Hochkarätiges Jugendverbot im Brucknerhaus
Mit strengem „Jugendverbot“ vermerkt war ein Abend im Brucknerhaus, vor dessen zu erwartender Unerhörtheit selbst Eingelassene vorab gewarnt wurden, stand doch mit „Dirty Songs“ erotisches Liedgut heutiger Komponisten und einschlägiges Vokabular auf dem von Ulla Pilz konzipierten und vorgetragenen Programm.
Etwaigem Erröten beim Publikum war durch dezentes Rotlicht im Saal vorgebeugt.
Doch bald war klar, dass „sex sells“ zwar gilt, aber nicht heißen muss, etwas billig zu verkaufen. Ganz im Gegenteil. Was das Publikum wirklich erwartete, war ein hochkarätiger, vor allem musikalisch hemmungsloser Abend, an dem Ulla Pilz das menschliche Liebesleben mit erfrischender Natürlichkeit auslotete – in all seinen Facetten und vor allem in all ihren faszinierend vielfältigen stimmlichen Möglichkeiten. Volker Nemmer war am Flügel in teils ungewohntem Einsatz, gen Ende erweiterte Josef „Joe“ Hofbauer mit der Trompete das fulminante Duo zum flotten Dreier.
Vom Kuss-Ekel
Die erotischen klanglichen Zutaten waren teils eigens für den Abend geliefert worden: Sie stammten von Dieter Kaufmann, der nach Gedichten von Tochter Katharina kein „Pardon!“ kannte. Zwei Lieder hatte Balduin Sulzer beigesteuert, die von der Zartheit der Liebe und beklemmend vom Kuss-Ekel erzählten. Auch Akos Banlaky, Ronald Deppe, Bartolo Musil und Herwig Reiter hatten eigens für den Abend Erotisches höchst ansprechend in Klänge gegossen. Unerhört gelungen.
„Dirty Songs“: Ulla Pilz (Idee, Gesang), Volker Nemmer (Klavier), Joe Hofbauer (Trompete), Brucknerhaus, 4. Mai
OÖN-Bewertung: fünf von sechs Sterne