Südkorea: Festgenommener Präsident verweigert Aussage
SEOUL. Yoon Suk-yeol wurde nach einem kurzen Handgemenge mit seiner Leibgarde in seiner Residenz in Seoul festgenommen
Südkoreas festgenommener Präsident Yoon Suk-yeol hat während seiner Befragung bei der Antikorruptionsbehörde CIO keine Aussagen getätigt. "Präsident Yoon hat von seinem Recht, zu schweigen, Gebrauch gemacht", zitiert die südkoreanische Tageszeitung "Chosun Ilbo" einen CIO-Mitarbeiter. Die CIO ermittelt zu dem Vorwurf, der 64-Jährige, der Anfang Dezember kurzzeitig das Kriegsrecht verhängt hatte, habe sich mit seinem Vorgehen des Aufruhrs und Machtmissbrauchs schuldig gemacht.
Für das Verhör haben die Ermittler maximal 48 Stunden Zeit. Danach müssen sie entweder eine formelle Verhaftung des suspendierten Präsidenten beantragen oder ihn wieder auf freien Fuß setzen.
Fast gleichzeitig ließ der 64-Jährige auf Facebook einen handgeschriebenen Brief veröffentlichen. Darin verteidigt Yoon Suk-yeol weiterhin sein kontroverses Vorgehen. "Das Kriegsrecht ist kein Verbrechen. Es ist eine Ausübung der Autorität des Präsidenten zur Bewältigung einer nationalen Krise", heißt es in der Botschaft.
Gestern war Yoon in der Hauptstadt Seoul festgenommen worden. Polizisten und CIO-Ermittler führten ihn von seinem Wohnsitz ab, um ihn zur Staatsanwaltschaft zu bringen. Seit Dezember hatte sich Yoon in seinem Präsidentenwohnsitz verbarrikadiert, wo ihn hohe Mauern, Stacheldrahtzaun und sein Sicherheitsdienst vor einer Verhaftung schützten. Außerdem waren Anhänger auf die Straße gegangen, um sich für ihn einzusetzen. Die Festnahme lief trotz großer Sicherheitsbedenken dem Anschein nach friedlich ab.
Journalisten wurden Zeuge eines kurzen Handgemenges am Tor der Residenz. Dort hatten Yoons Anhänger zu seinem Schutz gezeltet. Sie skandierten: "Illegaler Haftbefehl!" Wie der Sender Yonhap News TV berichtete, wurden Yoons Unterstützer von Polizisten und CIO-Beamten gewaltsam entfernt.
Demnach stellten sich auch etwa 30 Abgeordnete von Yoons Partei den Ermittlern in den Weg. Fernsehaufnahmen zeigten auch, wie die Einsatzkräfte mithilfe von Leitern auf das Gelände von Yoons Residenz gelangten.
Erster Staatschef in Haft
Yoon ist das erste amtierende Staatsoberhaupt des Landes, das in Haft genommen wurde. In einer Videobotschaft erklärte Yoon, dass er sich entschieden habe, sich der Befragung zu unterziehen, um ein "Blutvergießen" zu vermeiden. Bereits am 3. Jänner hatten Beamte von Yoons präsidialem Sicherheitsdienst, darunter auch Soldaten, Ermittler an dessen Verhaftung gehindert. Diese gaben ihr Vorhaben daraufhin zunächst auf. Der neue Versuch zur Verhaftung Yoons basiert auf einem am Dienstag ausgestellten neuerlichen Haftbefehl.