Signa-Pleite ist eine "Herkulesaufgabe"
WIEN. Am Mittwoch kam, was viele vorhergesehen hatten: Die Signa Holding GmbH mit Sitz in Innsbruck brachte am Handelsgericht Wien einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Form eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung ein. "Trotz erheblicher Bemühungen konnte die erforderliche Liquidität für eine außergerichtliche Restrukturierung nicht in ausreichendem Maße sichergestellt werden", gab Signa, die der Milliardär Rene Benko aufgebaut hatte, bekannt.
Die Beurteilung der Werthaltigkeit der vielen Beteiligungen – mehrere hundert in verschiedenen Ländern, in Österreich 36 direkte Beteiligungen und 390 mit Einflussmöglichkeit – sei laut KSV1870 eine "Herkulesaufgabe".
Folgekonkurse?
Diese wird ein noch zu bestellender Insolvenzverwalter übernehmen müssen. Ob Folgekonkurse in den unübersichtlich verschachtelten Tochtergesellschaften zu erwarten sind, trauen sich die Kreditschützer nicht zu sagen. "Aus heutiger Sicht ist es seriös nicht einschätzbar, ob weitere Gesellschaften der ‚Signa-Gruppe‘ einen Insolvenzantrag stellen werden und es zu einem Dominoeffekt kommen wird", so Karl-Heinz Götze, Leiter Insolvenz beim Kreditschutzverband von 1870.
Details aus dem Insolvenzantrag liegen nicht vor. Bekannt sind zumindest die Gesellschafter der insolventen Signa-Gruppe: Die bedeutendsten sind Supraholding (Innsbruck, 55 Prozent), Haselsteiner Familien-Privatstiftung (Spittal, 15 Prozent); die Kaffeemaschinen-Familien Eugster/Frismag (Amriswil/Schweiz, 10,24), Familie Benko Privatstiftung (10,10), Fressnapf (4,5), Ernst Tanner (3).
Diese werden wohl am meisten Geld verlieren, denn die Banken sind üblicherweise grundbücherlich gut besichert. Denn zum Handels- und Immobilienkonzern Signa gehören milliardenschwere Gebäude wie das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck, Immobilien in der Wiener Innenstadt wie das Jugendstil-Juwel Österreichische Postsparkasse, das Hotel Bauer Palazzo in Venedig, eine Hälftebeteiligung am Chrysler Building in New York.
Laut der Investmentbank JPMorgan summierten sich die Schulden allein in den zwei größten – bis dato nicht insolventen – Immobilien-Töchtern Signa Prime Selection und Signa Development Selection Ende 2022 auf 13 Milliarden Euro. Davon seien 7,7 Milliarden Kredite gewesen, von denen gut die Hälfte zu variablen Zinsen abgeschlossen worden seien.
Einer, der wahrscheinlich mit seinen kolportierten Forderungen an Benko durch die Finger schauen dürfte, ist Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP): Nach seinem Ausscheiden aus der Politik mit seiner Beratungsfirma SK Management hat er Benko bei der Suche nach Investoren in Nahost unterstützt. Für ein von ihm vermitteltes 100-Millionen-Euro-Investment habe er 2,4 Millionen Euro verrechnet, bestätigte SK Management. 750.000 wurden beglichen, 1,65 Millionen Euro seien ausständig. Kurz wird wie andere Gläubiger entsprechend der Insolvenzquote bedient werden, sofern er die Forderung anmeldet.
500 Millionen Euro fehlen akut
Kurzfristig hätte die gesamte Signa-Gruppe Insidern zufolge rund 500 Millionen Euro gebraucht. Bis Mitte kommenden Jahres wären weitere 1,5 Milliarden Euro nötig.
Die heimischen Banken sind ob der wahrscheinlichen Signa-Ausfälle nervös. Angeblich hat Signa bei ihnen Schulden von rund 2,2 Milliarden, den größten Teil davon bei der Unicredit-Tochter Bank Austria und im Raiffeisen-Sektor. Nationalbank-Vertreter bezeichneten dieses Risiko für den heimischen Banksektor jedoch als "verdaubar".
Die Regierungsspitze reagierte betont gelassen auf den möglichen Beginn des Zusammenbruchs des Kartenhauses, das der politisch bestens vernetzte Benko aufgebaut hatte: "Ich sehe kein Politikum, das ist ein Fall des Insolvenzrechts", meinte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) nach dem Ministerrat. Wichtig werde sein, dass die Finanzsituation stabil bleibe, betonte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Einen Schaden für den Standort sehen die beiden nicht.
Politik-Reaktionen
Die SPÖ forderte die Aufarbeitung eines "riesigen Finanzskandals" mit den Stichworten Kika/Leiner, Nutzung der Postsparkasse, Miete in BIG-Gebäuden. FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl fragte, "wo die ÖVP-geführte FMA bleibt und warum hier nicht schon längst etwas gegen die mutmaßlichen Spekulationen eines Rene Benko unternommen wurde."
Der Groll gegen den ehemaligen Sonnyboy Benko steigt jedenfalls allerorts:
Erste Geldgeber würden Strafanzeigen gegen den Milliardär erwägen, berichtet das Magazin "Der Spiegel". Es sei "nicht verständlich, was passiert ist", sagte demnach ein Investor. Man sehe "Zeichen für eine Insolvenzverschleppung", denn die Probleme hätten sich bereits im Sommer abgezeichnet (siehe Zeitleiste unten). Von Benko gab es gegenüber dem Nachrichtenmagazin keinen Kommentar.
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