Bericht fordert "Kulturwandel" im Theater in der Josefstadt
WIEN. Ergebnisse des Endbericht zu Vorwürfen von sexueller oder struktureller Gewalt am Theater in der Josefstadt wurde am Freitag veröffentlicht.
Zahlreiche konkrete Vorwürfe gegen Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger, weitere Regisseure und einen Schauspieler sowie strukturelles Versagen der Theaterleitung im Umgang mit Missständen führt die Executive Summary des Endberichts der Kanzlei Dorda zu Vorwürfen von sexueller oder struktureller Gewalt am Theater in der Josefstadt an, die am Freitag auf der Website des Theaters veröffentlicht wurde. Die vom Stiftungsvorstand gezogenen Konsequenzen bleiben überschaubar.
Sexuelle Belästigung und Mobbing
In mehreren Fällen gäbe es Vorwürfe, die den "Tatbestand einer sexuellen Belästigung grundsätzlich erfüllen", oder "als Mobbing oder Bossing qualifiziert werden könnten", so sie "von einem im Streitfall angerufenen Gericht für wahr erachtet werden", heißt es. Da "die Betroffenen ausdrücklich anonym bleiben wollten", werden in der zugänglich gemachten Zusammenfassung die erhobenen Vorwürfe nicht weiter konkretisiert. Im Fall des Regisseurs Föttinger wird man etwas konkreter. "Auch Herbert Föttinger wird übergriffiges, beleidigendes und herabwürdigendes Verhalten gegenüber Schauspielern und Mitarbeitern, die bei den Proben unmittelbar mitwirken, vorgeworfen. Niemand im Theater traue sich, gegen ihn das Wort zu ergreifen oder einzuschreiten."
"Umgang wird sukzessive schlechter"
"Das Vorliegen eines permanenten Angstklimas wurde von unseren Gesprächspartnern nahezu einheitlich dementiert", heißt es in dem Untersuchungsbericht, der seit der Erstvorlage im Oktober, dessen Endfassung aufgrund neuer Aussagen verschoben wurde, nun insbesondere 18 neue, über die Rechtsanwaltskanzlei Parlaw erhaltene schriftliche Stellungnahmen eingearbeitet hat. Dennoch sieht der Bericht ein Versagen der gesamten Führung des Theaters beim Entstehen eines Betriebsklimas, das u.a. so geschildert wird: "Nahezu sämtliche Interviewten berichten von (stark) verbesserungswürdiger Kommunikation im täglichen Betrieb. Der zwischenmenschliche Umgang wird während der Proben vor einer Premiere sukzessive schlechter (abwertend, übergriffig, aggressiv)." Die Empfehlungen zielten daher "auf einen erforderlichen Kulturwandel im Theater in der Josefstadt" ab. "Zu hinterfragen ist, ob ein Kulturwandel durch die bestehende Direktion erfolgen wird (können)."
Das scheint auch der Vorstand der "Theater in der Josefstadt – Privatstiftung" zu glauben, denn die in der Executive Summary geschilderten, nun vom Stiftungsvorstand veranlassten Maßnahmen sehen vor allem eine rasche stärkere Einbindung der künftigen Leitung vor. Die ab der Saison 2026/27 Föttinger in der künstlerischen Leitung ablösende jetzige Chefin des Landestheaters Niederösterreich, Marie Rötzer, soll den Maßnahmen für den angestrebten Kulturwandel besonderes Augenmerk schenken, dem Alexander Götz ablösenden künftigen kaufmännischen Geschäftsführer Stefan Mehrens soll "ehestmöglich Prokura erteilt" werden, um die empfohlenen Change-Management-Maßnahmen "unverzüglich auf allen Ebenen des Theaters umzusetzen". Personalentscheidungen setzen ab sofort das "Einvernehmen mit der designierten neuen Direktion" voraus. Bei künftigen Produktionen soll künftig besonders auf den Verhaltenskodex und eine Liste von Vertrauenspersonen verwiesen und regelmäßige Reflexions-Sitzungen abgehalten werden. Föttingers "bereits vor mehreren Monaten von sich aus erstatteten Vorschlag", bis Ende seiner Direktion keine Regie übernehmen zu wollen, wird vom Stiftungsvorstand "befürwortet".