Kinderbetreuung: Vollzeitangebote haben in Österreich zugenommen
WIEN. Die Bundeshauptstadt hat das größte Angebot, Oberösterreich ist weiterhin bundesweites Schlusslicht.
WIEN. Familienministerin Susanne Raab (VP) präsentierte am Dienstag den zweiten Kinderbetreuungsmonitor. Dieser wird in Kooperation mit der Statistik Austria erstellt und untersucht, welche Form der Kinderbetreuung in welcher Region für die jeweilige Altersgruppe angeboten wird. Den ersten hatte Raab erst heuer im April veröffentlicht, jedoch mit veralteten Zahlen aus dem Betreuungsjahr 2022/23.
Man wolle für Frauen und Familien "echte Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung schaffen", sagte Raab. Deshalb habe die Bundesregierung ein "historisches Investment" von 4,5 Milliarden bis 2030 mit Ländern und Gemeinden vereinbart, um den Ausbau der Kinderbetreuung voranzutreiben. Ein Beleg für die Wirksamkeit lasse sich in den aktuellen Zahlen erkennen: Mit Stichtag 15. Oktober 2023 seien bundesweit 196.000 Kinder in einer Krippe oder einem Kindergarten betreut worden, dessen Öffnungszeiten mit Vollzeitjobs beider Eltern vereinbar seien – also den Vereinbarkeitsfaktor (VIF) erfüllten. Das seien im Vergleich zum Vorjahr um 25.600 Kinder mehr (plus 15 Prozent), erklärte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.
Die VIF-Kriterien sind wie folgt: Eine Betreuungseinrichtung muss mindestens 45 Stunden werktags geöffnet haben, davon an vier Tagen zumindest 9,5 Stunden. Über das Jahr muss die Einrichtung 47 Wochen geöffnet sein und ein Mittagessen anbieten.
Allerdings variiert der Anteil an sogenannten VIF-konformen Plätzen regional stark: In Großstädten gibt es ein generell größeres Angebot. Wien liegt mit 90 Prozent deutlich über dem Bundesschnitt, gefolgt vom Burgenland (74 Prozent) und von Vorarlberg mit 62 Prozent (siehe Grafik). In Oberösterreich sind dagegen gerade einmal 39 Prozent der Betreuungsplätze mit einer Vollzeitbeschäftigung beider Elternteile vereinbar. Insgesamt gebe es im Vergleich zu vor fünf Jahren einen Zuwachs in nahezu allen Bundesländern, bestätigte Thomas.
Lesen Sie dazu den Leitartikel "Vertane Chancen und die Langzeitfolgen" von Innenpolitik-Ressortchefin Sigrid Brandstätter.
Auch in Oberösterreich verwies man auf die bereits erzielten Verbesserungen. Man habe sich im Vergleich zum Vorjahr um elf Prozentpunkte gesteigert, hieß es aus dem Büro von Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander (VP). Die Betreuungseinrichtungen hätten in Oberösterreich 2023/24 durchschnittlich 8,5 Stunden pro Tag und 48,5 Wochen pro Jahr geöffnet. Das sei eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahr um 1,5 Wochen.
Zudem habe man innerhalb eines Jahres rund 880 neue Mitarbeiter (643 Vollzeitäquivalente) für die Betreuung angeworben. Auch die Gruppengröße sei geringer (maximal zehn Kinder pro Gruppe in Krabbelstuben) – nur das Bundesland Salzburg habe kleinere Gruppen. Dies würde entsprechende Kapazitäten erfordern.
"Wir verfolgen weiterhin das große Ziel, Kinderland Nummer eins zu werden", sagte Haberlander in einer Aussendung. Klar sei, dass man dieses Ziel "nicht im Vorbeigehen erreichen" könne.
Kritische Reaktionen
Opposition und Gewerkschaft übten Kritik. Für ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schumann klingen Raabs Aussagen "wie ein Ablenkungsmanöver". Es fehle weiterhin eine umfassende Strategie für die Kinderbildung, die den Personalmangel behebe und den Bedürfnissen von Eltern und Beschäftigten gerecht werde.
SPÖ-Familiensprecherin Petra Wimmer forderte eine Kinderbildungsoffensive, "die nicht nur auf dem Papier besteht". Es gebe immer noch bei weitem nicht genug VIF-konforme Kindergartenplätze, die den Bedarf deckten – vor allem im ländlichen Raum.
