Sogar an Sportschulen werden die Kinder unsportlicher
Laut einer langfristig angelegten Studie hat die Fitness österreichischer Schülerinnen und Schüler in den vergangenen beiden Jahrzehnten abgenommen. Das Körpergewicht hingegen stieg.
Zwischen 2006 und 2023 hat ein Forschungsteam die körperliche Leistungsfähigkeit von rund 3.800 Kindern an österreichischen Sportschulen untersucht. Also genau dort, wo Bewegung an der Tagesordnung steht. Mit dem Ergebnis: Vor allem in den Bereichen Kraft und Geschwindigkeit sind kontinuierliche Leistungsabfälle zu verzeichnen.
Weniger Kraft, Ausdauer unverändert
Gemessen wurden die körperlichen Fähigkeiten anhand jährlicher, achtteiliger Leistungstests. Die Kinder im Durchschnittsalter von zehn Jahren mussten dazu etwa fünf bis 20 Meter sprinten, hoch- und weitspringen, Medizinbälle werfen oder ihre Gelenkigkeit unter Beweis stellen. In all diesen Bereichen hat das Forschungsteam an den Universitäten Klagenfurt und Bayreuth stetig abnehmende Leistungen aufgezeichnet. Anders war es bei der kardiorespiratorischen Fitness – jener, die das Herz-Kreislaufsystem betrifft: Bei den achtminütigen Dauerläufen hat sich die Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler kaum verändert. Auch die Reaktionszeit ist in den vergangenen 17 Jahren in etwa gleichgeblieben. Der BMI (Body-Mass-Index) ist hingegen gestiegen.
„Durchschnittliches Leistungsvermögen sinkt“
„Die Studie bestätigt den Eindruck, den ich mit vielen Kolleginnen und Kollegen teile“, sagt Thomas Rotkopf, Fachkoordinator für Bewegung und Sport an der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz, „jetzt haben wir endlich Zahlen dafür.“ Er hat selbst 25 Jahre lang Sport unterrichtet und weiß, wie stark sich der Umgang mit Bewegung in den letzten Jahrzehnten gewandelt hat: „Man muss beachten, dass die Klassen heute viel heterogener sind. Auf der einen Seite haben wir Kinder, die im Elternhaus gefördert werden und die mit viel Bewegungserfahrung in die Schule kommen. Die können Bälle werfen und fangen, haben Ausdauer und einen geschulten Gleichgewichtssinn.“ Auf der anderen Seite gebe es jene, die diese Fähigkeiten in ihrer Kindheit nicht mitbekommen haben. Das sei später schwer aufholbar, sagt Rotkopf.
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Grundstein wird im Kindergarten gelegt
„Im Schnitt muss man sagen, dass sich viele Kinder heutzutage nicht mehr ihren körperlichen Möglichkeiten entsprechend entwickeln. Und da rede ich nicht vom Leistungssportbereich, sondern vom mittleren Leistungsvermögen, vor allem was das Herz-Kreislaufsystem angeht“, erläutert der Lehrer. Gerade im Elementarbereich würde die Grundlage für die späteren koordinativen Fähigkeiten gesetzt. Hier wünscht sich Rotkopf einen spielerischen Zugang zu Bewegung. „Im Sekundarbereich kann man die Trainingsbelastung schon etwas steigern. Aber bitte durch anregende Methoden, um die Schülerinnen und Schüler nicht zu demotivieren.“
Auf die Art des Turnunterrichts kommt es an
Drei bis vier Wochenstunden sind in der Mittelschule für den Sportunterricht vorgesehen. „Natürlich, wenn ich mir etwas wünschen könnte, wäre das eine tägliche Sportstunde“, sagt Thomas Rotkopf, „grundsätzlich reichen aber die vorgesehenen Bewegungseinheiten aus, sofern sie effizient genutzt werden.“ Heißt: Anregende und abwechslungsreiche Trainingsmethoden, gut ausgebildete Lehrkräfte, altersangepasster Unterricht und methodisch hochwertig aufbereitet.
Zeit vor dem Bildschirm prägt die Kinder.
Sportliches Elternhaus prägt die Kinder