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1968: Erinnerungen an das neue Leben

Von Peter Grubmüller, 28. September 2018, 00:04 Uhr
1968: Erinnerungen an das neue Leben
Kurator Georg Schöllhamer (l.) geht vor Geschichten, G’schichterln und kunsthistorischen Fakten über

Nordico und Lentos zeigen ab heute "Wer war 1968?", Landesgalerie folgt am 4. Oktober.

Der Protest der 68er zielte auf die Entstehung einer neuen Gesellschaft ab. Es wurde für die Demokratisierung aller Lebensbereiche gerungen, das schweigende Einverständnis mit der herrschenden Ordnung sollte aufgebrochen werden. Von romantischer Verklärung ausgeputzt, zeigen die Linzer Museen Lentos und Nordico ab heute die kulturgeschichtliche Identitätsschau "Wer war 1968?". In dieser Kooperation von Stadt- und Landesinstitutionen gesellt sich die Landesgalerie ab 4. Oktober unter anderem mit experimenteller Architektur dieser Zeit dazu.

1968: Erinnerungen an das neue Leben
Fotografien des Linzers Dietmar Brehm

Fotografien des Linzers Dietmar Brehm

Im Lentos stehen die Kunst-Rebellen von seinerzeit in Stirnreihe. Die erste Studenten-Demonstration an der 1966 gegründeten Kepler Universität richtete sich bloß gegen die Fahrpreis-Erhöhung der öffentlichen Verkehrsmittel, künstlerisch schepperte es beträchtlicher. Medienkunst-Ikone Valie Export war bereits nach Wien übersiedelt, aber schon in Linz hatte sie angesammelt, was sich in ihren Arbeiten entlud.

Bäcker bricht das Schweigen

Hier werkte unter anderem Heimrad Bäcker (1925-2003), der nicht nur Protagonist der Konkreten Poesie war, sondern mit Foto-Arbeiten über die Konzentrationslager Gusen und Mauthausen anstelle vordergründiger Bestialität unmissverständliche Details fokussierte. In Bäckers Umgebung im Lentos-Obergeschoss öffnet sich Johann Jaschas Installationsraum "Schöner Wohnen" mit Geborgenheit im Unwichtigen vermittelnden Alltagsgegenständen (die OÖN berichteten). Josef Bauers "Griechenbeisl" behandelt das Verhältnis von Wort und Bild, außerdem veredeln Arbeiten von "Kunst aus Sprache"-Mitstreiter Fritz Lichtenauer, Dietmar Brem, Gerhard Knogler, Timo Huber, Helmuth Gsöllpointner und Josef Nöbauer den luftigen Raum zur prächtigen Rumpelkammer der Erinnerungen an ein neues Leben. Getragen vom Tabubruch, gerahmt von Spanplatten, deren Siegeszug Ende der 60er-Jahre begann, und flankiert von Mitstreitern aus Nachbarregionen. Die Linzer pflegten vor allem Kontakte in die CSSR, ehe Sowjettruppen den Prager Frühling beendeten.

1968: Erinnerungen an das neue Leben
Gerhard Knoglers Sitzplastik, 1969 in Zusammenarbeit mit Peter Pöschmann und Tom Geever entstanden

Gerhard Knoglers Sitzplastik, 1969 in Zusammenarbeit mit Peter Pöschmann und Tom Geever entstanden

Besuchern sei empfohlen, die Reise im Nordico zu starten. Dort fächert sich die politische und gesellschaftliche Atmosphäre von 1968 und den Folgejahren auf. In einem Brief bedankt sich Palästinenser-Führer Jassir Arafat bei Linzer Linken für deren Unterstützung. Der heutige Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) solidarisiert sich schriftlich mit protestierenden Frauen, die Rund-um-die-Uhr-Kinderbetreuung fordern. Das Künstler-Lokal "Berger Mami" in der Linzer Badgasse, wo unter anderem Schriftsteller Franz Kain mit Maler Fritz Aigner die Welt verbesserten, lebt auf. Der Protest war Kultur. Die ökonomische Konzentration auf das Individuum hat erst viel später eingesetzt.

1968: Erinnerungen an das neue Leben
Peter Weibel mit "Polizei lügt" aus der Serie "Anschläge"

Peter Weibel mit "Polizei lügt" aus der Serie "Anschläge"

Ausstellung: "Wer war 1968?", Lento/Nordico, Di-So 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr, bis Februar 2019.

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1  Kommentar
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aircube (5 Kommentare)
am 28.09.2018 09:35

Die Linzer pflegten vor allem Kontakte in die CSSR,...
Deshalb hat man den großartigen Künstler JIRI VALOCH,1946,Brünn, eingeladen, mit Sonderapplaus gewürdigt, jedoch im Artikel mangels ... ausgeladen.

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