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Karriere in USA: Vom Fleischer zum Uni-Professor

Von Josef Achleitner, 28. August 2024, 14:58 Uhr
Karriere in USA: Vom Fleischer zum Uni-Professor
Herbert Achleitner mit Tochter Sarah diesen Sommer in Zell am See

EFERDING, ZELL AM SEE. Der Eferdinger Herbert Achleitner sollte den Familienbetrieb übernehmen, wanderte aber nach Amerika aus, um zu studieren.

Vor 65 Jahren ist der Eferdinger Herbert Achleitner einen Monat nach der Gesellenprüfung als Fleischhauer in die USA ausgewandert. Freilich nicht, um die Amerikaner mit Schnitzel und Steaks zu versorgen, sondern um sich die längst gewünschte höhere Bildung zu verschaffen. Auf nicht einfachen Wegen brachte er es zum Universitätsprofessor und zum international gefragten Berater. Die OÖNachrichten trafen den heute 82-Jährigen in Zell am See, wo er gerne Sommerurlaube verbringt.

Man schrieb das Jahr 1959, als sich für Achleitner, damals 17, das Leben in die ersehnte Richtung drehte. Er war vom Großvater mütterlicherseits, einem Patriarchen der alten Schule, als künftiger Chef der Fleischhauerei am Eferdinger Stadtplatz ausersehen. Widerspruch wurde nicht geduldet. So musste er widerwillig den Metzgerberuf erlernen: "Ich wusste, das liegt mir nicht, und ich würde dabei auch keinen Erfolg haben."

Der Mutter gefolgt

Der Opa bestand auch noch darauf, dass er die Lehre abschließt, als seine Mutter den Betrieb verpachtet hatte und mit 44 Jahren nach Amerika ausgewandert war. Ihr Mann Karl war nicht aus Stalingrad zurückgekommen, sie musste das Geschäft alleine führen, qualifizierte sich aber in BBC-Radiokursen in Englisch, wohl schon mit dem Gedanken, wegzugehen.

Der Sohn schaffte die Gesellenprüfung und bereitete gleich darauf die eigene Auswanderung vor. Mit dem Zug ging es über Frankfurt nach Rotterdam, mit dem Schiff nach New York und dann nach Chicago, wo die Mutter als Sekretärin arbeitete. Mit seinem sehr guten Hauptschulzeugnis erreichte die Mutter seine Aufnahme in eine High School der Christian Brothers, doch wegen seines Alters gleich in die dritte Klasse. "Mit meinem Schulenglisch habe ich mir vor allem beim Schreiben schwergetan", erzählt er. Doch trotz der Anfangsschwierigkeiten gelang ihm der Abschluss. Weil die Mutter nicht genug Geld für die Schulgebühr hatte, wurde er anfangs verpflichtet, nach dem Unterricht das Klassenzimmer und den Gang zu reinigen.

Karriere in USA: Vom Fleischer zum Uni-Professor
Der Pass des 15-jährigen Fleischhauerlehrlings

Es folgten, ebenfalls im Bundesstaat Illinois, vier Jahre an der Lewis-Universität mit Hauptfach Politikwissenschaft und Zweitfach Geschichte. Weil er wegen der noch fehlenden Staatsbürgerschaft die erreichte Lehrbefugnis für Highschools nicht ausüben durfte, setzte er danach auf eine Universitätskarriere: "Ich habe mir gesagt, dann mache ich eben den Doktor. Dass ich Professor werden wollte, hatte ich da auch schon im Kopf."

Den Master-Abschluss in Geschichte als Voraussetzung für das damals im Vergleich zu Österreich ungleich aufwendigere Doktoratsstudium machte er noch in Illinois. Von zehn Universitäten, bei denen er anfragte, war ein Professor von der University of Colorado bereit, ihn als Geschichte-Doktorand zu nehmen und vor allem, ihm dafür auch die finanziellen Möglichkeiten zu geben. Er bekam eine Assistentenstelle und ein Stipendium.

Schock nach der Promotion

Seine Doktorarbeit, für die er auch eine Zeitlang in den Archiven in Wien recherchierte, befasste sich mit der Habsburger-Monarchie in der Zeit von 1850 bis 1861, die außenpolitisch von Konflikten geprägt war und innenpolitisch mit der ersten Verfassung endete, dem Beginn des Reichstages und der Landtage.

