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Grüne-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek im OÖN-Chat

09. Mai 2014, 13:10 Uhr
Ulrike Lunacek
Ulrike Lunacek (Grüne) mit Hannah Winkelbauer Bild: Wakolbinger

Die Grüne Spitzenkandidatin bei der EU-Wahl, Ulrike Lunacek, stand im OÖN-Chat Rede und Antwort.

Gast2651: Ich schaue mir sehr gerne die ORF-Sendung "Wahlfahrt" an. Sind Sie traurig darüber, dass dabei keine österreichischen Spitzenkandidaten zu Wort kommen?
Ulrike Lunacek:
Nein, ich finde es sehr gut, dass die europäischen Spitzenkandidatinnen und -kandidaten vorkommen. Es ist ein tolles Format, vielleicht kann der ORF ja das nächste Mal sowohl österreichische als auch europäische Kandidatinnen mit reinnehmen. Dann könnte ich selbst auch einmal mitfahren. ;-)

Gast1993: Wo liegen die Unterschiede zwischen Grünen und Neos bei den EU-Themen?
Ulrike Lunacek:
In Menschenrechtsfragen und bei der Bildung gibt es große Ähnlichkeiten. In der Frage EU/USA/Freihandelsabkommen (TTIP) oder bei Privatisierungen der Wasserversorgung bzw. Müllentsorgung gibt es gravierende Unterschiede: Wir Grüne sprechen uns vehement gegen Privatisierungen in diesen Bereichen für profitorientierte Unternehmen aus. Diese haben nämlich nicht den Auftrag, für das Gemeinwohl zu arbeiten und die Versorgung auch in entlegenen Gebieten sicherzustellen. Eines der abschreckenden Beispiele ist die Situation in England und Wales. Dort fahren die Unternehmen Millionengewinne ein, die Leitungen werden jedoch nicht repariert.

Gast6962: Warum machen die Grünen einen so platten EU-Wahlkampf mit Gurkenkrümmung und Fotos von Ernst Strasser. Ist das nicht ein bisserl sehr billig?
Ulrike Lunacek:
Mit dem Slogan "Krumme Gurken statt krumme Geschäfte" stellen wir unsere inhaltliche Positionierung klar: Gurken und anderes Gemüse hat die Freiheit zu wachsen, wie es will. Aber krumme Geschäfte lehnen wir massiv ab. Das heißt - das ist auch die Aussage bei dem Strasser-Plakat -, dass wir Grüne klar gegen Korruption, Bestechlichkeit und Lobbyisten, die Gesetze kaufen wollen auftreten. Wir haben im Europaparlament ein Lobbyregister durchgesetzt. Ein verpflichtendes Lobbyregister haben leider die größeren Fraktionen verhindert. Plakate dürfen ja wohl plakativ sein...

Gast2651: Österreich hat sich für das Finale des Song Contest qualifiziert. Wie gefällt Ihnen Conchita Wurst?
Ulrike Lunacek:
Ich freue mich sehr, dass Conchita Wurst mit ihrer tollen Präsentation gestern ins Finale gekommen ist. Schön, dass sie für Österreich antritt und damit auch eine politische Aussage trifft: Dass es keine Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen geben darf. Es wäre toll, wenn sie am Samstag gewinnt.

Gast3230: Warum kümmern sich die Grünen immer nur um Randgruppen und Minderheiten wie Ausländer und Schwule?
Ulrike Lunacek:
Die Rechte von Minderheiten, seien es Lesben und Schwule oder ethnische Minderheiten, sind Teil einer weltoffenen Gesellschaft, für die wir Grüne eintreten. Ich verstehe nicht, wie Sie darauf kommen, dass wir uns "nur" um sogenannte "Randgruppen" und Ausländer kümmern. Auch wenn Sie unsere Plakate ansehen, geht es bei uns um Umweltschutz, gesunde Lebensmittel und soziale Gerechtigkeit - und es geht um den Kampf gegen die Interessen von Konzernen (wie z.B. beim TTIP), die zum Beispiel gentechnisch veränderte Lebensmittel forcieren.

Gast1993: Was sagen Sie zur Umfrage, wonach sich angeblich fast jeder dritte Österreicher einen "starken Führer" wünscht?
Ulrike Lunacek:
Ich finde es sehr bedauerlich, dass, falls die Umfrage so stimmt, ein knappes Drittel in Österreich die Errungenschaften, die wir Österreicherinnen und Österreicher uns in den letzten Jahrzehnten auch demokratiepolitisch erkämpft haben, nicht schätzen. Das Positive an dieser Umfrage war aber, dass die Zahl derer, die kritisch gegenüber Nationalsozialismus sind, auch gewachsen ist. Das ist gut so.

