Hör mal, wer da spricht: Was ein Kind braucht, um Sprechen zu lernen
"Eltern setzen sich heutzutage viel bewusster mit der Sprachentwicklung ihrer Kinder auseinander", sagt Kinderlogopädin Carina Kittelberger. Im Internet und in den sozialen Netzwerken stoßen sie auf eine Fülle von Informationen zum Thema und suchen früher Unterstützung, wenn beim Sprechenlernen Auffälligkeiten auftreten. Mit der "Sprecherei" betreibt die Wienerin selbst einen sehr erfolgreichen Instagram-Kanal, rund 130.000 Interessierte verfolgen dort Kittelbergers Tipps zur Sprachentwicklung. "Viele Eltern wollen wissen, wie sie ihr Kind im Alltag spielerisch fördern können, ohne es zu überfordern. Ganz häufige Fragen sind: Wann kommen die ersten Wörter, wann sollte ein Laut korrekt ausgesprochen werden? Braucht mein Kind Hilfe?" In ihrem neuen Ratgeber "Kleine Sprachhelden" zeigt die Logopädin auf, wie Kinder im Alter bis zu fünf Jahren das Reden erlernen.
Sprachleiter
Um dies besser verständlich zu machen, nutzt die Expertin gerne das Bild einer "Sprachleiter": "Die Leiter benötigt einen stabilen Boden, das Sprachverständnis", erklärt Kittelberger. Ein Kind kann erst nach einem Löffel fragen, wenn es weiß, was ein Löffel ist. Mit dieser soliden Grundlage kann es die Leiter hochklettern zu den Meilensteinen des Sprechens – zur Imitation hin zum Brabbeln, zu einzelnen Wörtern und Kombinationen mit mehreren Wörtern. Die unteren Sprossen müssen fest und sicher sein, damit das Kind auch die oberen erreicht, dazu gehören später auch das Lesen, Schreiben oder das Lernen.
Damit Probleme bei der Sprachentwicklung besser erkannt würden, seien Grenzsteine für Eltern eine gute Orientierung, so die Logopädin. Sie zeigen jenen Zeitpunkt, an dem 90 Prozent der Kinder einen Entwicklungsschritt erreicht haben – eine Übersicht listet die Autorin in ihrem Buch auf. Einen wichtigen Grenzstein markiert der zweite Geburtstag: In diesem Alter sollte ein Kind mindestens 50 Wörter sprechen und Zwei-Wort-Sätze bilden können. "Grenzsteine sind eine Art Frühwarnsystem. Erreicht sie das Kind nicht, sollte das mit dem Kinderarzt oder einem Logopäden besprochen werden", rät Kittelberger. Auch wenn in einem gewissen Alter Laute falsch eingesetzt werden, wenn andere das Kind schwer verstehen oder wenn es nicht gerne spricht, sollte Unterstützung gesucht werden.
Und bei falscher Aussprache?
Viele Eltern sorgen sich, wenn ihr Kleinkind einen Laut nicht korrekt ausspricht. Häufig betrifft dies im Vorschulalter die Laute "sch", "ch" oder "r". Neben einer schwachen Mundmuskulatur könnte eine Ursache dafür sein, dass das Kind die Information für einen Laut falsch abgespeichert hat: "Aus ‚Schokolade‘ wird dann ‚Sokolade‘, weil der S-Laut auch in der Sch-Schublade gespeichert ist." Mit Übungen lasse sich die Lautbildung anregen, etwa: Zähne zu – Kussmund – "sch" sagen.
Wichtig ist, dass Kinder alle Laute vor Schuleintritt richtig sprechen können. Soll man denn bei falscher Aussprache korrigieren? "Prinzipiell ja, aber nicht, indem man das Kind auffordert, das Wort noch einmal richtig zu sagen, sondern indem man das Wort selbst korrekt wiederholt."