Ein Kleinod im Süden
Der Millstätter See ist der zweitgrößte See Kärntens, aber der allergrößte, wenn es darum geht, wirklich abzuschalten und ins Nichtstun einzutauchen. Ruhe, Natur und Entspannung – das findet man hier beim Urlaub daheim im Süden.
Michael Berndl (43) ist Jäger, Mostviertler und Wahlkärntner. Der Vater zweier Söhne (Maximilian, 12, und Florian, 9) betreibt gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth, die ebenfalls begeisterte Jägerin ist, das Hotel Seefischer in Döbriach am Südufer des Millstätter Sees. Wenn es darum geht abzuschalten, in die Natur einzutauchen und vom See aus tiefenentspannt ins Grüne zu schauen, hätte sich Berndl, der aus einer Wirtshausfamilie aus Krenstetten im Mostviertel (Landgasthof Berndl) stammt, wohl keine bessere Gegend in Kärnten aussuchen können.
Der Millstätter See ist mit 141 Meter Kärntens tiefster und mit 1200 Millionen Kubikmeter wasserreichster See. Er ist 11,5 Kilometer lang und bis zu 1,8 Kilometer breit, von der Größe her damit in etwa vergleichbar mit dem Mondsee. Im Norden wird er von den Gipfeln des Tschiernocks, des Kamplnocks und der Millstätter Alpe (Nockberge) begrenzt. Südlich des Sees trennt ein lang gestreckter, dicht bewaldeter Bergrücken das Becken des Millstätter Sees vom Drautal. Hier herrscht die Natur, das Südufer ist komplett unverbaut und erzeugt ein kleines Kanada-Feeling. Östlich des Sees erhebt sich der 2110 Meter hohe Mirnock. "Der Berg ist quasi unser Hausberg. Hier gibt es eine Menge Kraftplätze und auch unser Quellwasser stammt von dort", sagt Michael Berndl, der oft hinaufwandert. Der Mirnock gilt als mystischer Berg, der im Mooswald auch ein Naturmoor beherbergt. Funde belegen, dass schon die Kelten auf dem "Weltenberg" gelebt haben – sie bevorzugten Orte mit starker Erdstrahlung und Kultplätze. Fest steht jedenfalls, dass man von dort oben eine fantastische Aussicht auf den See hat. Zu sehen sind die Julischen und Karnischen Alpen und sogar die Hohen Tauern. Eine Wanderung zum Gipfel ist fast Pflicht.
Kein Jet-Ski-Leben
Im Unterschied zum nicht allzu fernen Wörthersee und seinem Jet-Set- und Jet-Ski-Leben besticht der Millstätter See durch Ruhe, Natur und ganz viel Grün. Das schattige Südufer war bis zum Aufkommen des Fremdenverkehrs überhaupt nur beim Laggerhof, heute eine Jausenstation, besiedelt. Die Ortschaften am sonnigen Nordufer vergrößerten sich erst mit dem Bau der Straße am Ufer. Die alte Römerstraße führte nämlich nicht am See entlang, wie heute die Millstätter Straße, sondern über den Millstätter Berg. Ab Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten sich aus den ursprünglichen Bauern- und Fischerdörfern die Fremdenverkehrsgemeinden Seeboden und Millstatt mit zahlreichen Feriendörfern. Doch ihre Ursprünglichkeit haben sie sich zum Großteil bewahrt, das macht auch den Reiz der Gegend aus, findet Berndl. Und er hat recht.
E-Bike und der "Milchstättersee"
Weil es rund um den "Milchstättersee" (Copyright: meine Tochter) so viel Wald gibt, spielen, wie im Salzkammergut, Holzknechte und Bundesforste noch eine große Rolle. Das sieht man, wenn man mit dem Mountainbike rund um den See fährt. Achtung, Holzarbeiten! Entfernte Motorsägengeräusche zeugen davon, dass im Holz gearbeitet wird. Von Döbriach bis zum Laggerhof fährt man auf einer wunderschönen Forststraße, die bergauf und bergab geht und die viele Sportler und Spaziergänger auch im Hochsommer nutzen. Entlang des naturbelassenen Südufers spendet der Wald ausreichend Schatten. Mit dem E-Bike braucht man für die Seeumrundung zirka zwei Stunden, ohne elektrische Hilfe für die rund 28 Kilometer etwa drei Stunden. Tipp: ein Abstecher zum moorhaltigen Egelsee und eine Bio-Jause beim Gasthof "Lug ins Land".
Nach der Anstrengung tut es gut, wenn man die Beine hochlagern kann. Zum Beispiel im Außen-SPA des Hotels Seefischer, das idyllisch in einer unverbauten Bucht direkt am See liegt. Vorher muss man aber unbedingt in den See springen. Natur und Entspannung. An Regentagen findet man seine Gelassenheit im Panoramablick-Ruheraum. Der Badeplatz mit großartigem Blick über den Millstätter See beherbergt auch den einzigen Binnenhafen Kärntens und den Yachtclub Döbriach. "Den hat mein Schwiegervater Ende der 90er-Jahre gebaut", sagt Michael Berndl. Überhaupt hat das Haus am See eine lange Tradition. Angefangen hat alles als kleine Pension, mittlerweile hat das Hotel 45 Zimmer, einen eigenen Turm mit Penthouse-Suite und Blick über den Hafen. In den Sommermonaten sind im Untergeschoß Künstler einquartiert, die Gäste oder den See porträtieren.
