Notre-Dame: So sieht es fünf Jahre nach dem verheerenden Feuer aus
PARIS. Pünktlich zur Eröffnung der Olympischen Spiele am 26. Juli soll die Notre-Dame bereits fast vollständig mit ihrem neuen äußeren Erscheinungsbild glänzen.
An den verheerenden Brand, dem die Kathedrale Notre-Dame in Paris vor fünf Jahren zum Opfer gefallen ist, werden in wenigen Monaten nur noch Bilder erinnern. Ein Großteil des neuen Spitzturms mit dem goldenen Hahn und dem Kreuz ist seit Ende März zu sehen, der riesige Holzdachstuhl bereits seit Anfang des Jahres. Eine Liste aller an diesem Wiederaufbau beteiligten Personen umfasst fast 2000 Namen.
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Tragödie von Paris
Am 15. April 2019 ertönte um 18.20 Uhr, nach Gottesdienstbeginn, der erste Feueralarm. Die Gläubigen mussten aus dem Gebäude, durften aber wieder zurück, denn es war nichts von einem Feuer zu sehen. Wenige Minuten später, um 18.43 Uhr, ging der Alarm erneut los. Zu spät. Von außen war bereits eine riesige Rauchwolke zu sehen, die vom Dachboden über der Kathedrale aufstieg.
Innerhalb von rund einer Stunde brach der schmale Vierungsturm unter verängstigten Blicken und Schreien Hunderter am Seine-Ufer versammelter Pariser in sich zusammen - bevor er einen Teil des Daches mit sich in die Tiefe riss.
Bilder der Brandkatastrophe:
Bildergalerie: Notre-Dame in Flammen
Galerie ansehenDie Brandursache ist bis heute nicht geklärt. Erste Vermutungen gingen von einem missachteten Rauchverbot auf der Baustelle aus. Auch ein Kurzschluss ist möglich.
Die Bilder des Flammen-Infernos lösten weltweit Entsetzen und Betroffenheit aus. "Notre-Dame der Tränen" und "Die Tragödie von Paris" titelten französische und ausländische Zeitungen. Am Tag nach der Tragödie kündigte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an, das teilweise zerstörte Gotteshaus innerhalb von fünf Jahren wieder aufzubauen. Ein ambitioniertes Versprechen, an das damals nur wenige glaubten.
Dass die Notre-Dame nicht komplett ein Raub der Flammen wurde, verdankt das Wahrzeichen von Paris rund 650 Feuerwehrleuten. Hunderte Handwerker und Arbeiter sind seither damit beschäftigt, es wieder instand zu setzen - damit das Gebäude bald identisch fertig restauriert sein wird.
Für Olympia im neuen Glanz
Der Abbau des riesigen Baugerüsts, welches vor kurzem zum Teil noch mehr 90 Meter hoch in den Pariser Himmel ragte, soll zur Eröffnung der Spiele ausreichend fortgeschritten sein, erläuterte Philippe Jost, der Leiter der öffentlichen Einrichtung, die für den Wiederaufbau der Kathedrale zuständig ist. Dann soll der Turm wieder gut zu sehen sein.
Auch die Fassaden des nördlichen und südlichen Querschiffs sowie der Dachstuhl sollen bis zum Startschuss des Sportereignisses sichtbar sein. Bis zu den Spielen werde die Kathedrale ihr äußeres Erscheinungsbild vollständig wiedererlangt haben, hieß es aus dem Élysée-Palast.
Aktuelle Bilder von den Bauarbeiten:
Bildergalerie: Wiederaufbau von Notre-Dame geht voran
Galerie ansehenTeil der Eröffnung
Bei der Eröffnung soll das gotische Meisterwerk Teil der Feierlichkeiten sein. Laut Thomas Jolly, künstlicher Leiter der Olympia-Zeremonien, soll es bei der Inszenierung der Schau eine Rolle spielen. Notre-Dame und dem neuen Turm werde eine besondere Hommage zuteil, wie der Theaterregisseur und Schauspieler dem Radiosender France Inter sagte.
Die Eröffnungszeremonie findet erstmals nicht in einem Stadion statt, sondern mitten in der Stadt auf der Seine. Die sechs Kilometer lange Bootsparade führt an Wahrzeichen wie dem Eiffelturm, dem Louvre und der Notre-Dame vorbei. Bei den letzten Olympischen Spielen in Paris 1924 wurde in der Kathedrale eine religiöse Zeremonie zur Eröffnung abgehalten.
Architektonisches Meisterwerk
Der Vierungsturm, der mehr als 90 Meter über dem Boden gipfelt, ist ein ikonisches Merkmal der Kathedrale. Das Original wurde im Jahr 1250 errichtet und war ein Glockenturm. Während der Französischen Revolution (1789-1799) wurde der Turm abgebaut. Über 70 Jahre später wurde er als architektonisches Meisterwerk des 19. Jahrhunderts wieder errichtet.