Der Freude über den 1973 erreichten PhD (Doctor of Philosophy) folgte ein Schock: Wegen der Ölkrise – ältere Österreicher erinnern sich noch an die Benzinpreiserhöhungen und den autofreien Tag – mussten auch in den USA der Staat und die Universitätssponsoren sparen. Es wurden keine Historiker an den Unis mehr angestellt. Achleitner wich auf einen Tipp eines befreundeten Kollegen hin für drei Jahre nach Mexiko an die Universidad de las Americas als Lehrer aus. Und er hängte, wieder auf den Rat eines wohlmeinenden Freundes, ein Masterstudium der Bibliotheks- und Informationswissenschaften an.

Karriere in USA: Vom Fleischer zum Uni-Professor
Ehrung als „Distinguished Professor“

Das und die sommerlichen Lehraufträge an der renommierten University of Southern California brachten ihn erst auf den wirklichen Erfolgsweg. 1982 erhielt er eine Assistenzprofessur für Bibliothekswissenschaft an der Emporia State University in Kansas, wo er 29 Jahre bleiben sollte. Unter seinen Veröffentlichungen finden sich Lehrbücher zum Fach und Bücher zur Rolle von Bibliotheken und Informationsmanagement in Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung.

Als Berater in Osteuropa

Eine besondere Rolle kam ihm zu, als der Kommunismus zusammenbrach. Als wissenschaftlicher Kenner Osteuropas erhielt er von der US-Agentur für internationale Entwicklung, für die er schon nach dem Ende der Stroessner-Diktatur in Paraguay beratend tätig gewesen war, den Auftrag, in Polens und später auch Bulgariens Universitäts- und Nationalbibliotheken bei der Umwandlung der Anstalten nach westlichen Standards zu helfen. Nach seiner Expertise gestaltete und finanzierte die US-Regierung die Reformhilfe. Ähnlich lief es in Bulgarien, wo er danach auch als Gastprofessor tätig war. 2006 erhielt er mit dem Roe R. Cross Distinguished Professor Award die höchste Auszeichnung, die die Emporia State University zu vergeben hat.

Seine Mutter Anna war schon früh in die Hauptstadt Washington D.C. gezogen, wo sie bis zur Pension im American Farm Bureau, einem Pendant zu unserer Bundes-Landwirtschaftskammer, arbeitete. Im Kulturviertel mit dem Kennedy Center und der Nationalgalerie konnte sie auch ihr brennendes Interesse für Oper, Theater und Malerei ausleben. Im Ruhestand studierte sie dann noch Kunstgeschichte. 2005 ist sie im Alter von 91 Jahren gestorben.

Die Verbindung zu Österreich ist nie abgerissen. Viele Sommerurlaube verbrachten die Mutter, deren Schwester dort wohnte, sowie Sohn Herbert mit seiner aus einer noch zur Zarenzeit in die USA eingewanderten russisch-jüdischen Familie stammenden Frau Suzanne, ebenfalls Universitätslehrerin, und den inzwischen auch schon im mittleren Alter stehenden Kindern Sarah und Andreas in Zell am See.

Fast immer war da ein Abstecher nach Eferding dabei. Diesen Sommer traf Herbert Achleitner seine in etwa gleichaltrigen Cousins, und wie schon traditionell durfte auch ein Besuch beim Dieplinger-Wirt in der Brandstatt nicht fehlen. Dort hatte einst Tante Paula, die Mutter des Autors dieses Artikels, dem jungen Neffen seine Lieblingstorten kredenzt.

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Autor
Josef Achleitner
Josef Achleitner
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2  Kommentare
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Tralala (857 Kommentare)
am 30.08.2024 13:03

Diesen Artikel kann man als Integrationsanleitung für heute heranziehen.
Menschen haben die Sprache gelernt, sie haben etwas erreichen wollen, sie waren sich gerade am Anfang nicht zu gut jede Arbeit anzunehmen. Sie haben Eigenverantwortung übernommen. Sie haben bei Widrigkeiten nicht einfach nach einem Nanny-Staat gerufen (weil es den auch dort gar nicht gab).
Und egal ob nun Fleischhauer, Bäcker oder Professor.
Sie haben was in ihre neue Lebenswelt eingebracht und haben die Regeln und Gesetze der neuen Lebenswelt akzeptiert.

Und nun zum Vergleich ein 4.600 Euro Geldgeschenke-Staat, an jeden der sagen kann "Asyl" und "Ich bin so arm, weil ich hierher kommen muß" und "Ich möchte, daß ihr mich versorgt und daß ich alles tun und lassen kann, was ich von meiner früheren Heimat gewohnt bin (Vielehe, Messer etc.)

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picknick (558 Kommentare)
am 28.08.2024 16:01

Wie immer ein sehr interessanter Artikel von Herrn Achleitner !

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