Wenn Kunst zum Mittel der Unterdrückung wird
14 Künstler zeigen in der Ausstellung "Das Leben der Dinge" in Lauffen bei Bad Ischl, wie mit Kunst Politik gemacht wird.
Als die irakische Armee 2017 die Stadt Mossul von der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) zurückeroberte, war in den Museen kein Stein auf dem anderen geblieben. Ein Video eines Soldaten zeigte damals die Zerstörung im Mosul Museum. Genau diese Szene griff der Salzburger Künstler Markus Proschek in seinem Gemälde "Mosul Museum" auf: Zwei leere Sockel, von den Kunstwerken, die einst darauf standen, blieb nach der Besetzung durch den IS nichts zurück.
Dreiteiliges Ausstellungsprojekt
Dieses Gemälde ist eines von 14 Werk(grupp)en, die derzeit im frisch renovierten alten Marktrichterhaus nahe Bad Ischl zu sehen sind. Gestern wurde die Ausstellung "Das Leben der Dinge: geraubt – verschleppt – gerettet" im Rahmen der Kulturhauptstadt Salzkammergut eröffnet. Die Schau ist Teil des Projektes "Die Reise der Dinge", in dem sich das Linzer Kunstmuseum Lentos damit beschäftigt, wie die Nationalsozialisten ab 1944 hochrangige Kunstwerke im Salzbergwerk in Bad Aussee versteckten. Während im Lentos 80 dieser Werke zu sehen sind und in Bad Aussee der Kunsthändler Wolfgang Gurlitt (1888–1965) im Mittelpunkt steht, öffnet die Ausstellung in Lauffen den Blick auf den problematischen Umgang mit Kunst in unseren Tagen.
"Kunst und Kultur wird immer wieder von Siegern vereinnahmt, geraubt und zerstört, das ist kein Phänomen von Adolf Hitler", sagte Elisabeth Schweeger, künstlerische Leiterin der Kulturhauptstadt. Dass das Thema aktuell sei, zeige ein Blick in die Ukraine, sagte Lentos-Direktorin Hemma Schmutz, die die Ausstellung mit Markus Proschek gestaltete: "Dort müssen Museen evakuiert werden oder sie werden ausgeraubt."
In Lauffen werden auch drei Werke eines Kollektivs von Plantagenarbeitern aus dem Kongo gezeigt, die teilweise mit dem niederländischen Künstler Renzo Martens entstanden und derzeit auch auf der Biennale in Venedig zu sehen sind. Im Mittelpunkt steht eine spirituelle Figur, die 1931 während eines Aufstandes geschnitzt wurde und einen verhassten belgischen Kolonialbeamten zeigt. Die Figur ging verloren, tauchte erst 1972 in den USA auf. Nun entwarfen die Plantagenarbeiter digitale Darstellungen dieser Figur, die sie als digitale Kunstwerke (NFTs) verkaufen. Mit dem Erlös wird Land zurückgekauft, das nun kollektiv bewirtschaftet wird. "Damit werden die Mechanismen des Kunstmarktes zur De-Kolonialisierung genutzt", sagte Proschek.
Die Ausstellung fordert vom Betrachter hohe Konzentration, kaum eines der Werke ist auf den ersten Blick zu entschlüsseln. Wer sich diese Mühe macht, wird mit neuen Einsichten und überraschenden Perspektiven belohnt.
Reise der Bilder
Die Ausstellung „Geraubt – verschleppt – gerettet“ im Alten Marktrichterhaus in Lauffen bei Bad Ischl ist bis 1. September (Mi.–So., 12–17 Uhr) zu sehen. Sie ist Teil des Projektes „Reise der Bilder“, das sich mit Kunstwerken beschäftigt, die die Nationalsozialisten ab 1944 im Salzbergwerk Aussee einlagern ließen. Die Hauptschau läuft bis 8. September im Linzer Lentos. Im Kammerhofmuseum Bad Aussee steht bis 3. November Kunsthändler Wolfgang Gurlitt im Mittelpunkt.
- Infos auf lentos.at
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