Gast2651: Was passiert, wenn die Neos die Grünen überholen?
Ulrike Lunacek:
Was soll passieren? Ich kämpfe für mehr Prozent für die Grünen und um ein drittes Mandat und freue mich über jeden Zuwachs.

Gast3230: Wie beurteilen Sie die bisherige Leistung unseres jungen Außenministers Kurz?
Ulrike Lunacek:
Er hat mich in einigen Punkten positiv überrascht. Ich habe es geschätzt, dass er zu Beginn seiner Amtszeit auch mich zu einem sehr interessanten Gedankenaustausch über den Westbalkan eingeladen hat (das ist das Thema, zu dem ich außenpolitisch im EP am meisten gearbeitet habe). Enttäuscht hat mich die angekündigte Kürzung von 18 Millionen für die Entwicklungszusammenarbeit. Das ist einem der reichsten Länder der Welt nicht würdig.

Gast1993: Viele Österreicher lehnen die EU ab. Sind da nicht auch die Politiker selber schuld, die die Vorteile der Union zwar kurz vor den Wahlen thematisieren, die EU sonst aber gern als Prügelknabe hernehmen?
Ulrike Lunacek:
Sie haben Recht, dass viele Regierungen, auch die österreichische, immer wieder die Schuld für ungeliebte Entscheidungen auf "die EU" schieben, ohne dazuzusagen, dass sie immer selbst bei der Entscheidung mit dabei waren. Das müsste durch völlige Transparenz der Ratsentscheidungen (wo alle Regierungen vertreten sind) geändert werden. Außerdem wünsche ich mir in der nächsten Legislaturperiode auch von den österreichischen Medien ständige Aufmerksamkeit für die Entscheidungen im EP und nicht nur kurz vor der Wahl. Super übrigens, dass die OÖN eine Korrespondentin in Brüssel haben.

Gast3917: Mit welcher Wahlbeteiligung rechnen Sie?
Ulrike Lunacek:
Ich hoffe auf über 50 Prozent, das wäre toll! Aber schon etwas mehr als das letzte Mal würde ich als Erfolg bezeichnen. Und übrigens: Jede Stimme zählt im Europaparlament und hat direkte Auswirkungen auf Gesetze. Ein Beispiel: Anfang April stimmten wir darüber ab, ob es bei Erweiterungen von Atomkraftwerken verbindlich eine Umweltverträglichkeitsprüfung geben muss. Die Entscheidung ging 311 zu 311 aus - bei Gleichstand fällt der Antrag und wir haben diese Abstimmung leider um eine Stimme verloren. Das heißt, mit Ihrer Stimme für die Grünen können Sie mitentscheiden, dass solche Entscheidungen in Zukunft in die andere Richtung gehen.

Gast6962: Sie haben gesagt, dass Sie sich einen Sieg von Conchita Wurst beim Song Contest wünschen. Aber so eine Austragung könnte sich Österreich ja gar nicht leisten. oder ;)?
Ulrike Lunacek:
Ein Sieg würde ein Signal für ein Europa ohne Angst und Diskriminierung sein. Denn es ist leider immer noch so, dass Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen in vielen Ländern, in denen der Eurovision Song Contest ausgetragen wird, ein Leben voller Angst führen müssen, weil sie z.B. davor Angst haben, am Montagfrüh zu sagen, mit wem sie am Sonntagabend im Kino waren. Und das nur, weil sie in jemanden des gleichen Geschlechts verliebt sind. Ein Sieg von Conchita Wurst würde vielen Menschen Mut machen, ihr Leben offener zu leben. Was die Kosten einer Austragung betrifft, werden sich schon kreative (legale!) Finanzierungsmöglichkeiten finden.

Gast9162: Wann kommt endlich das Selbstbestimmungrecht der Regionen in der Gentechnik?
Ulrike Lunacek:
Das Selbstbestimmungsrecht der Regionen in der ganzen EU zu verankern ist ja auch von Oberösterreich, von Rudi Anschober und von vielen Umweltorganisationen ausgegangen und ich bin sehr froh, dass mittlerweile europaweit 65 Regionen gentechnikfrei sind. Auf EU-Ebene wird eine völlige Gentechnikfreiheit von allen EU-Staaten von jenen Regierungen verhindert, die dem Druck der Gentechnikkonzerne nachgeben. Hier braucht es noch mehr Widerstand vonseiten der Bevölkerung, z.B. auch gegen das EU-USA-Freihandelsabkommen TTIP, damit wir die Gentechnikfreiheit in der gesamten EU verankern können. Wir Grüne sind diejenigen, auch im Europaparlament, auf die hier am meisten Verlass ist. Wir stehen geeint in ganz Europa gegen gentechnisch verändertes Saatgut und gentechnisch veränderte Lebensmittel.

