Euro-Staaten lagerten 2020 ihre neuen Schulden an die EZB aus
WIEN. Anleihe-Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank hält den Regierungen der Länder der Währungsunion den Rücken frei.
Die Europäische Zentralbank habe eine tragende Rolle gespielt, um die Coronakrise zu finanzieren, sagte Heike Lehner, Ökonomin bei Agenda Austria, im Gespräch mit den OÖN.
Lehner hat analysiert, wie viel Prozent der Neuverschuldung der Eurostaaten im Vorjahr in Form von Anleihe-Käufen de facto von der Europäischen Zentralbank übernommen worden sind (siehe Grafik). "Die EZB befindet sich insbesondere seit der Coronakrise in einer Sackgasse", sagt Lehner.
Viele Staaten würden sich auf die Staatsanleihe-Kaufprogramme und die damit einhergehenden niedrigen Zinsen auf ihre Schulden verlassen. Wichtig sei jetzt, dass die EZB aber dabei ihr primäres Ziel der Preisstabilität nicht vergesse und ein Ende der Staatsanleihekäufe 2022 glaubhaft mache, so die Agenda-Austria-Ökonomin.
Allein im Falle Österreichs hat die EZB Anleihen im Gegenwert von knapp 80 Prozent der Neuverschuldung gekauft. Bei Irland, Italien, den Niederlanden und Portugal waren es sogar mehr als die Höhe der Neuverschuldung. Im Durchschnitt der Eurozone betrugen die Anleihekäufe rund 90 Prozent der Neuverschuldung.
Die entscheidende Frage wird sein, wie die EZB aus dieser Situation wieder herauskommen will. Das PEPP genannte Krisenprogramm läuft nach Angaben der EZB auf jeden Fall noch bis März 2022. In den Ankäufen an Staatsanleihen sind aber noch jene enthalten, die im Rahmen des alten, PSPP genannten, Kaufprogrammes erworben wurden. Dieses läuft bereits seit 2015.
Das heißt, das Corona-Krisenprogramm wurde auf ein Kaufprogramm aufgesetzt, das noch aus der Bekämpfung der Finanzkrise stammt. "Man kann sagen, dass die unkonventionelle Geldpolitik der EZB längst konventionell geworden ist", sagt Lehner. Hoffentlich gehe sich aus, dass die EZB wieder zu einer einigermaßen konventionellen Geldpolitik zurückkehren kann, bevor die nächste Krise beginnt, so Lehner. (hn)