Die Favoritner Mädchenmorde - eine Chronologie
WIEN. Ende der achtziger Jahre hielt eine Mordserie in Wien-Favoriten die Polizei und die Öffentlichkeit gleichermaßen in Atem. Innerhalb von zwei Jahren fielen im zehnten Wiener Gemeindebezirk zwei Mädchen und eine junge Frau brutalen Sexualverbrechen zum Opfer.
Ging man zunächst von einem möglichen Serientäter aus, ist diese These mittlerweile widerlegt.
Der Fall Schriefl ist ebenso rechtskräftig erledigt, wie jener der Nicole Strau. Der Fall Beranek wird jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach als offiziell ungelöst in die Kriminalstatistik eingehen.
- Die 20 Jahre alte Alexandra Schriefl - eine hübsche, lebenslustige Verkäuferin - starb am 26. Oktober 1988. Sie wurde nach einem Disco-Besuch in ihrem Heimatbezirk auf einem verwahrlosten Grundstück in der Himberger Straße vergewaltigt, erdrosselt und mit ihren eigenen Kleidungsstücken nackt an einen Baum gefesselt.
- Nur knapp dreieinhalb Monate später, am 3. Februar 1989, schlug in Favoriten wieder ein Mädchenmörder zu. Die zehn Jahre alte Christina Beranek wurde in der Per Albin Hansson-Siedlung - nur wenige 100 Meter von jenem Ort entfernt, an dem Alexandra Schriefl getötet wurde - sexuell missbraucht und erdrosselt. Sie war zuletzt lebend in einer Trafik gesehen worden, wo sie ein Mickey Mouse-Heft abholte. Das Mädchen wurde im letzten Stockwerk des Blocks B der Siedlung mit ihrer Strumpfhose getötet und an das Stiegengeländer gefesselt. Daraufhin lief der bis zum damaligen Zeitpunkt größte Polizeieinsatz der Zweiten Republik an. Zeitweilig waren 200 Polizisten zugleich im Einsatz - sämtliche Kriminalisten des Wiener Sicherheitsbüros, die von Sicherheitswachebeamten aus den Kommissariaten unterstützt wurden. Im Rahmen der Ermittlungen wurden zunächst sieben Verdächtige ausgeforscht, die mit den Verbrechen aber nichts zu tun hatten.
- Am 22. Dezember 1990 schließlich starb Nicole Strau, nachdem die Achtjährige bei ihrer Tante Weihnachtsgeschenke abgeholt hatte. Sie begegnete vermutlich zufällig auf dem Weg zum Autobus ihrem Mörder, der sie mitnahm, sich an ihr verging und sie dann im Laaer Wald mit einem abgebrochenen Ast erschlug, nachdem er versucht hatte, sie mit ihren eigenen Schuhbändern zu erdrosseln.
Geraume Zeit sah es so aus, als würden alle drei Bluttaten ungesühnt bleiben. In den Fällen Schriefl und Strau waren jedoch an den Tatorten bzw. an den Leichen Spermaspuren sichergestellt worden. Als die Gerichtsmedizin das DNA-Verfahren so weit entwickelt hatte, dass man dieses Beweismaterial mit den genetischen Fingerabdrücken Tatverdächtiger abgleichen konnte, kam wieder Bewegung in die Ermittlerarbeit.
DNA wurde Tätern zum Verhängnis
Schließlich wurde "Kommissar DNA" zwei Männern zum Verhängnis: Im Oktober 2000 wurde ein Verdächtiger in der Causa Schriefl als mutmaßlicher Mörder festgenommen. Schon 1989 hatte man in dieser Sache gegen ihn ermittelt, doch erst ein DNA-Gutachten erbrachte den eindeutigen Beweis, dass die Spuren an der Leiche mit seinem Erbgut übereinstimmten. Er wurde am 11. Dezember 2001 zu 15 Jahren Haft verurteilt - die Höchststrafe für den zum Tatzeitpunkt noch nicht 21-Jährigen. Die Strafe wurde am 13. Juni 2002 endgültig bestätigt.
Der zuständige Staatsanwalt machte nie ein Hehl daraus, dass er den Mann auch für den Mörder der zehnjährigen Christina Beranek hielt. Die Art und Weise, wie sie umgebracht wurde, wies deutliche Parallelen zum gewaltsamen Ende von Alexandra Schriefl auf. Da es aber keine verwertbaren biologischen Spuren und somit keinen stichhaltigen Schuldnachweis gab, kam die Causa Beranek nicht zur Anklage.
Am 28. November 2001 konnten die Medien jedoch die mutmaßliche Klärung im Mordfall Strau vermelden. Ein Mann, der die Kleine seit längerem gekannt hatte - er unterhielt eine Liebschaft mit ihrer Tante -, hatte bereits unmittelbar nach dem Verbrechen zum Kreis von 20 Tatverdächtigen gezählt. Mithilfe eines falschen Alibis konnte er sich allerdings Luft verschaffen.
Erst ein routinemäßig angeordneter DNA-Test, gegen den sich der Mann mit aller Gewalt wehrte, so dass dieser schließlich zwangsweise angeordnet und vorgenommen werden musste, überführte ihn. Sein Erbmaterial passte laut Gutachten zu den Spuren, die der Mörder zurück gelassen hatte. Der Mann wurde für den Sexualmord zu lebenslanger Haft verurteilt, das Urteil auch vom Oberlandesgericht bestätigt.
In Wien-Döbling ist am Samstag die Leiche eines Mädchens gefunden worden. Die Polizei geht von Fremdverschulden aus. Mehr dazu hier. Immer wieder sind Kinder in Wien zum Opfer spektakulärer Bluttaten geworden. Hier einige der aufsehenerregendsten Fälle der vergangenen Jahre:
- 29. November 2002 - Ein 19-Jähriger tötet in Penzing einen Zwölfjährigen, mit dem er lose befreundet war. In seiner Wohnung nimmt er sexuelle Handlungen an seinem Opfer vor. Als sich der Bub wehrt, sticht der Ältere mindestens 20 Mal mit einem Küchenmesser zu. Die Leiche, die er in einen Müllcontainer wirft, taucht nie wieder auf.
- 19. September 2013 - In einem Gemeindebau in der Koppstraße in Wien-Ottakring tötet eine 38-Jährige ihre beiden Töchter (sechs und neun Jahre alt) und stürzt sich anschließend aus dem vierten Stock des Wohnhauses.
- 4. August 2015 - Eine 38-Jährige ersticht in Wien-Hernals ihre vierjährige Tochter. Laut einer psychiatrischen Sachverständigen befand sich die Frau in einem "extremen Belastungszustand", weil sie erkennen musste, dass sie die Delogierung aus ihrer Wohnung nicht mehr abwenden konnte.
- 2. Oktober 2016 - Ein Polizist erschießt in Wien seine schwangere Freundin und erwürgt am nächsten Tag seinen 21 Monate alten Sohn. Der 23-Jährige täuscht erst eine Abgängigkeit der jungen Frau und des Kindes vor. Der Fall wird nach mehreren Tagen geklärt, der Polizist legt ein Geständnis ab und wird zu lebenslanger Haft verurteilt.