Gast9957: Stimmt es, dass Sie allen Ernstes für eine weitere EU-Erweiterung sind?
Ulrike Lunacek:
Das Friedensprojekt Europas, und das sage ich gerade am heutigen Europatag, kann ohne die Integration der Staaten des Westbalkan (in alphabetischer Reihenfolge: Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien) nicht vervollständigt werden. Aber dafür müssen sie auch die sogenannten Kopenhagener Kriterien (Rechtsstaatlichkeit, Kampf gegen Korruption, eine soziale Marktwirtschaft und Menschen- und Minderheitenrechte) erfüllen. Klar ist auch, dass die EU gleichzeitig ihre Strukturen so ändern muss, dass sie handlungsfähiger wird.

Gast9162: Sollen Länder wie Griechenland, Spanien oder Portugal noch mehr Finanzhilfe bekommen. Und muss man irgendwann einmal Schluss sagen?
Ulrike Lunacek:
Im Interesse der Bevölkerung der jeweiligen Länder, vor allem der jungen Leute, die unter der Jugendarbeitslosigkeit leiden, und auch im Interesse des gesamten Euroraums, waren diese Hilfen auf jeden Fall sinnvoll und notwendig. Inzwischen ist ja gerade eben Portugal seit kurzem raus aus dem Schutzschirm. Jetzt geht es darum, die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Für uns Grüne heißt das vor allem Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeinsparungen. Die bringen nämlich auch neue Jobs. Wir Grüne haben uns auch immer heftigst gegen den einseitigen Sparkurs ausgesprochen, denn damit wurde (siehe Griechenland) die soziale Lage sehr explosiv, das war unverantwortlich. Sehr gut wäre es, wenn es gemeinsame europäische Anleihen gäbe. Die würden nämlich das Spekulieren gegen einzelne EU-Staaten verunmöglichen.

Gast3376: Die Grünen sind wegen ihres Wahlplakats zu Ernst Strasser ("Menschen sind wichtiger als Lobbys") ziemlich starker Kritik ausgesetzt. Können Sie dieses Meuchelfoto eines noch nicht rechtskräftig Verurteilten wirklich gut heißen?
Ulrike Lunacek:
Dieses Foto stammt von der Austria Presseagentur und wurde in vielen relevanten Medien veröffentlicht. Und schließlich ist die Wahrheit den Wählern und Wählerinnen zumutbar. Ernst Strasser ist schuldig gesprochen (wenn auch noch nicht rechtskräftig verurteilt). Gesetzeskauf ist was vom Schlimmsten, was in einer Demokratie geschehen kann, und der Skandal um Strasser hat auch dem Bild des Europaparlaments in der letzten Legislaturperiode geschadet. Wir Grüne stehen klar gegen jegliche Korruption und Bestechlichkeit.

Gast4837: Warum sind die Grünen so Brüssel hörig?
Ulrike Lunacek:
Das Problem ist eher, dass Brüssel und die EU zu wenig "grün-hörig" sind. Mehr Umweltschutz und mehr Soziales würden dazu führen, dass es auch mehr Vertrauen in die europäischen Institutionen gibt. Europa kann mehr, wenn Sie auf Grün hören!

Gast3376: Sind die Neos der Hauptgegner der Grünen bei der EU-Wahl? Die Zielgruppe scheint ja ähnlich zu sein.
Ulrike Lunacek:
Nicht die Neos, sondern Teile ihrer Politik lehnen wir ab. Zum Beispiel die Privatisierung der Wasserversorgung, der Spitäler und der Müllabfuhr und die europäischen Liberalen haben 2012 im Europaparlament gegen die Finanztransaktionssteuer gestimmt. Das sind einige der Unterschiede zwischen uns. Ich hoffe, dass viele Oberösterreicher und Oberösterreicherinnen sich aufgrund dieser Fakten am 25. Mai für uns Grüne entscheiden.

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2  Kommentare
2  Kommentare
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mitreden (28.669 Kommentare)
am 09.05.2014 19:53

jetzt wissen wir wenigstens, dass neben kleingrünrudi, kofler und der obergrünin es noch eine grünin gibt, die auf wichtig macht......

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( Kommentare)
am 09.05.2014 17:58

heut hab i die glawischnig in der linzer arkade troffen!

schen is was anderes! und dabei wars g'schminkt!

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