Keine Mehrheit: Spanien könnte bald wieder wählen
MADRID. Wahlgewinner Alberto Nunez Feijoo hat zu wenig Unterstützung im Parlament
Die oppositionelle konservative Volkspartei (Partido Popular, PP) von Alberto Nunez Feijoo ist die Gewinnerin der spanischen Parlamentswahl, sie legte deutlich zu. Doch es ist ein bitterer Sieg: Die PP verfehlte die absolute Mehrheit klar und kommt auch mit der rechtspopulistischen Vox, die mit dem Verlust von 19 Parlamentssitzen zu den Verlierern dieser Wahl zählt, nicht auf eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus. Und die Regionalparteien, die der PP noch zur Macht verhelfen könnten, sind alles andere als begeistert von einer Koalition mit Vox.
Auch keine linke Mehrheit
Andererseits: Die Sozialdemokraten (PSOE) des bisherigen Regierungschefs Pedro Sanchez schlugen sich zwar besser als erwartet, für eine linke Regierungsmehrheit reicht es trotzdem nicht. Gemeinsam mit der linkspopulistischen Sumar-Partei, in der Sanchez’ bisheriger Koalitionspartner Podemos aufging, kommt die Linke auf 153 Sitze. PP und Vox halten nach vorläufigem Ergebnis bei 169 Sitzen. 176 Mandate sind für eine Mehrheit im 350-köpfigen Parlament nötig: Spanien wählte sich in ein Patt, das zu neuerlichen Wahlen führen könnte (siehe Grafik).
Erstellt mit Visme
Trotzdem reklamierte PP-Spitzenkandidat Nunez Feijoo in der Wahlnacht das Amt des Regierungschefs für sich. "Wir sind die Partei mit den meisten Stimmen und haben das Recht, zu regieren", erklärte Feijoo. "Ich übernehme die Aufgaben, Verhandlungen zur Bildung der Regierung aufzunehmen", sagte er zu seinen feiernden Parteifreunden. Es war eine direkte Botschaft an Spaniens sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez. Der aber stellte klar: Er werde keine konservative Minderheitsregierung akzeptieren.
Mehr noch: Mit dem überraschenden Gewinn von zwei Mandaten ließ sich auch Sanchez feiern. "Der Block des Rückschritts aus PP und Vox ist gescheitert", verkündete er seinen Parteianhängern, und es sprach auch er von einem klaren Auftrag der Spanier zur Regierungsbildung.
Wenig Aussichten auf Koalition
Doch auch für Sanchez ist es wenig wahrscheinlich, dass er eine Koalition zustande bringt. Die ihn bisher unterstützende katalonische linke Unabhängigkeitspartei ERC büßte die Hälfte ihrer Sitze ein. Zusätzlich wäre Sanchez auf die Hilfe der baskischen Separatisten EH Bildu und die katalanischen Nationalisten der Junts per Catalunya des im Exil lebenden Carles Puigdemont angewiesen. Junts-Spitzenkandidatin Miriam Nogueras nannte am Montag bereits den Preis: "Amnestie" für die Verurteilten und Flüchtigen des illegalen Unabhängigkeitsreferendums von 2017 und eine Volksbefragung über die Abspaltung Kataloniens von Spanien.
Mit diesen Aussichten kann Spanien eine lange "Hängepartie" mit sich gegenseitig blockierenden Linken und Rechten bevorstehen, meint der spanische Politologe Pablo Simon, ein "Bloqueo", wie es ihn schon nach den Wahlen 2015 und 2019 gab. Und am Ende Neuwahlen.