Monumentale Liebe
Mahlers VIII.: Sensationserlebnis mit 300 Mitwirkenden im Brucknerhaus.
Eine Aufführung von Gustav Mahlers VIII. Symphonie ist immer etwas Außergewöhnliches, geht es dabei nicht nur um das vollkommen perfekte Zusammenwirken einer gigantischen Menge an Aufführenden – am Dienstag im Rahmen des großen Abos standen mehr als 300 auf der Bühne des Brucknerhauses. Es geht auch um das Verständlichmachen eines gewaltigen geistig-literarischen Kosmos’, der nicht minder gewaltig in Musik gesetzt ist.
Es sind Extreme, die Mahler verbinden will. Texte, deren Entstehung mehr als 1000 Jahre auseinanderliegt und die der häufigste Grund der Kritik an diesem Werk sind. Und doch gibt es eine unendlich starke Verbindung – die Idee der Liebe als stiftendes und erlösendes Prinzip, gepaart mit einer Vorstellung einer höheren Gnade zu einer seelischen Reinigung und Fortdauer der Existenz nach dem Tod. Um das deutlich zu machen, gilt es, Mahlers musikalische Chiffren zu entschlüsseln. Genau hier setzt Interpretation an, denn nur über diesen Weg kann es gelingen, nicht bloß bombastische Cinemascope-Musik erschallen zu lassen, sondern tatsächlich einen weltumspannenden Kosmos unendlicher Liebe aufzutun.
Dieses Verständnis war in diesem Konzert des präzise, klangschön, konzentriert, engagiert und phänomenal ausdruckstark musizierenden Bruckner Orchesters unter dem Chefdirigenten Markus Poschner zu erleben.
Einblick in das Geheimnis
Poschner gelang es, zumindest einen kleinen Einblick in die Geheimnisse dieses Werks zu offenbaren und trotzdem ganz auf dem Boden der Realität bleibend die banale technische Komponente zu meistern, nämlich mehr als 300 Mitwirkende perfekt zu koordinieren. Mit dabei die von Petr Fiala und Alois Glaßner großartig einstudierten und höchst präzise und stimmgewaltig agierenden Chöre – der Tschechische Philharmonische Chor Brno und der Bachchor Salzburg.
Genauso beeindruckend die von Markus Stumpner geleiteten St. Florianer Sängerknaben, sowie ein profundes, in vielen Aspekten sehr überzeugendes Solistenensemble mit Meagan Miller, Michaela Kaune und Mirella Hagen (Sopran), Michaela Selinger und Janina Baechle (Alt), Vincent Wolfsteiner (Tenor), Tommi Hakala (Bariton) und Wilhelm Schwinghammer (Bass).
Fazit: Eine höchst gelungene Inszenierung eines der größten symphonischen Werke überhaupt, mit der sich das Brucknerhaus gleich zweimal problemlos füllen ließ.
Brucknerhaus: Mahlers Achte, Konzert des Bruckner Orchesters unter Markus Poschner, 21.5.
Die Erinnerung an dieses wunderbare Konzert wird noch lange andauern! Wer musikalisch etwas hätte bemängeln wollen, hätte möglicherweise das entsprechende "Haar in der Suppe" gefunden, wenn er lange genug gesucht hätte. Aber die Suche hätte vermutlich einiger Anstrengung bedurft. Kurzum: Es war ein wunderbarer, verzaubernder Abend.
Schade nur, dass sich ein Teil des Publikums nicht verzaubern lassen konnte oder wollte und sich stattdessen zum Finale hin als taub erwies - taub gegenüber der Wucht der Musik und der Texte.
Das Finale der 8. Sinfonie ist laut und grandios. Ja: sehr laut. Man überhört leicht, was Mahler hat Musik werden lassen. Doch offenbar zwingt vor allem Lautstärke dazu, wirklich noch vor dem Moment, in dem Markus Poschner abwinkt, die kaum beschreibliche Ausdruckskraft von Musik und Text im Aufbrausen des Applauses geradezu in der Alltäglichkeit versanden zu lassen? Ich durfte 90:00 min. genießen - gerne hätte ich 90:10 min genossen: noch 10 sec monumentaler Liebe.