Wenig Interesse an G7-Großdemo in München: Teilnehmende enttäuscht
MÜNCHEN/GARMISCH-PARTENKIRCHEN. Die angekündigte Großdemonstration zum G7-Gipfel in München hat am Samstag deutlich weniger Teilnehmende angezogen als erwartet.
Die Polizei sprach mehr als zwei Stunden nach Beginn der Veranstaltung von etwa 4000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die Veranstalter gaben zu diesem Zeitpunkt 6000 Protestierende an.
Später sprach Martin Geilhufe vom mitorganisierenden Bund Naturschutz in Bayern von 7000 Menschen. Auf jeden Fall war dies nur etwa ein Drittel der erwarteten Demonstrantenzahl, denn ursprünglich war mit mindestens 20.000 Menschen gerechnet worden. Bis auf einen Zwischenfall - eine Rangelei zwischen einer Gruppe der Teilnehmenden und Einsatzbeamten - blieb die Protestveranstaltung überwiegend ruhig.
Die Demo fand einen Tag vor Beginn des Gipfels in Elmau statt. Es hatten 15 globalisierungskritische Verbände von Attac bis zur Umweltorganisation WWF aufgerufen. Die Kundgebung hatte vier Schwerpunkte: den Ausstieg aus fossilen Energien, den Erhalt von Tier- und Pflanzenvielfalt, die soziale Gerechtigkeit auf dem Planeten und die Bekämpfung des Hungers. "Klimakrise, Artensterben, Ungleichheit: Die G7-Staaten tragen Verantwortung dafür, dass sich die weltweiten sozialen und ökologischen Krisen immer dramatischer zuspitzen. Schluss damit. Gerecht geht anders", hieß es im Aufruf zur Teilnahme.
Neun Festnahme und kurze Auseinandersetzung
Nach einer Bilanz der Polizei wurden neun Menschen festgenommen. In je drei Fällen sei es um gefährliche Körperverletzung und Verstöße gegen das Vermummungsverbot bei Versammlungen gegangen, in zwei Fällen um Angriffe auf Polizisten, teilte die Polizei nach dem Ende der Abschlusskundgebung mit. Eine weitere Festnahme einer nach Polizeiangaben gesuchten Person gegen Ende des Protestzugs hatte eine kurzzeitige Konfrontation mit Protestierenden ausgelöst. Dabei wurden den Angaben zufolge zwei Beamte leicht verletzt. Polizisten hätten dabei auch Schlagstöcke eingesetzt. Kurz zuvor hatten Demonstranten mehrere Rauchtöpfe gezündet. In diesem Zusammenhang werde nun wegen Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz ermittelt, teilte die Polizei mit.
Eine Sprecherin des Protestbündnisses "Stop G7 Elmau" verurteilte am Samstag "das gewaltvolle Vorgehen der Polizei". Mehrere Menschen seien durch die Beamten verletzt worden. "Das polizeiliche Handeln war ungerechtfertigt, aber nicht überraschend."
Die Münchner Polizei hatte nach offiziellen Angaben rund 3000 Einsatzkräfte bei der Protestversammlung im Einsatz. Im Vorfeld war befürchtet worden, dass ein sogenannter schwarzer Block für Unruhe sorgen könnte. Letztlich wurden etwa 100 bis 150 Menschen von der Polizei diesem Spektrum zugeordnet - deutlich weniger als Sicherheitskreise zunächst erwartet hatten.
Auf der Suche nach Wegen aus der Klimakrise
Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will mit den Partnern der G7-Staaten nach Lösungen für die Energiekrise und die steigende Inflation suchen. "Viele Dinge, die wir einkaufen, sind teurer geworden. Lebensmittel, aber eben ganz besonders die Preise für Energie. Das merken wir an der Tankstelle, das merken wir, wenn wir die Heizrechnung bezahlen müssen. Heizöl, Gas alles viel teurer als noch vor einem Jahr. Deshalb müssen wir uns darauf vorbereiten", sagte Scholz in seiner am Samstag veröffentlichten Videobotschaft "Kanzler kompakt".
Deutschland müsse sich mit anderen absprechen, was zu tun sei. "Denn das werden wir nur gemeinsam bewältigen können, was an Herausforderungen mit dieser neuen Situation sich für uns alle ergibt. Politisch wollen wir das alles international besprechen", sagte Scholz, der auf das Treffen der G7-Staaten im bayerischen Elmau ab Sonntag verwies. "Dieser Gesprächsclub hat mal angefangen als G6 mit sechs Staaten, als Helmut Schmidt alle zusammengerufen hat, um darüber zu reden, wie wir mit der damaligen Ölkrise umgehen", sagte Scholz. Nun gehe es um die aktuelle Krise und darum, den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten mit einer Abkehr von der Nutzung fossiler Energien. Eine Aufgabe sei es, einen "Klimaclub" zustande zu bringen, in dem die Staaten zusammenarbeiten, die das erreichen wollten.
Wissenschaft fordert mehr Geld
Wissenschafter forderten derweil kurz vor dem Gipfelauftakt von den Teilnehmerstaaten mehr Geld für den Klimaschutz. Es sei eher noch mehr Geld nötig als jene 100 Milliarden US-Dollar, die Industriestaaten besonders von der Erderwärmung betroffenen Ländern versprochen haben, sagte Axel Berger vom Deutschen Institut für Entwicklung und Nachhaltigkeit in Garmisch-Partenkirchen.
Der von Scholz vorgeschlagene "Klimaclub" müsse sich auch mit den Problemen von Entwicklungsländern befassen und etwa Energiewende-Partnerschaften voranbringen, verlangte Berger. Dabei müsse es auch um soziale Anliegen gehen, verlangte der Makroökonom Dennis Snower, Präsident der Global Solutions Initiative, eines Netzwerks von Denkfabriken.
Der Gipfel ist wie schon im Jahr 2015 auf Schloss Elmau im Landkreis Garmisch-Partenkirchen zu Gast. Von Sonntag bis Dienstag treffen sich dort die Staats- und Regierungschefs von sieben führenden westlichen Industriestaaten und einigen Gastländern. Neben Deutschland gehören der G7-Gruppe die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan an. Insgesamt sind rund 18.000 Polizistinnen und Polizisten rund um den Gipfel im Einsatz.
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