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"Air": Michael Jordan, das Aschenputtel des Sportfilms

Von Nora Bruckmüller, 05. April 2023, 19:25 Uhr
Ben Affleck als Nike-Gründer
Ben Affleck als Nike-Gründer Phil Knight Bild: Warner Bros.

Kinofilm "Air": Als Nike der Basketball-Ikone mit einem legendären Turnschuh den Hof machte

Sieht man sich diesen neuen Kinofilm an, taucht eine Frage auf: Was hätte Sonny Vaccaro, Mitarbeiter im Marketing des Unternehmens Nike, alles in der Welt bewirken können, hätte er Kampfgeist und Überzeugung für größere Dinge eingesetzt als für das, was in "Air" zum Spiel seines Lebens wird.

Sonny (Matt Damon) ist Mitte 40, wampert, weil unsportlich. Aber 1984 ist er als Basketball-Verehrer und Profi im Verkaufen von Gefühlen und Geschichten von einem unumstößlich überzeugt: Der unbekannte Michael Jordan ist das athletische Talent seiner Generation, ein Jahrhundert-Spieler. Den Burschen, heute eine 60-jährige lebende Legende, muss Nike mit einem seiner Turnschuhe ausstatten.

Blöd nur, dass das niemand hören will, geschweige glauben – weder Sonnys direkter Chef Rob Strasser (Jason Bateman) noch sein schrulliger Oberboss Phil Knight, den Regisseur Ben Affleck gibt.

Wie Sonny trotz des Widerstandes gegen eine Wand rennt, nur um von der nächsten zurückzuprallen, ist genau das, wie sich "Air", das sich an der wahren Geschichte entlang hantelt, über die Banalität erhebt, die man ihm unterstellen könnte: "Air" handelt weniger von der Erfindung eines Köders, eines Produkts, eines Turnschuhs, dem 1985er "Nike Air Jordan 1", sondern viel mehr von Menschlichem: Instinkt, Gespür, Glaube.

Natürlich kann man "Air" als Ode an den Konsum und den amerikanischen Unternehmertraum interpretieren. Doch setzt man diese dunkle Brille ab, sieht man eine Geschichte, die es an sich wert ist, erzählt zu werden. Das fällt leicht, weil das Drehbuch von Geschick zeugt, bei dem Affleck so schlau war, es nicht noch selbst zu schreiben. Hier war ihm wohl "Live by Night" (2016) eine Lehre, sein einziger Film, bei dem er produzierend, inszenierend, spielend und schreibend abstürzte. Alex Convery, ein in Hollywood fast unbeschriebenes Blatt, entwickelte eine Erzählung mit besonderem Antrieb. Eine, die es vermag, Sonnys Handlungen als universelles Spiel auf Zug zu inszenieren, das die Arbeits- und Geschäftsarenen zum Feld hinter den Kulissen des Sports macht (wie "Moneyball" oder "Jerry Maguire"). Sonny, der Außenseiter, geht in die Offensive, dribbelt Jordans Berater (Chris Messina) aus, baut auf Assists von Rob und seinem Kollegen Howard "H" White (Chris Tucker), während er nicht nur mit der Strategie des Trainers (Affleck) harmonisiert. Dann steht er vor der Abwehr: Nicht Adidas und Converse, die Jordan mit Deals umwerben, sondern dessen Mutter Deloris. "Air" stellt den jungen Jordan nicht als kompakten, vollumfänglichen Charakter dar, sondern umreißt ihn als wortkarges Phantom. So brilliert Viola Davis als Deloris, die weiß, wie sie ihrem Kind Wurzeln geben kann, die Höhenflüge ermöglichten. Dank Kostüm, Maske, Kulisse und Sound eine formidable Zeitkapsel aus den 80ern, verdichtet sich "Air" zum pointierten Vergnügen, in dem sich das Ensemble die Bälle zuspielt. Ein Sportmärchen voll Popkultur über eine royale Geschäftsehe, das Laune macht.

"Air – Der große Wurf": USA, 2023 112 Min.,
OÖN Bewertung: fünf von sechs Sternen 

 

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Autorin
Nora Bruckmüller
Redakteurin Kultur
Nora Bruckmüller

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