Der Turm, dessen Zweck rein dekorativer Natur war, wurde auf einem achteckigen, auf den vier Säulen des Querschiffs ruhenden Sockel gebaut - in 18 Monaten. Am 15. April 2019 fielen dann in rund nur einer Stunde die 500 Tonnen Holz und 250 Tonnen Blei in sich zusammen.
Hahn aus Trümmern gerettet
Als höchster Punkt des Denkmals hat der Spitzturm neben seiner ästhetischen und architektonischen Qualität auch eine starke religiöse Bedeutung. An der Spitze ragte ein Hahn in die Höhe, in dem sich drei Relikte befanden: Mehrere Dornen der Heiligen Dornenkrone, ein Relikt des Heiligen Dionysius und eines der Heiligen Genoveva.
Der Hahn wurde Stunden nach dem Brand aus den Trümmern gerettet. Er soll im zukünftigen Notre-Dame-Museum zu sehen sein, zusammen mit der Dornenkrone von Jesus Christus, einem Heiligen Nagel sowie einem Splitter des Heiligen Kreuzes.
Bildergalerie: Was von Notre-Dame übrig geblieben ist
Galerie ansehenIm Christentum symbolisiert der Hahn die Rückkehr des Lichts nach der Nacht. Auf vielen Kirchtürmen sieht man deshalb einen Hahn sitzen. Die Überreste des Heiligen Dionysius, erster Bischof von Paris und Märtyrer, sowie der Heiligen Genoveva, der Schutzpatronin von Paris, sollen Frankreichs Hauptstadt und deren Bewohnern Schutz verleihen. Seit Mitte Dezember ragt nun ein neuer vergoldeter Kupferhahn in den Großstadthimmel.
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1000 Eichen für Wiederaufbau
Für den Wiederaufbau des Turms wurden 1000 Eichenbäume im Alter zwischen 100 und 200 Jahren gefällt. Nicht weniger Stämme waren für das Gerüst der Gewölbe des Kirchenschiffs und des Chors notwendig, die nach mittelalterlichem Vorbild restauriert wurden. In Rekordzeit wurden die neuen Balken von Hand mit der Axt bearbeitet, genau wie zur Zeit der ersten Baumeister, zu denen die Virtual-Reality-Schau "Éternelle Notre-Dame" (Die ewige Notre-Dame) unter dem Vorplatz der Kathedrale führt. Frankreich sei das Land der Baumeister, sagte Frankreichs Staatschef, als er nur einen Tag nach dem Brand ankündigte, das Gotteshaus innerhalb von fünf Jahren wieder aufzubauen.
Seit der Grundsteinlegung im Jahr 1163 hat die Kathedrale mit den Jahrhunderten ihr Gesicht verändert: Sie wurde erweitert, geplündert, verwüstet und renoviert. Eine der bedeutendsten Restaurierungen hätten die im Juli 2018 begonnenen Instand- und Modernisierungsarbeiten sein sollen. Doch knapp neun Monate später passierte das bis dahin Unvorstellbare.
Der Brand am 15. April 2019 - eine Chronologie
- 18.18 Uhr: Auf dem Computerschirm des Sicherheitsdienstes der Kathedrale wird ein erster Alarm ausgelöst. Der erst wenige Tage im Job befindliche Sicherheitsbeamte weiß nicht, dass die Zonenangaben sehr vage sind, und kommt zu dem Schluss, dass es sich um einen Fehlalarm handelt.
- 18.48 Uhr: Erste Anrufe bei der Feuerwehr gehen ein. Der aus 1300 Eichenbalken bestehende Hauptdachstuhl steht in Flammen.
- Kurz vor 19 Uhr: Eintreffen der Feuerwehr; um das Dach zu retten, ist es jedoch bereits zu spät.
- 19.57 Uhr: Der 750 Tonnen schwere Vierungsturm fällt in sich zusammen. Die Druckwelle stößt sämtliche, mehrere Tonnen schwere Türen in der Kathedrale auf.
- 20.42 Uhr: Wertvolle Reliquien und Kunstwerke werden gerettet und in den Tresor des Pariser Rathauses transportiert.
- 21 Uhr: Feuer auch im Nordturm, hervorgerufen durch die 800 Grad heißen Rauchgase und den aufkommenden Südwind. Stürzen die 16,6 Tonnen schweren Glocken darin zu Boden, droht die Zerstörung des gesamten Turms.
- 23 Uhr: Das Feuer im Nordturm ist unter Kontrolle, dank einer 50 Mann starken, auf gefährliche Einsätze spezialisierten Eliteeingreiftruppe, die unter Lebensgefahr den Nordturm rettet.
- 23.30 Uhr: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron tritt vor die TV-Kameras und erklärt, dass die Fassade und beide Türme gerettet werden konnten.
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Bei den Gegenständen im Hahn handelt es sich aber um Reliquien und nicht um Relikte.