Unweit des Hotels mündet der Hauptzufluss – der Riegersbach – in den Millstätter See, insgesamt sind es 30 Bäche, die den See versorgen. Der Riegersbach wird vom Tiefenbach aus dem Kleinkirchheimer Hochtal gespeist. Da es ins Skigebiet von Bad Kleinkirchheim nur 15 Autominuten sind, freut sich die Gegend mittlerweile auch über Wintertourismus. Im Sommer spielt nicht Schnee, sondern Wasser die entscheidende Rolle. Dafür kommen die Gäste hierher. Um einen Sprung in den See kommt man bei der morgendlichen Joggingrunde nicht umhin. Die Laufstrecke führt entlang der Seepromenade und vorbei an Parkbädern. Auch im Wellnessbereich des Seefischers kommt man ins Schwitzen. Die finnische Seesauna sieht aus wie ein kleines Fischerhäuschen, es steht auf Pfählen mitten im See. Man kann nach dem Saunagang direkt in die kalten Fluten eintauchen. Wobei kalt je nach Wetter für einen aus dem Salzkammergut relativ ist. Im Sommer erreicht der Millstätter See Temperaturen bis zu 29 Grad. Fast schon zu warm.
Der Bundespräsident und Laxn
Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckten Gäste aus Wien und Graz die schönen Badestrände in Döbriach. Das erste Seebad errichtete die Seevilla Cerny. Dort mussten Frauen und Männer damals noch getrennt baden gehen. Einer der ersten und prominenten Stammgäste des Seefischers war Karl Seitz, der erste Bundespräsident der Republik Österreich und spätere Bürgermeister von Wien. Er kam erstmals um 1910 nach Döbriach und verbrachte viele Sommer lang seinen Urlaub hier.
Heute kommen viele Gäste auch wegen des guten Essens. Das Restaurant Seefischer hat eine Gault- Millau-Haube, eine gute Weinkarte und was noch wichtiger ist: Alle Zutaten kommen aus der Region. Der Honig vom Bienenhof aus Obermillstatt, das Wild stammt aus dem eigenen Jagdrevier vom gegenüberliegenden Goldeck (2142 m), erlegt von den beiden Gastgebern höchstpersönlich. Tipp: Den hauseigenen Wildburger sollte man unbedingt probieren. Während draußen in der Marina die Segelboote schaukeln, singt drinnen das Quartett ZwaZwatett Kärntnerlieder. Fast kitschig schön.
Eine Spezialität der Region ist der Kärntner Laxn, eine Seeforelle mit markanten x-förmigen, schwarzen Flecken, die im 15. Jahrhundert auch schon Kaiser Friedrich III. begeisterte. So forderte seine Hoheit alle drei Monate 59 Seeforellen, die größer als normale Bachforellen sein sollten. Als Gegenleistung erteilte der Kaiser den Kärntnern das Fischrecht. Egal ob man Fischer ist oder nicht, die schönsten Eindrücke bietet der Millstätter See in den Morgenstunden: Man merkt, es ist ein Ort der Ruhe und Kraft. Kein Motorbootlärm, nur Stille und Wald. Von den vorbeischwimmenden Schwänen lernt man Abschalten und Eintauchen. Vor dem Frühstück schwimmen und im 16 Meter langen Pool mit Außenbecken abtauchen – So kann der Tag beginnen. Im Sommer genießen Stand-Up-Paddler den See. Wer will, rudert zum Kletterfelsen in Döbriach und kann vom Wasser aus nach oben streben.
Sommerfrische hat in Kärnten Tradition. Das generalsanierte Ruderboot im Seefischer heißt standesgemäß "Sissy". Manche Stammgäste aus Wien kommen seit Jahrzehnten, die Wiedersehensfreude nach Krisenzeiten ist groß. "Wir haben Corona gut überstanden", sagt Elisabeth Berndl. Den Millstätter-See-Virus wird man hingegen nicht so schnell los.
Hotel Seefischer: Tradition
Das Hotel: Elisabeth und Michael Berndl betreiben das familiengeführte und familienfreundliche Romantik SPA Hotel Seefischer (Vier-Sterne-Superior) in Döbriach. Es liegt idyllisch in einer unverbauten Bucht am Südufer des Sees, mit eigenem Jachthafen und Haubenrestaurant. DZ ab 152 Euro. Info: seefischer.at
Der Lindenhof: In Millstatt und dem schönen, ehemaligen Hochmeisterschloss des St.-Georgs-Ritterordens hat die Familie seit kurzem auch ein gleichnamiges Wirtshaus mit Biergarten und gutbürgerlicher Küche auf hohem Niveau. Geheimtipp: die Lindenhof-Bierflade. Im rund 500 Jahre alten Kellergewölbe des Schlossareals finden regelmäßig Weinverkostungen statt.
Romantik-Hotels: Das Hotel Seefischer am Millstätter See ist auch Mitglied der renommierten Vereinigung Romantik-Hotels in Österreich. Infos: www.romantikhotels.com