielt aus unserer Sicht nur darauf ab, Kinoabspielstätten zu finden, damit Netflix-Filme auch auf Festivals gezeigt werden können, um damit eigene Marketing-Pläne zu verfolgen", sagt Mario Hueber, Chef des Megaplex Pasching. Ein Spiel, das Kinos zu Werbestätten mit vorgegebenen Zeitfenstern (maximal zwei Wochen) für darauf folgende Starts auf Netflix und zu Türöffnern in den Filmkultur-Zirkus macht. Ohne US-Start kann auch kein Film ins Oscar-Rennen geschickt werden. Hueber hat das Angebot, "Irishman" zu zeigen, abgelehnt: "Einen Spielfilm ins Kino zu werfen, damit er dort auch einmal war, geht für uns in die falsche Richtung. Es gehört viel mehr dazu." Trotz mehrerer Versuche der OÖN hat Netflix auf Anfragen zum Thema nicht reagiert.
Netflix-Filme für das Kino
The Laundromat: bereits gelaufen, ab 18. 10. auf Netflix
The King: Shakespeare-Drama mit Robert Pattinson, Kino: ab 18. 10., Netflix: 1. 11.
The Irishman: mehr im Text, Kino: 15. 11., Netflix: 27. 11.
Marriage Story mit Scarlett Johansson, Adam Driver, Kino: 22. 11., Netflix: 6. 12.
Die zwei Päpste: mit A. Hopkins, Kino: 6. 12., Netflix: 20. 12.
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Recht hat Netflix.
Aber zu schreiben, dass es schlecht sei, dass Netflix nicht den heimischen Kinos und Sehern dient, sondern bloß seinen werbe- und gewinnorientierten Strategien verfolgt, finde ich falsch.
- Netflix dient nicht den Kinos
- Netflix dient nicht den Möchtegernkritikern
- Netflix dient nur dem Seher und schließlich ist der es, welcher die Filmkultur genießen will und nicht die Kinos oder die Kritiker. Ich bekomme weder bei Megaplex, noch bei Netflix den Film umsonst geliefert.
Aber einen Film im Kino zu sehen, als im Fernsehen ist schon etwas anderes.
Was soll das für ein Argument sein?
Wer hindert Netflix daran, den Film gleichzeitig zum normalen Kinostart selbst zu senden, aber den Kinofreunden dennoch mehrere Wochen Zeit zu lassen, den Film in mehreren Kinos im ganzen Land zu sehen?
Sie reden davon, dass der Seher die Filmkultur genießen will. Genau darum geht es. Einen Film nicht im Kino zu zeigen (drei Tage in einem einzigen Kino in ganz OÖ zählt als nichts) und stattdessen nur auf dem kleinen Bildschirm zu streamen, hat mit Filmkultur absolut gar nichts zu tun.
Das ist wirklich Verrat an der Filmkunst. Schade, dass ein genialer Regisseur wie Scorsese da mitmacht.
Der Hinweis auf den Preis ist geradezu lächerlich, noch dazu, wo Sie selbst sagen, dass der Film weder im Kino noch auf Netflix gratis ist.
Völlig abgesehen davon, dass ich es ja sowieso nicht verstehen kann, wie sich jemand Filme, die für die große Leinwand gemacht sind, lieber auf dem Laptop (oder noch schlimmer: auf dem Smartphone) anschaut.
Schade, dass es für die „Redakteurin“ keine Freikarten gab, sonst hätten wir an dieser Stelle sicherlich etwas mehr über den Film "Irishman" erfahren...
Sinnerfassend lesen hilft.
Es gab keine Pressevorführung.