Selenskyj im Parlament? SPÖ und FPÖ sind dagegen
WIEN. Die Geschäftsordnung des Nationalrats sieht an sich keine Redemöglichkeiten für ausländische Präsidenten vor.
Die Neos brachten in die Präsidialsitzung des Nationalrats einen politisch hochbrisanten Vorschlag ein. Sie wollten den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj einladen, im österreichischen Nationalrat per Video eine Rede zu halten. Selenskyj hatte zuvor schon im US-Kongress, im EU-Parlament, im deutschen Bundestag und der israelischen Knesset um Unterstützung für die kriegsgebeutelte Ukraine gebeten.
Doch die Neos stießen vor allem bei SPÖ und Freiheitlichen auf taube Ohren. "Wir Neos sind überzeugt davon, dass man in einer solchen Situation klar Stellung beziehen muss. Und das bedeutet auch, dass der ukrainische Präsident wie in anderen Ländern auch im österreichischen Parlament sprechen darf", sagte Neos-Vizeklubchef Nikolaus Scherak. Doch habe es für den Vorschlag in der Präsidiale keine einhellige Zustimmung gegeben, berichtete er. Man sei nicht an den Regierungsparteien, sondern an SPÖ und FPÖ gescheitert. "Wenn man einen solchen Auftritt aufgrund einer falsch verstandenen Neutralität ablehnt, lässt einen das verwundert zurück", ärgerte sich Scherak.
FP-Klubobmann Herbert Kickl sah es freilich anders. Er kritisierte gestern, dass viele der österreichischen Aktivitäten nicht mit der Neutralität vereinbar seien. Als Beispiel nannte er die Bereitschaft, an einer Eingreiftruppe der EU teilzunehmen.
Gänzlich andere Bedenken äußerte der Präsident des Instituts für Parlamentarismus, Werner Zögernitz, im OÖN-Gespräch. Er sieht weniger die Neutralität als Problem an, vielmehr lasse die Geschäftsordnung des Nationalrats eine solche Rede nicht zu. Denn es ist klar geregelt, wer im Nationalrat auftreten darf.
"Der Präsident des Nationalrats kann nach Beratungen der Präsidialkonferenz Persönlichkeiten der europäischen und internationalen Politik einladen, in einer Sitzung des Nationalrats eine Erklärung zu einem bestimmten Thema abzugeben", steht in der Geschäftsordnung. Es ist klar festgehalten, wer dafür in Betracht kommt: der Generalsekretär der UNO, die Präsidenten des Europäischen Rates, der EU-Kommission, des Europäischen Parlaments, des Europarats und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). 2016 hielt der damalige UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon eine Rede vor dem Nationalrat, 2019 trat die Präsidentin des Europarats, Liliane Maury Pasquier, im Hohen Haus auf.
Selenskyj könnte nur im Rahmen einer informellen Sitzung, in der keine Abstimmungen möglich sind und es den Abgeordneten freisteht, daran teilzunehmen, eine Rede halten. Doch Zögernitz rät davon ab. "Wenn das in Österreich gemacht wird, ist es ein Präzedenzfall. Wie verhindere ich dann, dass in Zukunft etwa der georgische, moldawische oder ein anderer Präsident im Nationalrat sprechen?"
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