Ein (zu) perfekter WM-Gastgeber
OTTENSHEIM. Bei der Ruder-WM in Ottensheim glänzte Österreich nur in der Rolle des Organisators.
"Wer rudert schon gerne im C-Finale?" Diese ehrliche Frage bringt den Status im österreichischen Ruder-Lager nach der Heim-Weltmeisterschaft auf den Punkt. Gestellt hat sie allerdings keiner der bekannten Top-Ruderer, die ihre Olympia-Qualifikation deutlich verfehlt haben und nach den guten Leistungen in den C-Final-Läufen eher selbstzufrieden bilanzierten, sondern Para-Ruderer David Erkinger. Dieser hat mit Partnerin Johanna Beyer im (nicht olympischen) Mixed Silber und damit die einzige Medaille für Österreich bei dieser WM geholt. Im olympischen Mixed-Vierer war dann Erkinger im C-Finale eher mit Frust als mit Lust dabei.
Während die Organisatoren in Ottensheim den Kraftakt meisterten und die Großveranstaltung sehr gut stemmten, ist die WM aus sportlicher Sicht etwas aus dem Ruder gelaufen. Da spielte Österreich den zu perfekten Gastgeber und ließ den Konkurrenten im Kampf um Gold, Silber und Bronze den Vortritt. Keine Medaille, ein einziger Olympia-Startplatz für die Sommerspiele 2020 in Tokio – drei Tickets wollte man holen –, für den Ruderverband gilt es jetzt, die richtigen Konsequenzen aus dem missglückten Ottensheimspiel zu ziehen.
"Fesches Olympiateam"
"Wir werden uns zusammensetzen und die Dinge genau evaluieren", sagt Sportdirektor Norbert Lambing, der auch davon spricht, dass man in Zukunft "strenger" werden müsse. Lambing: "Wenn jemand im Training nicht mehr mitkommt, dann ist er halt weg." Besonders hart wird das Match um die beiden Plätze im leichten Doppelzweier, um die sich sieben Leute, darunter die beiden Oberösterreicher Julian Schöberl und Rainer Kepplinger, bewerben. In zwei Regatten werden 2020 noch Olympia-Tickets vergeben, die erste Chance gibt es bereits im März in Varese. Lange kann sich der Verband mit dem Teambuilding also nicht Zeit lassen. "Es ist ein offener Wettkampf um diese zwei Plätze. Ab Oktober muss hart trainiert werden", sagt ÖRV-Präsident Horst Nußbaumer, der davon ausgeht, dass Österreich in Tokio mit einem "feschen Olympiateam" dabei sein wird. Sein Qualifikations- und Sichtungssystem wird der Verband nicht hinterfragen.
"Das war eine enge Kiste"
Einen versöhnlichen Schlusspunkt konnte gestern Magdalena Lobnig in ihrem B-Finale setzen. Die 29-jährige Kärntnerin holte als Dritte gerade noch einen Startplatz für Olympia 2020 in Tokio. „Das war eine enge Kiste. Ich bin froh, hier wenigstens mein Minimalziel erreicht zu haben“, sagte Lobnig, die als große heimische Medaillenhoffnung nach Ottensheim gekommen war. Nach einer Nebenhöhlenerkrankung in der Vorbereitungsphase wurde diese WM dann für sie zu einer Zitterpartie.
Schon vor vier Jahren hatte Lobnig bei einer WM im B-Finale als Dritte ein Olympia-Ticket erkämpft, in Ottensheim gab es für sie nach ihrem missglückten Semifinale (Platz fünf) ein ungewolltes Déjà-vu. „So etwas wollte ich nie wieder erleben. Ich war heute sehr nervös, jetzt bin ich echt erleichtert, dass meine Nerven gehalten haben“, sagte Lobnig. Letztendlich kam ihr auch der Heimvorteil zu Hilfe. „Ich hab vom Start weg die Leute schreien gehört. Da hab ich mir gedacht: jetzt oder nie.“
Nach der WM ist für Lobnig jetzt vor Olympia. Wie sie sich auf die Sommerspiele vorbereiten wird, ist noch ungewiss. „Ich werde das alles jetzt einmal sacken lassen und mich dann mit dem Verband zusammensetzen“, sagt die Einzel-Kämpferin. Im Jänner und Februar ist ein Wechsel nach Texas geplant, wo sie gemeinsam mit Top-Sportlerinnen trainieren kann. Lobnig: „Es ist wichtig, dass mich Leute pushen, die auf einem ähnlichen Level wie ich rudern.“ In Österreich ist die Kärntnerin ja einsame Klasse. „Magdalena ist eine große Persönlichkeit. Ich habe hundertprozentiges Vertrauen zu ihr“, will Bundestrainer Carsten Hassing die Powerfrau unterstützen, egal, wohin ihre Reise geht.
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