Vergiftetes Paar nicht Opfer eines gezielten Anschlages
SALISBURY. Britische Ermittler gehen von zufälligem Kontakt aus – Mit Kampfstoff Nowitschok war auch Ex-Spion Skripal vergiftet worden.
Die britische Regierung hat am Donnerstag die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) offiziell darüber in Kenntnis gesetzt, dass in Großbritannien eine zweite Vergiftung durch einen Nervenkampfstoff stattgefunden hat. Der 45-jährige Charlie Rowley und die 46-jährige Dawn Sturgess befinden sich zurzeit im Krankenhaus von Salisbury und schweben in Lebensgefahr.
Sie sind mit Nowitschok vergiftet worden. Wie die Polizei mitteilte, soll es sich um den gleichen Kampfstoff handeln, mit dem vier Monate zuvor der russische Ex-Doppelagent Sergei Skripal und seine Tochter Julia in Salisbury vergiftet worden waren.
Nowitschok, übersetzt: Neuling, ist ein Nervengift, das ab den 1970er Jahren in der Sowjetunion entwickelt wurde und um ein Vielfaches stärker ist als alle bisherigen Kampfstoffe. Es wurde eigens entwickelt, um schwer nachweisbar und lange haltbar zu sein.
Im Unterschied zum Fall Skripal soll es sich bei der Vergiftung von Rowley und Sturgess nicht um einen geplanten Anschlag gehandelt haben. Die Arbeitshypothese der Ermittler ist zurzeit, dass man es nicht mit einem Attentat, sondern mit einem Unfall zu tun habe, und dass das Paar zufällig mit dem Nervengift in Kontakt kam.
Polizei warnt vor Behältern
Die Polizei hat die Öffentlichkeit in Salisbury und Amesbury, wo Rowley wohnt, davor gewarnt, "unbekannte herumliegende Behälter" aufzulesen. Man vermutet, dass die Skripal-Attentäter das Behältnis, in dem sie das Gift aufbewahrten, nach dem Anschlag weggeworfen haben. Es könnte sich, so wird vermutet, um eine Spritze oder Ampulle gehandelt haben. Das vergiftete Paar könnte darauf gestoßen und zum Opfer einer Kreuzkontamination geworden sein.
Zurzeit haben die Sicherheitskräfte in beiden Städten rund ein halbes Dutzend Plätze abgeriegelt. Es handelt sich um Stätten, die Rowley und Sturgess zwischen Freitagabend und Samstagmorgen, als Sturgess die ersten schweren Symptome entwickelte, aufgesucht hatten.
Javid: Russland verantwortlich
Innenminister Sajid Javid leitete gestern eine Sitzung des Krisenkomitees COBRA. Danach gab er ein Statement im Unterhaus ab. "Es ist völlig inakzeptabel", sagte er, "dass unsere Bürger entweder absichtlich oder zufällig zu Zielen und unsere Straßen, Parks und unsere Städte zu Müllkippen für Gift werden." Javid machte erneut Russland für den Zwischenfall verantwortlich, weil es sich um den gleichen Nervenkampfstoff wie im Fall Skripal handle. "Es ist jetzt Zeit, dass sich Russland meldet und genau erklärt, was hier passiert ist."
Übt da wer?