Mehr Schein als Sein bei der Klimakonferenz im Ölstaat
Wie sich Aserbaidschan trotz aller gegenteiliger Fakten als grünes Land zu präsentieren versucht
Wer in Baku am Flughafen ankommt, könnte meinen, in einem Pionierstaat des grünen Wandels gelandet zu sein. Am Gepäckband verspricht die Werbung eines Unternehmens aus den Vereinigten Arabischen Emiraten einen gigantischen Ausbau der Sonnenenergie. Das Sujet zeigt zwei Arbeiter, die inmitten von Solarpaneelreihen durch die karge Landschaft gehen.
Vor dem Terminalgebäude steht eine ganze Flotte elektrisch betriebener Taxis bereit. Auf den roten Autos prangt das Logo der UN-Klimakonferenz, die in Aserbaidschans Hauptstadt in die zweite und finale Woche geht. "Aus Solidarität für eine grüne Welt", steht unter dem Emblem der COP29. Sogar die Rettungsfahrzeuge scheinen Benzin und Diesel den Rücken gekehrt zu haben: "Null Emissionen. 100 Prozent elektrische Ambulanz", ist in grüner Schrift auf dem Seitenfenster zu lesen.
Der Blick aus dem Shuttlebus am Weg zum Konferenzgelände, das im und rund um das Nationalstadion für die rund 90.000 Teilnehmenden aus 197 Ländern eingerichtet wurde, lässt hingegen keine Zweifel aufkommen: Das Gastgeberland hat Öl und Gas noch lange nicht abgeschworen.
Neben der Autobahn stechen Bohrtürme und Pferdekopfpumpen ebenso ins Auge wie Pipelines und Tanklager. Der wirtschaftliche Erfolg das Landes hängt stark von den fossilen Einnahmen ab – und das dürfte noch länger so sein. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) machen Öl und Gas mehr als 90 Prozent der Exporte aus. Dabei könnte das Land mit gutem Beispiel vorangehen: "Aserbaidschan hat erhebliches ungenutztes Potenzial für erneuerbare Energien, da es ein relativ sonniges und windiges Land ist und zudem über bedeutende Ressourcen in den Bereichen Wasserkraft, Biomasse und Geothermie verfügt", steht in einem IEA-Bericht.
Auch wenn sich Aserbaidschan auf die Entwicklung seiner Öl- und Gasvorkommen konzentriert, befindet sich das Land demnach im Wandel. Vor Jahren sind bedeutende Verträge für den Ausbau von Wind- und Solarkapazitäten abgeschlossen und Gesetze beschlossen worden, um Projekte voranzubringen. Die wird es brauchen: Laut IEA wurden 2022 nur 1,5 Prozent des Gesamtenergiebedarfs aus erneuerbaren Quellen gedeckt.