Nächste "Auszeit": Wettskandal bei den Tories weitet sich aus
LONDON. Mitglieder des Wahlkampfteams von Premier Rishi Sunak sollen Wetten auf den Wahltermin abgeschlossen haben.
Der Skandal bei den britischen Konservativen um Wetten auf den Termin für die Parlamentswahl weitet sich weiter aus. Einem Bericht der Zeitung "Times on Sunday" zufolge geriet ein weiteres Mitglied des Wahlkampfteams von Premierminister Rishi Sunak ins Visier von Ermittlungen der Glücksspielkommission.
Der Chef für Datenstrategie der Tories, Nick Mason, habe sich beurlauben lassen, bestätigte die Partei. Ein Fehlverhalten streitet er jedoch ab. Es ist einer von mehreren Fällen dieser Art.
Davor hatte sich bereits Wahlkampfchef Tony Lee eine Auszeit genommen, nachdem Wetten seiner Frau auf den Wahltermin angeblich zum Gegenstand der Ermittlungen geworden waren. Auch ein Parlamentarischer Staatssekretär und ein Personenschützer aus dem Umfeld Sunaks sollen auf den Wahltermin gewettet haben.
Über das Datum des Wahltermins in Großbritannien war lange spekuliert worden. Lange galt ein Termin im Herbst als wahrscheinlich. Im Mai kündigte Premierminister Sunak aber überraschend an, dass am 4. Juli ein neues Parlament gewählt werde.
Die britische Gambling Commission ermittelt nun wegen Wettbetrugs durch Insiderwisser. Das ist in Großbritannien eine Straftat, die mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet werden kann.
Für die konservative Partei, die in Umfragen abgeschlagen hinter der Labour-Opposition liegt, verschlimmern die Fälle die ohnehin schon schlechte politische Ausgangslage. Labour-Chef Keir Starmer forderte Aufklärung. Sunak müsse Rechenschaft ablegen, wer genau was gewusst habe.
Desaströse Umfragelage für Tories
Jüngste Umfragen deuten auf eine überwältigende Mehrheit von Labour bei der Wahl am 4. Juli hin.
Laut dem Institut YouGov kann die Partei bei dem Urnengang in zwei Wochen auf 425 der 650 Sitze im Unterhaus hoffen, in einer Umfrage zweier anderer Institute kann sie sogar mit 516 Mandaten rechnen. In beiden Fällen wäre das ein Rekord für Labour.
Für die Tories weisen die Umfragen 53 bis 108 Mandate aus (aktuell haben sie 345 Sitze im Parlament). Die Liberaldemokraten könnten von derzeit 15 auf mehr als 60 Mandate zulegen. Für die Partei "Reform UK" von Brexit-Verfechter Nigel Farage weisen die Umfragen zwar 15 Prozent, aber aktuell nur fünf Parlamentssitze aus.
Die Umfrageergebnisse sind in Bezug auf die Sitzverteilung allerdings nur bedingt aussagekräftig: Die Institute selbst weisen darauf hin, dass die Stimmenverteilung in mehr als hundert Wahlkreisen derzeit so knapp sei, dass keine sichere Prognose möglich sei.
Großbritannien wählt nach einem Mehrheitswahlrecht in 650 Wahlkreisen. Der Kandidat mit der höchsten Stimmenzahl in jedem Wahlkreis gewinnt ("first-past-the-post").