"Andreas Babler braucht eine Idee und muss neue Facetten zeigen"
TRAUNKIRCHEN. Gerade in der vergangenen Woche ging es bei den Roten, die eigentlich einen Dreikampf um Platz eins ausgerufen haben, drunter und drüber: Zu der LIVA-Affäre rund um den Linzer SP-Bürgermeister Klaus Luger und dessen zögerlichem Rücktritt am vergangenen Freitag gesellte sich am Samstag ein neuer Problemherd: Parteikollegin Doris Bures, Zweite Nationalratspräsidentin, Zweite auf der Bundesliste sowie SP-Spitzenkandidatin in Wien, attestiert dem noch nicht veröffentlichten Wahlprogramm Bablers in einem internen Schreiben "Unernsthaftigkeit".
Zudem kritisiert sie, dass die Erstellung des Programms ohne breite Einbindung der Partei erstellt worden sei. Beides war gestern Abend im ORF-Sommergespräch mit SP-Chef und Nationalrats-Spitzenkandidat Andreas Babler Thema.
Motto: "Ich gegen mich selbst"
Gerade Letzteres wiegt laut dem Politologen Peter Filzmaier schwer: "Für den Skandal rund um Luger kann Babler nichts, aber die Kritik von Doris Bures kann dem Wahlkampf einen Dämpfer verpassen." Bures sei als Zweite Nationalratspräsidentin die höchstgestellte Politikerin in der SPÖ und nicht "der siebte Zwerg von links".
Die Reaktion von Bablers Team und seinen Anhängern sei dabei bezeichnend: "Im Internet wurde am Wochenende mobilisiert, gegen Bures, gegen Hans-Peter Doskozil, gegen Michael Ludwig – da stellt sich die Frage, mit wem man überhaupt in der SPÖ noch zusammenarbeiten will", sagt Filzmaier. Spätestens seit Samstag gelte in der Partei das Motto "ich gegen mich selbst", über die tatsächlichen Inhalte von Bablers Programm werde wohl weniger diskutiert werden.
Auch mit dem Setzen neuer Themenschwerpunkte tue sich der SP-Bundesobmann schwer: Steuersenkungen für Arbeitnehmer, Vermögenssteuern und Korrekturen im Gesundheitssystem seien alles altbekannte Forderungen. Das Bildungssystem, eines der SP-Kernthemen vergangener Jahre und Jahrzehnte, vernachlässige Babler hingegen.
Schwierig gestalte sich auch die Themenlage, die aus jetziger Sicht den Wahlkampfendspurt dominieren werde: Das Thema Sicherheit sei "von Natur aus kein rotes Thema, auch wenn die SPÖ teilweise versucht, nach rechts zu rücken". Dass sich die hohe Inflationsrate im Vergleich zum Vorjahr wieder beruhigt habe, sei "paradoxerweise negativ" für Babler: "Bei diesem Thema konnte er punkten, jetzt ist das nicht mehr das bestimmende Thema", so Filzmaier.
Den Kandidaten Babler begleite aber noch ein anderes Problem: "Er macht mit seinen Forderungen nach staatlichen Eingriffen die linke Flanke zu, wird aber gleichzeitig unattraktiv für Wechselwähler." Diese würden eher von einem moderaten Kurs angesprochen. Nichtwähler ließen sich angesichts der Skandale und der Zerstrittenheit innerhalb der Partei nur schwer mobilisieren: "In der SPÖ regiert das Chaos, das schreckt Menschen ab, die sich aus diesen Gründen von der Politik abgewandt haben."
"Theoretisch ist alles noch drin"
Gibt es noch eine Möglichkeit, wie der SP-Obmann das Ruder herumreißen könnte? "Salopp gesagt: Herr Babler braucht eine Idee", so der Politologe. Dazu gehöre, eine neue Facette zu zeigen, wegzukommen vom "eindimensionalen Bild des sozialen Streetworkers". Die Kernwählerschaft spreche das zwar an, weil sie es als authentisch werte – seine Wählerschaft vergrößern würde es allerdings nicht.
Sollte es Babler gelingen, ein anderes Gesicht zu zeigen, ist laut Filzmaier noch vieles möglich: "Aus der Meinungsforschung wissen wir, dass sich ein Fünftel der Wähler in den letzten Wochen vor einer Wahl endgültig entscheidet – es ist also theoretisch noch alles drin." (fep)
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