Kein Weihnachtsfrieden: Israel setzt massive Angriffe im Gazastreifen fort
JERUSALEM/GAZA. Die israelische Armee setzt ihre Angriffe gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen mit unverminderter Härte fort und konzentriert sich dabei zunehmend auf den Süden des Gebiets. Nach den Kämpfen in der Stadt Gaza im Norden würden die Haupteinsätze nun "auf eine andere Bastion der Hamas, Chan Junis", ausgerichtet, sagte Armeesprecher Jonathan Conricus dem US-Sender Fox News.
Regierungschef Benjamin Netanyahu erklärte am Sonntag, der Krieg werde noch "lange" dauern. Auch wenn sich die israelischen Einsätze jetzt auf den Süden des Gazastreifens konzentrierten, würden die Kämpfe auch im Norden weitergehen, "vielleicht mit einer geringeren Intensität", sagte Conricus. Netanyahu sagte in einer Sitzung seines Kabinetts: "Der Krieg wird lang sein." Er räumte zugleich ein, dass der Krieg von Israel "einen sehr hohen Preis" fordere.
"Das ist ein sehr schwieriger Morgen nach einem sehr schwierigen Tag der Kämpfe in Gaza", sagte Netanyahu am Sonntag unter Bezug auf die von der israelischen Armee zuletzt erlittenen Verluste. "Aber wir haben keine andere Wahl, als weiter zu kämpfen". Israel werde "mit voller Kraft bis zum Ende weitermachen, bis zum Sieg, bis wir alle unsere Ziele erreicht haben".
Video: Gefechte im Gazastreifen
Zuvor hatte die israelische Armee mitgeteilt, dass allein seit Freitag 14 ihrer Soldaten im Gazastreifen getötet worden seien. Zehn von ihnen seien am Samstag getötet worden - eine der höchsten Zahlen eines einzigen Tages seit dem Beginn des israelischen Bodeneinsatzes in dem Palästinensergebiet am 27. Oktober. Insgesamt wurden den israelischen Angaben zufolge seit Kriegsbeginn 153 Soldaten im Gazastreifen getötet.
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Die Hamas meldete am Sonntag neue israelische Angriffe im Gazastreifen. Dabei seien sowohl Jabalija und die Stadt Gaza im Norden als auch Chan Junis im Süden getroffen worden. Die israelische Armee teilte mit, sie habe in den vergangenen 24 Stunden 200 Ziele im Gazastreifen angegriffen. Bei der Durchsuchung einer nahen Schule, einer Moschee und Klinik gelegenen Anlage seien unter anderem speziell für Kinder angepasste Sprengstoffgürtel sowie hunderte Granaten gefunden worden.
US-Präsident Joe Biden rief unterdessen Israel erneut zum Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung auf. Nach Angaben des Weißen Hauses unterstrich Biden in einem Gespräch mit Netanyahu die "Notwendigkeit", die Zivilbevölkerung zu schützen und den Menschen zu erlauben, sich vor den Kämpfen in Schutz zu bringen. Auch müssten jene geschützt werden, die an humanitärer Hilfe für das Palästinensergebiet beteiligt seien.
Netanyahus Büro erklärte zu dem Gespräch mit Biden, der israelische Regierungschef habe klar gemacht, dass Israel den Krieg fortsetzen werde, "bis alle Ziele erreicht" seien.
Der UN-Sicherheitsrat hatte am Freitag in einer Resolution zum Gazakrieg gefordert, eine "sichere und ungehinderte Lieferung von humanitärer Hilfe in großem Umfang" zu ermöglichen. Ein direkter Aufruf zu einer Feuerpause fehlt aber in dem Text, über den tagelang intensiv verhandelt worden war.
Der Krieg war durch den Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden. Hunderte Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Palästinensergruppe waren in israelische Orte eingedrungen und hatten dort Gräueltaten an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden rund 1.140 Menschen getötet und etwa 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Israel führt seither massive Angriffe in dem Palästinensergebiet - mit dem erklärten Ziel, die Hamas zu vernichten. Dabei wurden nach jüngsten Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, bisher mehr als 20.420 Menschen getötet.