Bauer toastet Soja: Demoprojekt gegen die Großindustrie
GERETSBERG. Josef Neubauer will mit eigenem Soja von Gen-Importprodukten unabhängig sein.
"Ich möchte für etwas arbeiten, was ich mit meinem Gewissen vertreten kann. Nicht für Konzerne mit zweifelhaften Strategien", erklärt Josef Neubauer. Gemeinsam mit Partnerin Margit hat sich der 37-jährige Unternehmer auf den Anbau und die Verarbeitung von Soja spezialisiert. Genauer gesagt auf das Pressen und Toasten der Hülsenfrucht.
Im Jahr 2006, noch wohnhaft in München, begann "Joe", wie Neubauer gerufen wird, an Wochenenden mit Rapsöl als Energielieferant zu experimentieren. Er war während der Bioenergie-Euphorie auf der Suche nach günstigem Treibstoff und schloss sich damals mit Landwirten aus der Region zusammen. Die Mitglieder der bundesländerübergreifenden Gemeinschaft "Salzachöl" (vom Maschinenring Weilhart bis ins Flachgau) versorgen sich selbst mit den in der Region angebauten Eiweißfuttermitteln Raps und Soja. Diese Vereinigung zählte zu Beginn etwa 20 Bauern. "Nachdem der zeitlich begrenzte Markt der Biotreibstoffe, speziell in Deutschland mit der Besteuerung von Biosprit, systematisch an die Wand gefahren wurde, hab’ ich 2008 angefangen, mit Soja zu arbeiten", erklärt der Pionier.
Die Tüfteleien hätten bereits anfangs gefruchtet. "2010 ist das Projekt dann ernsthaft losgegangen. Auf Anhieb wurde schon mehr Soja als Raps geliefert. Mittlerweile zählt "Salzachöl" rund 90 Landwirte als Mitglieder und wurde schon mit dem Innovationspreis des Maschinenring-Bundesverbandes ausgezeichnet", erzählt Joe, den es vor drei Jahren von München wieder zurück in die Heimat zog. Der studierte Elektrotechniker verarbeitet die Sojabohne nicht nur, sondern baut jährlich auch fünf bis zehn Hektar selbst an. Heuer sind es sogar 15. Der Geretsberger wertschätzt Soja nicht nur wegen des hohen Eiweißanteils, der die Pflanze besonders attraktiv für Tierfütterungen macht. Soja ist auch prädestiniert für den Anbau, da sich die Pflanze selbst düngt.
Anteil in Österreich verdoppeln
Seine Arbeit sieht er als Demonstrationsprojekt. "Nicht alles muss von der Großindustrie stammen und importiert werden. Und wie man sieht, geht der Sojaanbau sprunghaft in die Höhe, wenn Bauern für den eigenen Verbrauch Soja anpflanzen können", sagt der Landwirt. Dennoch sei der Anbau in Österreich mit jährlich etwa 100.000 Tonnen im Vergleich zum Verbrauch minimal, denn 500.000 Tonnen müssen hierzulande importiert werden. EU-weit werden 98 Prozent, zirka 35 Millionen Tonnen, des benötigten Sojas aus dem Ausland bezogen. China importiert mittlerweile 70 Millionen Tonnen, vor 15 Jahren lag der Anteil bei Null. Der Eigenanbau-Anteil in Österreich ist aber ein Tropfen auf dem heißen Stein.
"Wir könnten den Anbau nach realistischen Schätzungen noch verdoppeln, 100 Prozent Eigendeckung sind aber ohne Änderung des Konsumverhaltens und der Tierfütterung praktisch unmöglich. Wollen wir auf den Import verzichten, müssten wir unseren Fleischkonsum drastisch reduzieren", erklärt Neubauer.
"Sind nicht das gelobte Land"
Österreich sei nicht das gelobte Land, denn es werde noch immer zu viel gentechnisch veränderte Tiernahrung verfüttert. Aber das wolle niemand wissen. Seine Maxime: durch den eigenen Anbau und die Futtermittelproduktion in der Region unabhängig von Gen-Soja aus aller Welt zu sein und autark leben und arbeiten zu können.
Getoastetes Soja
Sojaverarbeitung ist eine eigene Wissenschaft: Zum einen müssen die unverdaulichen Trypsininhibitoren (schützen die Pflanzen vor Schädlingen, stören das Verdauungssystem von Menschen und den meisten Nutztieren) mit Hitze abgebaut werden. Zum anden dürfen die Körner nicht zu stark erhitzt werden, da sonst das wertvolle Eiweiß geschädigt wird.
Der von Neubauer entwickelte Toaster erhitzt die Sojabohnen vor dem Pressen durch ca. 170 Grad heiße Luft. Im Gegensatz zur normalen Trocknung, bei der man Feuchtigkeit reduziert, wird beim Toasten mit der im Korn vorhandenen Feuchtigkeit gearbeitet. Pro Stunde produziert Neubauer 100 Kilogramm, pro Jahr sind es 800 Tonnen.
Handelsübliche Toaster arbeiten mit 250 Grad Celsius und mehr. „Dadurch kann der maximale Durchsatz erreicht werden.“ Bei seinem Verfahren, das zum Patent angemeldet ist, wird wegen der niedrigeren Temperatur weniger Energie verbraucht und das Soja schonender verarbeitet. „Analysen zeigen, dass bei unserem Endprodukt das schnell verdauliche Eiweiß zum Großteil erhalten bleibt. Eiweiß wird, wenn es über 100 Grad Celsius erhitzt wird, schlechter verdaulich.
Die Sojachips sind auch für den menschlichen Verzehr geeignet. Nur wäre dazu eine vollständige Entsteinung vor der Toastung vonnöten.
Ein Nebenprodukt ist das nussig schmeckende Sojaöl. Dieses ist wegen des hohen Linolsäuregehaltes in der Legehennenfütterung sehr beliebt. Zudem werden Raps- und Leinöl am Hof hergestellt. Alle drei Ölsorten werden ab Hof verkauft und sind auch bei regionalen Händlern hältlich.
Die Herstellung des getoasteten Sojas wird über die Firma Plantspower (Wortspiel aus Powerplant = Pflanzenkraft) abgewickelt. Unter dem Firmennamen EST (Effiziente Selbstversorger Technologie) werden die von Neubauer entwickelten Maschinen mit dem Aufdruck „Effizient Soja Toasten“ vertrieben. „Damit können sich auch andere Landwirte dem Erfolgsmodell ‘heimischer Soja für heimische Lebensmittelversorgung’ anschließen.“
Mehr Informationen unter www.sojatoaster.com