Bernhard Raimann : "Die Indianapolis Colts sehen viel Potenzial in mir"
DETROIT/INDIANAPOLIS. Dienstantritt bei den Indianapolis Colts: Bernhard Raimann reist am Mittwoch nach Indiana zu seinem neuen Arbeitgeber in der NFL. Österreichs Football-Hoffnung sprach in einer Medienrunde über seinen ungewöhnlichen Werdegang und die Ziele mit den Colts.
Erst im Alter von 13 Jahren hatte Bernhard Raimann zum ersten Mal einen Football in der Hand. Elf Jahre später bereitet sich der Spätstarter auf seine Karriere in der weltbesten Football-Liga vor. Wie berichtet, haben sich die Indianapolis Colts die Rechte an dem 24-Jährigen gesichert. Der erste Österreicher, der in einem NFL-Draft ausgewählt wurde, wird sich heute Nachmittag von Detroit, wo er im College-Team der Central Michigan Chippewas spielte, auf den Weg nach Indiana machen, um den Dienst beim neuen Arbeitgeber anzutreten.
Davor nahm sich der gebürtige Burgenländer noch Zeit, um in einer Videokonferenz den Medien Rede und Antwort zu stehen. Auch die OÖNachrichten hatten Gelegenheit, mit Österreichs NFL-Hoffnung zu sprechen.
OÖNachrichten: Ihr Weg in die NFL war von Österreich aus besonders steil. Hat Ihnen Ihr ungewöhnlicher Werdegang in gewissen Situationen dennoch vielleicht sogar geholfen?
Bernhard Raimann: Ja, auf jeden Fall. Die ganzen mühsamen Dinge, die passieren, und die ganzen Hindernisse, die man überwinden muss, helfen einem dann auch dabei, die Momente umso mehr zu genießen, wenn man ein Ziel erreicht. Als Spieler aus Österreich überhaupt ein Division-1-Angebot von einer Uni zu bekommen, war natürlich riesig. Von den Coaches gefragt zu werden, die Position zu wechseln, hat natürlich einen Dämpfer gesetzt. Aber das setzt dann alles in Relation, sodass die ganze Arbeit wesentlich einfacher fällt und das Ziel umso erstrebenswerter ist. Wenn man dann ein kleines Ziel erreicht, ist das umso schöner.
Unmittelbar bevor Sie die Indianapolis Colts im Draft ausgewählt haben, konnten Sie kurz mit den Team-Verantwortlichen telefonieren. Haben Sie erfahren, warum sie Sie ausgewählt haben?
Das haben sie in dem Telefonat nicht wirklich gesagt (lacht). Allerdings hatte ich davor schon Gespräche mit Coach Strausser (Chris Strausser, Trainer für die Offensive Line bei den Indianapolis Colts, Anm.). Ich hatte einige gute Gespräche mit den Trainern und sie haben gemeint, dass ihnen gefällt, wie athletisch ich bin. Allerdings denken sie, dass sie noch relativ viel an meiner Technik arbeiten können. Oder müssen. Aber sie sehen auch viel Potenzial in mir und ich glaube, das war im Endeffekt der Grund, warum sie mich genommen haben.
Ein letztes Mal Durchschnaufen
Die letzten freien Tage vor seinen ersten Trainingseinheiten als Profi verbrachte Raimann mit seiner Freundin Calli und seinen Eltern, die zum Draft in die USA geflogen waren. Eine besondere Freude für den 24-Jährigen, immerhin hatte er Vater und Mutter davor fast drei Jahre nicht gesehen. "Meine Eltern in die Arme nehmen zu können, nachdem ich den Anruf von den Colts bekommen habe, war einfach ein unbeschreibliches Gefühl." Vertreter der Colts hätten ihm geraten, die letzten Tage vor Trainingsbeginn zu genießen. Am Wochenende steht dann in Indianapolis das sogenannte Rookie-Mini-Camp, bei dem sich die Neulinge erstmals ihren Trainern präsentieren können, auf dem Programm. "Jeden Tag ist dann Football angesagt von 7 Uhr in der Früh bis 17 Uhr am Nachmittag, worauf ich mich schon riesig freue."
Der Tag des Drafts und die Zeit danach seien "verrückt" gewesen, sagt Raimann. Und er gibt offen zu, dass ihn der Umstand, dass er erst in der dritten Draft-Runde – später als von den meisten Experten vorhergesagt – ausgewählt wurde, ein wenig aus dem Konzept gebracht hat. "Natürlich hat man diese blöden Gedanken: Jetzt werde ich überhaupt nicht gedraftet und ich muss einen anderen Weg finden. Mir war aber immer klar: Irgendwie werde ich schon einen Weg finden, mein Ziel zu erreichen."
Dass er in Indianapolis landen würde, war für den Offensive Tackle keine allzu große Überraschung: "Die Colts waren immer relativ weit oben auf meiner Liste." Den Grund, warum ihn Indianapolis verpflichten wollte, glaubt Raimann, der erst im College auf die Tackle-Position umgeschult wurde, zu kennen. Zwar würden die Trainer noch an seiner Technik feilen wollen, "aber sie sehen auch viel Potenzial in mir und ich glaube, das war im Endeffekt der Grund, warum sie mich genommen haben".
Mit Matt Ryan, dem Star-Quarterback der Mannschaft, hatte Raimann noch keinen Kontakt, aber "ein paar andere haben mir schon auf Instagram geschrieben." Raimanns sportliche Hauptaufgabe wird es sein, dem neu verpflichteten Ryan den Rücken freizuhalten. Offen ist derzeit noch, auf welcher Position er das machen wird. Neben der Tackle-Position steht auch ein Einsatz als Guard im Raum. Eines steht für Raimann aber jetzt schon fest: "Vor unserem ersten Spiel werde ich mich jeden Tag so vorbereiten, als wäre ich ein Starter." Und ein Ziel hat er mit seinen Colts auch schon vor Augen: "Wir haben auf jeden Fall das Potenzial, den ganzen Weg zu gehen, um dann im nächsten Februar in Arizona zu spielen." Dort wird am 12. Februar 2023 der 57. Super Bowl über die Bühne gehen - im Idealfall mit österreichischer Beteiligung.
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