Leiterplatten auf Pilz-Basis: EU fördert bahnbrechende JKU-Forschung
LINZ. Neue Technologie könnte helfen, jährlich 1,2 Millionen Tonnen Elektroschrott einzusparen.
Sie umgeben uns ständig: Leiterplatten, auch Platinen oder gedruckte Schaltungen genannt, stecken in fast jedem Elektrogerät und dienen als Träger für elektronische Bauteile. Aus Umweltsicht sind sie aber problematisch: "Die polymeren Trägermaterialien sind nicht abbaubar, und das Recycling von Leiterplatten ist für Unternehmen oft unerschwinglich", sagt Martin Kaltenbrunner, Leiter der Abteilung "Physik weicher Materie" sowie des LIT Soft Materials Lab an der JKU. Rund 1,2 Millionen Tonnen Elektroschrott fallen deshalb jährlich auf der ganzen Welt an.
Es gibt zwei Arten dieser Schaltungen: starre und flexible. Für Erstere gibt es bereits biologisch abbaubare Alternativen, für die Letzteren noch nicht – bis jetzt. Im Forschungsprojekt "MycoSub" sucht Kaltenbrunner nun nach Ersatzstoffen für flexible Schaltungen. Dafür hat ihm die Europäische Union einen "ERC Proof of Concept Grant" gewährt.
Baut auf früherer Forschung auf
Kaltenbrunners Vision: ein flexibles Leiterplattensubstrat auf der Basis von Pilzmyzel, also Pilzzellen. Dieses wäre sowohl nachhaltig in der Produktion und biologisch abbaubar, bietet zugleich aber auch die notwendige Stabilität. Nach Ende der Lebensdauer der Schaltung könnte es auf Mülldeponien entsorgt oder verbrannt werden, ohne dass schädliche Stoffe frei werden.
Seine jüngsten Forschungen bauen auf Kaltenbrunners Projekt "GEL-SYS" auf, das bereits mit einem ERC-Grant gefördert wurde. Der Forscher und sein Team haben dabei biologisch abbaubare Hydrogele entwickelt, die in hydraulischen Systemen verschiedenster Art zur Anwendung kommen könnten – die OÖN haben berichtet. "Die ERC-Förderung erlaubt großen Freiraum in der Forschung, wir konnten auch ganz neue Dinge ausprobieren", sagt Kaltenbrunner. Bei diesen ersten Versuchen entstanden bald auch Beispiele für Elektronik auf Myzel-Haut.
Nun gilt es für die JKU-Forscher, ein Produkt zu entwickeln, das Leiterplattenhersteller tatsächlich verwenden können. "Dazu müssen wir Materialien und Verfahren entwickeln, die sich leicht in industrielle Prozesse einfügen lassen", sagt der Physiker. Mit seinem Team forscht Kaltenbrunner nun an geeigneten Pilzmaterialien sowie Methoden für eine nachhaltige Herstellung der flexiblen Schaltungen.
Das Projekt sei ein Beispiel, wie Grundlagenforschung an der JKU weiterentwickelt wird, sagt Rektor Stefan Koch und gratuliert dem Forschungsteam: "Forschung ist kein Selbstzweck. Es ist das Selbstverständnis der JKU, gerade in einer Zeit multipler Krisen den Menschen und die Lösung unserer globalen Probleme in den Mittelpunkt zu stellen."
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