Für die Neos geht der Ausbau viel zu schleppend voran. Gerade in VP-dominierten Bundesländern seien die Betreuungsquoten "geradezu unterirdisch", sagte Neos-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre.
Was Parteien bei Kinderbetreuung fordern
- Die SPÖ fordert einen kostenfreien Kindergarten und verweist auf die SP-geführten Bundesländer Wien, Burgenland und Kärnten, wo der Besuch gratis ist. Eltern sollen ab dem ersten Lebensjahr ihres Nachwuchses einen Anspruch auf einen Platz haben. Die SPÖ spricht sich für weniger Schließtage und kleinere Gruppen aus. Der Kindergarten soll ganztägig geöffnet sein, es soll ein Bio-Mittagessen offeriert werden, für sozial schwächere Familien soll dieses gratis sein. Zudem soll das Personal aufgestockt und besser bezahlt werden.
- Die FPÖ will Wahlfreiheit für Familien. Wer seine Kinder familienintern oder generationenübergreifend zu Hause betreut, soll finanziell unterstützt werden. Kinderbetreuung soll flächendeckend angeboten werden, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu gewährleisten. Für Personen, die abseits der üblichen Arbeitszeiten etwa in einem Spital arbeiten, soll im Betrieb sieben Tage die Woche eine 24-Stunden-Kinderbetreuung offeriert werden. Explizit hervorgehoben wird im FP-Programm, dass es keine Frühsexualisierung geben darf (Auftritte von Drag Queens).
- Die Grünen wollen, dass in den nächsten fünf Jahren 50.000 zusätzliche Plätze für Kinder unter drei Jahren geschaffen werden. Es soll einen Rechtsanspruch auf einen kostenlosen und ganztägigen Kindergartenplatz ab dem ersten Geburtstag geben. Gefordert werden ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr sowie einheitliche Mindeststandards bei Gruppengrößen und Öffnungszeiten. Es sollen zudem mehr Männer als Elementarpädagogen arbeiten.
- Auch die Neos fordern einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Kindergeburtstag. Das Angebot und die Öffnungszeiten sollen flächendeckend ausgebaut und die Gruppengrößen verkleinert werden, eine Fachkraft soll für weniger Kinder zuständig sein. Zudem sollen Kindergärten, die Kinder mit besonderen Bedürfnissen betreuen, mehr finanzielle Mittel erhalten.
Wenn ich es richtig sehe, hat sich OÖ vom vorletzten Platz auf den letzten Platz "hochgearbeitet"! Na das wird dann was mit dem Kinderland Nr. 1 werden ... im Jahr 2099 ... zu diesem Zeitpunkt haben alle anderen Bundesländer schon 100% Betreuung und OÖ schafft es vielleicht sich von 98% auf 100% zu argumentieren. Anders wird das nichts mehr mit der Christl!
„Auch die Gruppengröße sei geringer (maximal zehn Kinder pro Gruppe in Krabbelstuben)“ Papier ist geduldig und die Wahrheit wieder einmal nicht in dieser Aussage zu finden. Würde sich die blasse Christl für das Thema interessieren, würde sie wissen, dass mit Überschreitungen und Platzsharing die Kinderzahl nur im Gesetz Gesetz Gültigkeit hat und nicht im realen Leben … aber auch dann würde sie noch als Märchentante diese Geschichten erzählen!
Eigentlich eh traurig, dass in Zeiten wie diesen beide Elternteile Vollzeit arbeiten gehen „müssen“, da es scheinbar sonst nicht mehr leistbar ist, das Familienleben. Die Großeltern müssen auch arbeiten bis zum St. Nimmerleinstag und für die Kleinen hat niemand Zeit.
Es ist erschreckend!
Vor 35, 40 J., als unsere Kinder klein waren, hätten wir uns überhaupt nicht vorstellen mögen, 1-jährige, 2-jährige schon in die Betreuung zu stecken, geschweige denn 3-jährige ganztags!
Es müssen nicht beide Elternteile arbeiten gehen - warum schafft man sich dann überhaupt Kinder an?
Es reicht meiner Meinung nach auch, wenn man die eigenen und die familiären Ansprüche etwas zurückschraubt, dann wäre auch mehr Zeit für die Kinder...