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"Besser als nichts": Gemeindepaket trotz Kritik durch

Von nachrichten.at/apa, 18. Juni 2020, 16:49 Uhr
Beschluss im Nationalart Bild: (APA/ROLAND SCHLAGER)

WIEN. Der Nationalrat hat am Donnerstag ein Gemeindenpaket abgesegnet. Zudem wurden bereits im zweiten Covid-19-Justizbegleitgesetz erstreckte Fristen abermals verlängert.

Für Gemeinden wird insgesamt eine Milliarde Euro als Coronahilfe zur Verfügung gestellt. Dabei beteiligt sich der Bund bis zu 50 Prozent an Projekten der Kommunen, etwa an Gemeindestraßen, Ortsbildverschönerung, Bildungseinrichtungen oder auch der Sanierung oder Errichtung von Feuerwehrhäusern. Das Gemeindepaket war Ende Mai präsentiert worden, Details dazu im Video:

"Besser als nichts"

Der Opposition gefiel das Paket nicht sonderlich, auch wenn Sozialdemokraten und Freiheitliche unter dem Motto "besser als nichts" zustimmten. SPÖ, FPÖ und NEOS sahen die Praktikabilität der Regelung nicht. Zudem wurde geschlossen bezweifelt, dass die Gemeinden genug Kapital hätten, um bei all den Projekten 50 Prozent co-finanzieren zu können.

Dem hielt etwa die Grüne Abgeordnete Elisabeth Götze das ausdrückliche Lob des Gemeindebunds entgegen. Zudem ginge nicht abgeholtes Geld nicht verloren, sondern werde an strukturschwache Gemeinden ausgeschüttet. VP-Klubobmann August Wöginger lobte, dass auch schon begonnene, aber wegen Corona aus pekuniären Gründen unterbrochene Projekte unter die Finanzierung fielen. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) versuchte die Dimension des Pakets unter Verweis auf die Bundeshauptstadt darzustellen. Alleine Wien erhalte potenziell 238 Millionen.

SPÖ warnt vor Pleitewelle

Der SPÖ-Abgeordnete Andreas Kollross sprach hingegen von einem "Hilflosen-Paket" und warnte vor einer Pleitewelle im Herbst. Dieser Fonds helfe vielen Gemeinden nicht, da sie nicht ausreichend Kapital zur Verfügung hätten. Stattdessen sollten 250 Euro pro Einwohner ausgeschüttet werden und das sofort.

"Vollkommen verkompliziert" findet der Freiheitliche Abgeordnete Erwin Angerer das Paket. Er ist daher auch sicher, dass es in der Wirtschaft keine Wirkung erzielen werde. Sein Fraktionskollege Gerhard Kaniak meinte, die Regelungen seien möglichst bürokratisch und wollten die Antragsteller zu Bittstellern machen.

Seitens der Neos meinte deren Abgeordnete Karin Doppelbauer: "Es ist halt wieder kompliziert und man weiß nicht, was abgeholt werden kann." Sie hätte sich eine großzügigere Regelung gewünscht.

Neben den Gemeinden wird auch für die Länder finanziell etwas getan. Abgegolten werden ihnen Aufwendungen für Schutzausrüstungen, die Gesundheitshotline 1450 sowie für Barackenspitäler jeweils für die Monate März bis Mai, was einstimmige Zustimmung fand. Zwei weitere Beschlüsse betrafen den Mund-Nasen-Schutz, der gegen die Stimmen von FPÖ und NEOS von den Zertifizierungsvorschriften des Medizinproduktegesetzes bis Jahresende ausgenommen wird, sowie den einstimmig angenommenen Anspruch auf Abgeltung von Dienstentgang durch behördliche Maßnahmen im Zuge der Coronakrise, der von sechs Wochen auf drei Monate verlängert wurde.

