Frankreichs Ministerpräsident Barnier durch Misstrauensvotum gestürzt
PARIS. In Frankreich ist die Regierung von Ministerpräsident Michel Barnier durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden.
Der Artikel wurde zuletzt um 21:26 Uhr aktualisiert.
Abgeordnete der rechtsnationalen Partei Rassemblement National (RN) um deren Spitzenpolitikerin Marine Le Pen stellten sich am Mittwochabend wie angekündigt im Parlament hinter einen entsprechenden Antrag aus dem linken Lager. 331 der derzeit 574 Abgeordneten stimmten für den Misstrauensantrag.
Auslöser war ein Streit über den Staatshaushalt und Barniers Sparpläne. Barnier führte eine Minderheitsregierung, die sich auf das von Präsident Emmanuel Macron gegründete Parteienbündnis Ensemble und die Republikaner stützte. Es ist das erste Mal seit mehr als 60 Jahren, dass eine Regierung in Frankreich durch ein Misstrauensvotum gestürzt wurde. Das Kabinett kann übergangsweise im Amt bleiben, um die Tagesgeschäfte zu erledigen.
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Barnier muss nun seinen Rücktritt und den Rücktritt der Regierung bei Präsident Emmanuel Macron einreichen. Das Amt des Staatschefs berührt das Misstrauensvotum nicht.
Politische Pattsituation
Der Fall der Regierung stürzt Frankreich in eine tiefe politische Krise. Eine Parlamentsneuwahl ist erst im kommenden Sommer wieder möglich. Das Kräfteverhältnis bleibt somit unverändert eine Pattsituation. Weder das linke Lager, das die Parlamentswahl im Sommer gewann, noch Macrons Mitte-Kräfte und auch nicht die Rechtsnationalen um Marine Le Pen und ihre Verbündeten haben eine eigene Mehrheit. Die Regierungssuche dürfte erneut schwierig werden. Dass es am Ende für mehr als eine Minderheitsregierung reicht, scheint unwahrscheinlich.
Auch Macron unter Druck gesetzt
Nach dem Regierungssturz forderte Frankreichs Linke den Rücktritt von Präsident Macron. "Um aus der Sackgasse zu kommen, in die der Präsident das Land geführt hat, bleibt uns nur eine Lösung: Wir fordern Emmanuel Macron jetzt auf, zu gehen", sagte die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei La France Insoumise (LFI), Mathilde Panot.
Auch Le Pen machte Macron für die politische Krise verantwortlich, die mit dem Regierungssturz eingetreten ist. "Er ist der große Verantwortliche der aktuellen Situation", sagte Le Pen auf TF1. "Ich fordere nicht den Rücktritt von Emmanuel Macron", sagte Le Pen. Der Druck auf ihn aber werde steigen, er müsse selbst entscheiden, ob er bis 2027 im Amt bleiben wolle oder verfrühte Wahlen ausrufe.
Nach Deutschland droht damit auch die zweite Säule des wichtigen deutsch-französischen Motors in Europa in zeitweisen politischen Stillstand zu rutschen und sich vor allem um ihre innenpolitischen Probleme kümmern zu müssen. Macrons Amt bleibt von dem Misstrauensvotum unberührt. Er ernennt als Präsident aber den Premierminister. Nach der Parlamentswahl hat er sich stark in die Regierungssuche eingebracht und dürfte dies nun wieder tun.
Zudem lässt der Regierungssturz auch ihn nicht unbeschadet zurück. Der Staatschef hatte Barnier nach langen Sondierungen zum Premier ernannt, seine Mitte-Kräfte regierten mit. Die Opposition dürfte nun versuchen, Macron aufgrund der komplizierten politischen Verhältnisse zu einer vorgezogenen Präsidentschaftswahl zu drängen. Bisher hatte Macron dies stets abgelehnt.
Nötiger Sparhaushalt nicht verabschiedet
Misslich ist die politische Krise auch für Frankreichs Wirtschaft. Das Land hat eine zu hohe Neuverschuldung. Barnier wollte diese wieder in den Griff bekommen. Seine Regierung scheiterte am eskalierenden Streit um den Sparhaushalt. Sie dürfte als eine der kürzesten Regierungen in die jüngere französische Geschichte eingehen.
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Sparpläne sind bei Populisten natürlich ein No-Go.
Die Extrem-Linken ebenso wie die Rechten müssen doch dagegen sein,
weil das beim weniger gebildeten Volk sehr gut ankommt.