FPÖ ortete demokratiepolitischen Skandal

Begleitet war die Debatte von einer längeren Geschäftsordnungsdiskussion. Denn die FPÖ wollte einen Entschließungsantrag mit dem Ziel, ÖBAG-Chef Thomas Schmid abzuberufen, einbringen, der aber von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) nicht zugelassen wurde. Der Parlamentschef begründete dies damit, dass der Antrag in keinerlei Zusammenhang mit dem Gegenstand der Debatte stehe. Die FPÖ erkannte daraufhin einen demokratiepolitischen Skandal erster Güte. Die SPÖ brachte in Person der Abgeordneten Karin Greiner im weiteren Verlauf der Debatte einen ganz ähnlichen Antrag der gesamten Opposition ein und der wurde von ihrer Parteifreundin, der nun amtierenden Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), zugelassen. Schließlich wurde der Antrag dann auch abgestimmt und von ÖVP und Grünen abgelehnt.

In der Präsidiale war zuletzt angesprochen worden, dass es das Präsidium mit den Regeln im Hohen Haus wieder genauer nehmen werde. Vor Sobotka war am Vortag schon der Dritte Präsident Norbert Hofer (FPÖ) entsprechend in Erscheinung getreten, der die "tatsächliche Berichtigung" eines NEOS-Mandatars zwei Mal wiederholen ließ, weil diese nicht korrekt vorgetragen worden war.

Fristverlängerungen im Justizbereich

Nach dem Hilfspaket für Gemeinden ist im Anschluss ein weiterer Gesetzesbeschluss mit Bezug zur Covid-19-Pandemie am Donnerstag im Nationalrat verabschiedet worden. Demnach wurden etliche bereits im zweiten Covid-19-Justizbegleitgesetz erstreckte Fristen abermals verlängert, etwa was den erleichterten Zugang zu Unterhaltsvorschüssen und Kreditstundungen betrifft.

Die Fristverlängerungen im Justizbereich wurden im Beisein von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) einstimmig auf den Weg gebracht. Zadic betonte, das Ziel des Pakets sei es, "die wirtschaftlichen und sozialen Folgen abzuschwächen", den Menschen eine "finanzielle Verschnaufpause zu geben". Für Menschen und Unternehmen, die in Schwierigkeiten geraten sind, soll mit Vereinfachungen im Unterhalts- aber auch im Kredit- und Insolvenz- sowie Gesellschaftsrecht geholfen werden. Die Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ, NEOS zeigten sich in der Debatte damit grundsätzlich einverstanden.

Laut dem türkis-grünen Initiativantrag können nunmehr etwa Anträge auf einen staatlichen Unterhaltsvorschuss bis 31. Oktober und nicht nur bis Ende Juni gewährt werden - und zwar ohne vorhergehenden Exekutionsantrag bei Gericht. Ebenfalls bis Ende Oktober verlängert wurden Fristen bei Krediten für Corona-bedingt in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene Kreditnehmer. Die Fristerstreckung gilt auch bei der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung.

Keine Generalamnestie für Coronastrafen

Zudem werden künftig die Regelungen zur Maskenpflicht auch für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf dem Verordnungsweg erfolgen. Die Maskenpflicht für Verwaltungsorgane wurde mit der am Donnerstag verabschiedeten Novelle aus dem verwaltungsrechtlichen Covid-19-Begleitgesetz genommen und soll künftig per Verordnung festgelegt werden und nicht mehr im Gesetzestext selbst. Dieser Antrag wurde mehrheitlich angenommen.

Abgelehnt mit türkis-grüner Mehrheit wurde hingegen ein von den Oppositionsparteien unterstützter Antrag auf Generalamnestie für alle Coronastrafen. Auch ein von SPÖ, FPÖ und NEOS eingebrachter Abänderungsantrag, der für Rechtsanwaltswärter die Kurzarbeit während der Covid-Pandemie als Berufspraxis anrechenbar machen sollte, blieb ohne Mehrheit, weil ÖVP und Grüne nicht dafür stimmten.

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